Betrogene Betrüger (Wolfgang Illauer)

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Der Artikel Betrogene Betrüger (Wolfgang Illauer) ist ein semantisches Gutachten von Studiendirekor i.R. Wolfgang Illauer.

Vorbemerkung

Dies ist ein Schlüsselartikel.

Ich habe in den Text weiterführende Netzverweise (Links) gestellt. Manfred Riebe

Artikel

Betrogene Betrüger
Von Wolfgang Illauer

zur Formulierung „betrogene Betrüger“ kann ich Ihnen einen Hinweis oder ein semantisches Gutachten geben. Diese Formulierung ist in keiner Weise beleidigend, und zwar aus dem folgenden Grund: „Betrogene Betrüger“ ist eine ungemein häufige Redewendung gebildeter Bürger! Es ist ein Stilmittel, also Sprachkunst. Man könnte die Redewendung auch als literarisches Zitat bezeichnen. Es stammt aus der Ringparabel des Dramas „Nathan der Weise“ von Lessing. Ein Mann besitzt einen wunderbaren, seit Generationen vererbten Ring, der die Eigenschaft hat, jemanden vor Gott und den Menschen beliebt zu machen. Er hat aber drei Söhne. Deshalb läßt er Kopien anfertigen, damit jeder Sohn den Ring bekommt. Wo der echte Ring hinkommt, bleibt im Ungewissen, ist auch nicht wichtig. Die Söhne ziehen vor Gericht, um bestimmen zu lassen, wer den echten Ring hat. Der weise Richter kann das nicht entscheiden (wahrscheinlich sei kein Ring echt) und gibt den Söhnen den Rat, so zu leben, daß die Wirkung (ein menschenfreundliches gutes Leben) eintritt. Er nennt die drei Söhne „betrogene Betrüger“. Erklärung: Bei den drei Ringen geht es um die drei Weltreligionen Christentum, Judentum, Islam. „Betrug“ ist es, wenn eine Religion sich selbst als die einzig wahre interpretiert, behauptet, nur sie besitze den echten Ring. „Betrogen“ sind alle diese „Betrüger“, weil plötzlich drei nicht unterscheidbare Ringe da sind. Jetzt können sie ihren Anspruch, die einzig wahre Religion zu sein, nicht mehr aufrechterhalten. Jetzt kommt es nicht mehr auf die Religion an, sondern auf das Leben des einzelnen Menschen. Der Ausdruck „betrogene Betrüger“ ist geradezu vornehm, zeigt auch Empathie: die „Betrüger“ (im Sinne eines Täuschungsversuches oder eines unberechtigten Anspruchs, der nichts Furchtbares oder Böses an sich hat) sind selbst Opfer geworden. Der Ausdruck „betrogene Betrüger“ wurde übrigens auch schon auf die 68er-Bewegung angewendet.

Literatur

Querverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen