Ella Conradty

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Ella Katharina (Käthe) Conradty, geb. Schiltz, (* 19. Oktober 1889 in ..., † 17. September 1978 in Röthenbach an der Pegnitz) war eine Unternehmerin. Sie leitete von 1948 bis 1978 die Firma Conradty in Röthenbach an der Pegnitz. Sie wohnte in der Villa Grünthal.

Ella Conradty

Vorgeschichte

1880 wurde von Conrad Conradty (1827-1901) in Röthenbach an der Pegnitz eine Bleistiftfabrik errichtet, die später durch die Produktion elektrogalvanischer Kohlen erweitert wurde.

Conradty förderte den betrieblichen Wohnungsbau. So ließ er ab 1894 Siedlungshäuser für die auswärtigen Betriebspendler bauen (Conradty-Siedlung), und er ließ ein Werkskrankenhaus bauen.

Sein Sohn Friedrich Conradty (1858-1909) spendete für einen Schulhausneubau, stiftete 1902-1905 einen Kindergarten und ein Kinderheim. Er beteiligte sich u.a. finanziell am Bau des Rathauses, an der Erweiterung des Schulhauses, 1908 an der Installation einer elektrischen Beleuchtung, am Ausbau des Bahnhofs, eines Wasserwerkes, Postgebäudes, einer Turnhalle, eines Sportplatzes und der Einrichtung einer Bibliothek.

1902 wurde eine Kirchenbauvereinigung gegründet, die zum Bau der evangelischen Pfarrkirche Heiliges Kreuz (1904-1914) in Röthenbach führte. Friedrich Conradty und seine Familie übernahmen die Planung und den Großteil der Baukosten dieser im neugotischen Stil errichteten Kirche, eines Schmuckstückes evangelischer Gotteshäuser.

Friedrich Conradtys Söhne Eugen (1888-1948) und Ottmar Conradty (1892-1946) übernahmen nach dem Tod ihres Vaters 1909 die Firma, stellten die Produktion auf Elektrografit um und bauten das Werk weiter aus, das zeitweise über 1.500 Beschäftigte hatte. [1]

Das Unternehmen wurde zum zweitgrößten Anbieter von Kohle- und Graphitprodukten in Deutschland. In der 145jährigen Firmengeschichte gründete die Firma Conradty zahlreiche Produktionsstätten im Ausland und war weltweit in über 70 Ländern angesiedelt – unter anderem auch in der Schweiz, in Zürich-Affoltern. [2]

Leben und Wirken

Ella Schiltz hatte Eugen Conradty in London kennengelernt, wo sie im Hotelgewerbe tätig war.

1945 wurde die Villa Grünthal von den Amerikanern beschlagnahmt, die dort ihr Hauptquartier für die Nürnberger Prozesse einrichteten. Die in der Gastronomie bewanderte resolute Ella Conradty wurde als Köchin eingesetzt und bekochte die Amerikaner. Die Familie Conradty wurde in ein Gartenhaus ausquartiert.

Nach dem Tod Eugen Conradtys übernahm seine Witwe Ella Conradty von 1948 bis 1978 die Leitung der Firma Conradty. Allein ihr ist der Wiederaufbau und Aufstieg der Firma Conradty nach dem Zweiten Weltkrieg zu verdanken.

Wilhelm Schwemmer schrieb in seinem Buch „Röthenbach an der Pegnitz, Die Geschichte einer Industriestadt“:
„Als 1948 mit der Aufbauarbeit begonnen werden konnte, lag das Schicksal der Firma in den Händen von Frau Ella Conradty, der Witwe Eugen Conradtys. Ihrer Umsicht und dem aufopferndem Einsatz war es zu verdanken, daß nach den Wirren des Krieges der Wiederaufstieg gelang und die Erzeugnisse der Firma erneut weltweiten Absatz fanden.“

Ella Conradtys Ehe war kinderlos. Deshalb adoptierte sie die Söhne ihres verstorbenen Schwagers Ottmar Conradty aus seiner Ehe mit Brigitta Freiin von Süsskind: [3] Peter Conradty (* 1936) und Claudio Conradty (* 1942).

In Gremien des Deutschen Museums

Durch wiederholte Spendenzusagen schaffte Ella Conradty es, 1957 in den Ausschuß des Deutschen Museums und 1960 in den Vorstandsrat des Deutschen Museums berufen zu werden. Im Ausschuß gab es unter 353 Mitgliedern nur vier Frauen. Im Vorstandsrat war Ella Conradty sogar die einzige Frau unter 122 Männern. [4]

Ella-Conradty-Stiftung

1972 wurde die Ella-Conradty-Stiftung errichtet. Stiftungszweck ist die Unterstützung von Arbeitnehmern und deren nächsten Familienangehörigen der Firma C. Conradty, deren Arbeitsverhältnis nach 25jähriger Dienstzeit nach dem 31. Dezember 1971 endet bzw. beendet wurde. [5]

Ella-Conradty-Straße

Im Neubaugebiet Renzenhofer Straße erhielt 2009 eine neue Straße den Namen „Ella-Conradty-Straße“. Die Straße führt durch das neue Baugebiet Renzenhofer Straße, das früher auch zum Areal der Firma Conradty gehörte. [6] Die Röthenbacher Unternehmerin und Ehrenbürgerin ist somit die erste Frau, nach der in Röthenbach eine Straße benannt wurde. [7]

Stadtmuseum Conradtyhaus

Das Familienunternehmen Conradty prägte auch die städtebauliche und soziale Entwicklung des Ortes. Die um die Jahrhundertwende entstandene Wohnsiedlung I, die Conrad Conradty für seine Arbeiter errichten ließ, besteht aus insgesamt zwölf identisch gestalteten Gebäuden. In einem dieser Gebäude in der Mühlgasse 1 wurde das Stadtmuseum Conradtyhaus von 2007 bis 2008 für Museumszwecke saniert, restauriert und eingerichtet. Es zeigt auf zwei Etagen das Leben und Arbeiten von Arbeiterfamilien in Röthenbach und exemplarisch die Situation der Siedlungsgebäude zur Erbauungszeit.

Neben dem historischen Gebäude zeigt die Ausstellung die Familien- und Firmengeschichte Conradtys sowie Erzeugnisse aus der Produktion vor dem Hintergrund der Industrialisierung. Ein Filmraum, Hörstationen sowie eine Auswahl an Fachliteratur laden den Besucher ein, das Museum interaktiv zu erfahren. [8]

Ehrungen

  • 1953 Ehrenbürgerin der Stadt Röthenbach an der Pegnitz
  • 1954 Rudolf-Diesel-Medaille in Gold für den Gesamtverdienst der Familie
  • 1956 Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
  • 2009 Ella-Conradty-Straße in Röthenbach an der Pegnitz

Patente

  • Ella Käthe Conradty, Peter Conradty, Monica Conradty, Claudio Conradty: GB Patent 808135 - Improvements in or relating to carbon contact, 28. Januar 1959 - im Netz
  • Peter Conradty und Ella Conradty: Metal Anode für die Elektrolyse - Patent IE38953 (B1), 4. März 1974 - im Netz

Literatur

  • Nekrolog auf Ottmar Conradty (28.9.1892 - 7.6.1946). o.O. o.J. (vermutlich Röthenbach, 1946). 14 Blatt (unpaginiert) mit 1 montierten Frontispiz (Porträt) (Inhalt: Aussegnung im Werkkrankenhaus, Abschied von seinem Lebenswerk Grünthal und Aufbahrung vor dem Verwaltungsgebäude, Beisetzung in der Kirche und Grablegung in die dortige Gruft.)
  • Nekrolog auf Eugen Conradty (25.3.1888 - 3. Juli 1948). o.O. o.J. (vermutlich Röthenbach, 1948), gedruckt bei Andreas Abraham in Nürnberg, 12 Blätter (unpaginiert) mit 6 montierten Fotos von L. Harren (1 Porträt und Trauerzug- bzw. -feier am 6. Juli 1948 in der evangelischen Kirche in Röthenbach an der Pegnitz). (Inhalt: Leben und Werk, Der Dank der Werksangehörigen von Paul Spear, Die Aussegnung in der Villa Grünthal, Die Beisetzung.)
  • Rudolf Kötter: [9] Hundert Jahre C. Conradty 1855-1955. C. Conradty, Nürnberg. Elektroden, elektrische und galvanische Kohlen. Mit sehr vielen Abbildungen auf Tafeln. Nürnberg: Sebaldus-Verlag, 1955, 54 nichtnumerierte Seiten und 40 Tafelseiten mit zahlreichen Porträts (Text in deutscher, engl., franz., span. und ital. Sprache)
  • Ella K. Conradty †. Kurz vor Vollendung des 89. Lebensjahres - Ehrenbürgerin der Stadt. In: Pegnitz-Zeitung Nr. 217 vom 22. September 1978
  • Brigitte Hofmann: Die Fa. Conradty in Röthenbach, dargestellt an den Lebensläufen einiger Belegschaftsmitglieder. Zulassungsarbeit im Fach Volkskunde zum 1. Lehramtsexamen Grund-, Haupt- oder Realschulen. Nürnberg, 1982 (Betreuer Hartmut Heller)
  • Michaela Moritz, Stefanie Buchner, Leonhard Herbst, Reinhard Knodt u.a.: 50 Jahre Stadt Röthenbach an der Pegnitz – Eine junge Stadt zeigt ihr Profil. Hrsg.: Pegnitz-Zeitung, Fahner-Druck in Zusammenarbeit mit der Stadt Röthenbach an der Pegnitz. Lauf an der Pegnitz, 2003, Seite 41
  • Marco Puschner: «Kunst oder Krempel» im GNM. Alte Stücke auf dem Prüfstand. In: Nürnberger Zeitung vom 26. November 2007 - NZ
  • Stadt Röthenbach a.d. Pegnitz: Ella-Conradty-Str., 15. April 2009, Lokale Nachrichten - im Netz
  • as [= Andreas Sichelstiel]: Generalüberholung im Kindergarten. In: Pegnitz-Zeitung vom 12. Oktober 2009 - PZ
  • jz [= Julia Ziegler]: Startschuss für ein museales Meisterstück. Stadt Röthenbach eröffnet nach jahrzehntelangen Vorarbeiten ihr Conradtyhaus in der Mühlgasse. In: Pegnitz-Zeitung vom 10. September 2010 - PZ
  • as [= Andreas Sichelstiel]: † Peter Conradty. Erbe der Röthenbacher Unternehmerfamilie. In: Pegnitz-Zeitung vom 25. Januar 2013 - [ PZ]
  • Peter Conradty starb im Alter von 75 Jahren. In: Nürnberger Zeitung vom 25. Januar 2013 - [NZ]

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Graphite Cova GmbH, Grünthal 1-6, 90552 Röthenbach an der Pegnitz - im Netz
  • Erich Schreier: Lohn her oder Arbeitsplatz weg. Das Monopoly-Spiel um die Firma Conradty und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. In: unsere zeit - Zeitung der DKP vom 30. Juli 2004 - im Netz
  • Topmanager verurteilt – 300 Arbeitsplätze weg, 20. Dezember 2004 - Wikinews
  • Ehemalige Conradty-Mitarbeiter feiern Übernahme, 27. Februar 2005 - Wikinews
  • Ehemaliger Conradty-Gesellschafter verurteilt, 4. April 2005 - Wikinews
  • Brüder Conradty wollen bauen. In: Pegnitz-Echo, Ausgabe 242, 2008 - PDF (Claudio und Peter Conradty)

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. * Steven Zahlaus: C. Conradty Nürnberg GmbH. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - im Netz
    * C. Conradty (Firma)
    * Conradty Nürnberg GmbH
    * Conrad Conradty (1827-1901), Unternehmer, chemischer Industrieller, vgl. NDB
    * Friedrich Conradty (1858-1909), Kommerzienrat, chemischer Industrieller, vgl. NDB/ADB-online
    * Ottmar Conradty (28.9.1892 - 7.6.1946), Unternehmer, vgl. NDB/ADB-online
    * Eugen Conradty (25.3.1888 - 3. Juli 1948)
  2. Rudolf Kötter: „Conradty, Conrad“. In: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 340-341 - NDB
  3. Brigitta Freiin von Süsskind (* 12. Juli 1916 in Dennenlohe, † 2. März 2006). In: thePeerage.com - im Netz
  4. Karen Königsberger: »Vernetztes System«? Die Geschichte des Deutschen Museums 1945–1980, dargestellt an den Abteilungen Chemie und Kernphysik. München: Herbert Utz Verlag, 2009, 390 S., ISBN 3-8316-0898-9: hier: S. 39 - im Netz
  5. Ella-Conradty-Stiftung - im Netz
  6. tic [= Tina Chemnitz]: Ella Conradty als Namenspatin. In: Pegnitz-Zeitung vom 30. Januar 2009 - im Netz
  7. Stadt Röthenbach a.d. Pegnitz: Ella-Conradty-Str., 15. April 2009, Lokale Nachrichten - im Netz
  8. Stadtmuseum Conradtyhaus - frankenalb.de
  9. Rudolf Kötter (DNVP - Deutschnationale Volkspartei) baute 1949 die „Nordbayerische Zeitung“ wieder auf.