Franz Schmidt

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Franz Schmidt (* um 1555 in Hof, bestattet 14. Juni 1634 in Nürnberg) gilt als Nürnbergs berühmtester „Nachrichter“, wie man den Scharfrichter oder Henker damals nannte.

Franz Schmidt am 7. Juli 1584 bei der Hinrichtung der verheirateten Annela Moser. Sie hatte laut Schmidts Tagebuch „mit 21 Männern und jungen Gesellen Unzucht getrieben“.
Repro aus Hermann Knapp „Das Lochgefängnis“

Leben und Wirken

Herkunft

Franz Schmidt ist der Sohn eines Bamberger Scharfrichters.

Nachrichter

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Franz Schmidt war von 1573 bis April 1578 Scharfrichter in der Gegend von Bamberg. Anschließend war er vom 1. Mai 1578 bis Ende 1617 fast 40 Jahre „Nachrichter“ der Reichsstadt Nürnberg. Der Nachrichter, auch „carnifex“ oder „Scharfrichter“ genannt, war nach dem Nürnberger Strafrecht bei der Strafuntersuchung im Lochgefängnis Chef der Folterknechte, die die Straftäter beim Verhör zu foltern hatten. Anschließend war der Nachrichter bei der Ausführung der Leibstrafen und den vom Halsgericht verhängten Todesstrafen tätig. Schon seine erste Enthauptung schaffte Franz Schmidt mit einem einzigen Schwerthieb.

In seinem Diensttagebuch, das in Abschriften und Drucken überliefert ist, listete Franz Schmidt 361 Exekutionen und 345 Leibstrafen auf. Als Vollstrecker von Leibstrafen vollzog er in seiner fast 40jährigen Dienstzeit (1578-1617) 345 Leibstrafen: 330 mal war die Strafe das öffentliche Auspeitschen („Ausstreichen“ mit der Rute); 13 mal wurden Finger abgehackt und einmal die Hand abgeschlagen, fünf Personen brandmarkte er, vieren schnitt er die Ohren ab und einmal wurde die Zunge gekürzt.

Unter den Todesstrafen hatte er 171 zum Tode Verurteilte am Galgen zu hängen, 178 köpfte er mit dem Schwert, drei ertränkte er in der Pegnitz und zwei begrub er lebendig. Weitere Strafen wurden an schon Getöteten vollzogen, zum Beispiel sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.

Außerdem fielen Ehrenstrafen in seinen Zuständigkeitsbereich. Diese Rechtsbrecher stellte Schmidt an den Pranger, legte sie in Ketten oder setzte ihnen die Schandmaske auf.

Da nicht jedes Territorium einen eigenen Nachrichter hatte, wurde der Nürnberger Nachrichter auch an fremde Herrschaften ausgeliehen. (Hundsschlager) [1]

Nach seiner Bestallungsurkunde erhielt Franz Schmidt 2 1/2 fl Wochensold und hatte Anspruch auf eine Pension. Im Henkerhaus, einem kleinen Haus über der Pegnitz, hatte Schmidt seine Dienstwohnung. [2]

Schmidt beherrschte sein Handwerk perfekt und wurde deshalb schnell als „Meister Franz“ bekannt. Durch sein Amt galt Schmidt zwar als unredlich, aber er war trotz seines Berufs in der Stadt angesehen. Er genoß auch die Sakramente der Kirche.

Ehe und Familie

Am 17. Dezember 1579 heiratete er in Nürnberg Maria Beck († 1600). Mit ihr hatte er vier Söhne und drei Töchter. Er brachte seine Kinder zur Taufe und ließ sie die Schule bei St. Sebald besuchen. 1632 heiratete seine Tochter Maria Schmidt (1588-1664) den Maler Hans Ammon (1587-1632).

Nach seiner Heirat bewirkte Schmidt 1580 mit zwei Kaplänen, daß zum Tod verurteilte Frauen nicht mehr ertränkt, sondern mit dem Schwert gerichtet wurden.

Wundarzt im Ruhestand

Schmidt trat im Jahr 1618 in den Ruhestand. Er machte im eigenen Haus (Obere Wörthstraße 10, ostwärtiger Teil) eine Wundarztpraxis auf. Als Chef der Folter und Nachrichter, schien er hierfür geeignet.

Tod und Beerdigung

Meister Schmidt starb im Jahr 1634. Er wurde in Nürnberg auf dem Rochusfriedhof beerdigt. [3]

Literatur

Bücher

  • Albrecht Keller (Hrsg.): Maister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürmberg all sein Richten. Nach der Handschrift hrsg. und eingeleitet von Albrecht Keller. Leipzig: Heims, 1913, XVI, 119 S.; Neudruck mit einer Einleitung von W. Leiser, Neustadt/Aisch, 1979
  • Wolfgang Oppelt: Über die Unehrlichkeit des Scharfrichters. Unter bevorzugter Verwendung von Ansbacher Quellen. Zugleich: Universität Würzburg, Philos. Fachbereich II - Neuphilologien, Geschichte, Kunstgeschichte, Dissertation, 1976. Lengfeld: Gottschalk, 1976, XIV, 931 S. (Lengfelder Libellen; Band 1)
  • Albrecht Keller (Hrsg.): Maister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürmberg all sein Richten [Scharfrichter-Aufzeichnungen]. Neudruck der Ausgabe 1913 mit einer Einleitung von Wolfgang Leiser. Neustadt an der Aisch: Schmidt, 1979, XXI, 119 S., ISBN 3-87707-022-1
  • Das Tagebuch des Meister Franz, Scharfrichter zu Nürnberg. Nachdruck der Buchausgabe von 1801. Kommentar von Jürgen Carl Jacobs und Heinz Rölleke. Dortmund: Harenberg, 1980, 240 S., ISBN 3-88379-160-1 (Die bibliophilen Taschenbücher; 160) Einheitssachtitel: Meister Frantzen Nachrichter allhier in Nürnberg all sein Richten am Leben sowohl seine Leibesstrafen, so er verricht (In Fraktur)
  • Jutta Nowosadtko: Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier „unehrlicher Berufe“ in der Frühen Neuzeit. Zugleich: Universität Essen, Dissertation, 1993. Paderborn; München; Wien; Zürich: Schöningh, 1994, 412 S., ISBN 3-506-76115-3
  • Manfred H. Grieb (Bearb.): Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. Mit einer Einführung in die Quellen zur Nürnberger Kriminalgeschichte von Horst-Dieter Beyerstedt und einem Beitrag zum Strafrecht der Reichsstadt Nürnberg von Hartmut Frommer. Hrsg.: Michael Diefenbacher. Aus den Archiven zusammengestellt von Friedrich von Hagen. Aus dem Nachlaß bearbeitet von Manfred H. Grieb. Nürnberg: Stadtarchiv, 2010, XLI, 476 S., ISBN 978-3-925002-35-9 (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg; Band 35)
    • Hartmut Voigt: Selbst Wäschediebe wurden gehängt. Buch belegt Grausamkeit der Nürnberger Rechtsprechung in früheren Jahrhunderten. In: Nürnberger Nachrichten vom 22. Mai 2010 - NN
    • Markus Frankl: Rezension zu: Manfred H. Grieb: Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. Nürnberg 2010. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte (ZBLG) vom 24. Februar 2011 - ZBLG
  • Hermann Knapp: Das Lochgefängnis. Tortur und Richtung in Alt-Nürnberg. Nachdruck der Ausgabe Nürnberg, Heerdegen-Barbeck, 1907, Neudruck mit einem Nachwort von Hartmut Frommer. Geschichte für Alle e.V. - Institut für Regionalgeschichte. Nürnberg: Sandberg-Verlag, 2011, V, 102 S., ISBN 978-3-930699-71-1 (Henkerhaus <Nürnberg>: Schriften aus dem Henkerhaus; 1)
    • Ute Wolf: Foltern, Richten, Hinrichten. Nachdruck des Buchs „Das Lochgefängnis“ von Hermann Knapp. In: Nürnberger Zeitung vom 23. November 2011 - NZ
  • Monika Martin: [4] Hochgericht. Charlotte Gerlachs erster Fall. 1. Auflage. Norderstedt: Books on Demand, 2014, 272 S., ISBN 978-3-7347-3896-8 - Inhaltstext
    • Bernd Zachow: Grüße vom Henker. „Hochgericht“: Der neue Roman von Monika Martin. In: Nürnberger Zeitung Nr. 81 vom 9. April 2015, S. 33 - Mehr Nürnberg - [ NZ]

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

  • Theodor Hampe: Die letzte Amtsverrichtung des Nürnberger Scharfrichters Franz Schmidt (13. November 1617). In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 26, 1926, S. 321-326 - MVGN
  • Werner Schultheiß: Altnürnberger Rechtspflege und ihre Stätten. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 61, 1974, S. 188-203 - MVGN
  • Dieter Merzbacher: Der Nürnberger Scharfrichter Frantz Schmidt - Autor eines Meisterliedes? In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 73, 1986, S. 63-75 - MVGN

Stadtlexikon Nürnberg

Presse

  • Clemens Helldörfer: Vom Schreckensmann zum ehrbaren Bürger. Ausstellung erinnert an Nürnbergs berühmtesten Henker. In: Nürnberger Zeitung Nr. 190 vom 19. August 2009, Nürnberg plus, S. + 1 - NZ

Querverweise

Netzverweise

  • Stadtrundgang: Mörder, Fälscher, Messerstecher - im Netz

Einzelnachweise

  1. Walter Bauernfeind: Nachrichter. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - im Netz
  2. In der Dauerausstellung im Henkerhaus über das reichsstädtische Rechtswesen kann man sich über Franz Schmidt informieren. Alle seine Scharfrichter-Kollegen in der Zeit von 1400 bis 1800 brachte die Stadt Nürnberg in diesen Räumen unter.
  3. Friedrich von Hagen: Schmidt, Franz. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - im Netz
  4. Monika Martin (* 1969) ist Sozialpädagogin. Sie führt seit 1996 für das Institut für Regionalgeschichte, Geschichte für Alle e.V., historische Stadtrundgänge in Nürnberg durch. Monika Martin lebt mit ihrer Familie in Schwanstetten bei Nürnberg.