Eszett als Lesehilfe

Aus NürnbergWiki
Version vom 6. September 2016, 05:12 Uhr von Manfred Riebe (Diskussion | Beiträge) (Neu: Eszett als Lesehilfe)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Baustellenschild.png Dieser Artikel ist noch eine Baustelle.
Daß das Eszett als Lesehilfe dient, haben die Rechtschreibreformer nicht beachtet.

Einführung

Bei der Pressekonferenz der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (DASD) am 30. August 2004 stellte die DASD zwei parallele Erklärungen vor: den Eisenberg-Kompromiß und den von 37 prominenten DASD-Mitgliedern, die die volle Rücknahme der Reform fordern und Eisenbergs Kompromiß ablehnen.

Der Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die ss-Schreibung beizubehalten, stammt von Professor Peter Eisenberg. Es ist ein fauler Kompromiß, der die Lösung des Problems auf die lange Bank schiebt und dadurch nur weitere Kosten verursacht. Auch deswegen warnt Theodor Icker: „Am schlimmsten wäre ein Kompromiß! „Kompromiß“ klingt gut, bedeutet aber nichts anderes als „schon wieder eine Rechtschreibreform“. Das kann niemand wollen.“ (BILD vom 11. August 2004, S. 2) Natürlich ist der Duden an Kompromissen interessiert; denn er verdient ja an dem Durcheinander und den permanenten Rechtschreibreformen.

Professor Peter Eisenberg kritisierte bereits im März 1995 die ss-Regelung als die ‘schlechteste überhaupt denkbare Lösung’. (Peter Eisenberg: Die deutsche Sprache und die Reform ihrer Orthographie. In: Praxis Deutsch, Heft 130, März 1995, S. 3-6). Eisenberg bildet an der Uni Potsdam Pädagogen aus. Nun plötzlich will er diesen Schaden hinnehmen. Warum?

In der Pressekonferenz vom 30. August 2004 erklärte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in gleich zwei parallelen Erklärungen die Rechtschreibreform für mißlungen. Die eine Erklärung stammt von Peter Eisenberg, dem namhaften Potsdamer Linguisten, die zweite Erklärung ist von 37 prominenten DASD-Mitgliedern, unter ihnen die wichtigsten deutschen Schriftsteller, unterzeichnet.

Kommentar: Während die Schriftsteller ohne Wenn und Aber zur klassischen deutschen Orthographie und damit zur Einheit der deutschen Schriftsprache zurück wollen, plädiert Eisenberg für einen letzten Kompromiß. Er halte eine totale Umkehr für „politisch unrealistisch und sachlich auch äußerst schwer zu verwirklichen“. Eisenberg übersieht: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln. Schon allein deswegen ist sein fauler Kompromiß sinnlos; denn die Sprachspaltung besteht weiterhin, so daß es keine einheitliche Rechtschreibung gibt. Das wiederum führt zu permanenten Kosten und zur fortgesetzten Verschleuderung von Milliarden Steuergeldern.

Peter Eisenberg ist trotz seines Kompromißvorschlages überzeugt, daß nur allein die traditionelle deutsche Rechtschreibung allen Reformprojekten überlegen ist - sogar dem von ihm selbst vorgeschlagenen Kompromiß. (Dankwart Guratzsch: Orthographie. In: DIE WELT, Dienstag, 31. August 2004).

Professor Peter Eisenberg meinte: „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen“, um die unschöne Mischung von beiden Schreibungen zu beseitigen. Unter diesen Voraussetzungen sei ein Kompromiß die Lösung.

Dann haben wir das Problem keinesfalls gelöst: Die Sprachspaltung und die Nachteile der ss-Regelung bleiben bestehen. Warum?

Eszett contra ss-Regelung

Der Betonungsgrundsatz der Reformer

Der Betonungsgrundsatz der Reformer „nach kurzem Vokal Doppel-s“ gilt für viele Wörter nicht.

Bisher galt: Doppel-s kann nicht vor Konsonanten und am Wortende stehen, sondern wird in diesen Fällen durch ß ersetzt. Wenn also ein Doppel-s wie in Wasser durch die Wortbildung plötzlich vor einem Konsonanten zu stehen kam wie in wäßrig, dann trat automatisch ß ein. Ebenso am Wortende: hassen, aber Haß. Das war eigentlich nicht so schwer zu lernen. Die Neuregelung machte die Verdoppelung von Konsonantenbuchstaben angeblich systematischer.

Doch gibt es acht Gruppen von Ausnahmen, bei denen nach kurzem betontem Vokal dennoch kein Doppelkonsonant steht, sowie vier Gruppen von Ausnahmen, bei denen trotz Unbetontheit des Vokals ein nachfolgender Konsonantenbuchstabe verdoppelt wird. Auf diese Unsystematik wies Eisenberg auch im Juli 1997 bei einer Podiumsdiskussion an der Uni Erlangen, obwohl er der Reformkommission angehörte.

Beispiele: Ast, August, du bist (aber: du musst), Bus, Diskus, fast, Gerüst, Gast, Hast, du hast (aber: du hasst), er ist (aber: er isst), Kasten, Kenntnis, Kiste, Kultus, Last, List, Lust, Mist, Verhängnis, Verlust, Zeugnis, usw. Wie sollen die Schüler nun lesen und schreiben? Die Reformer haben übersehen, daß das Deutsche verschiedenen Schreibprinzipien folgt und u.a. auch eine Unterscheidungsschreibung ist. Das zeigt sich besonders deutlich bei Wörtern mit verschiedener Bedeutung, die zwar gleich gesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden (Homophone): z.B. Aas/aß, büßte/Büste, fast/faßt, fasten/faßten, fliest/fließt, Frist/frißt, Hast/hast/haßt, ist/ißt, Küste/küßte, Last/laßt, leeren/lehren, lies/ließ, Mist/mißt, Moor/Mohr, Paste/paßte, Piste/pißte, reist/reißt, Saite/Seite, Sole/Sohle, Stil/Stiel, vergast/vergaßt, Verlies/verließ, vereist/verreißt, verwaist/verweist, weist/weißt, usw. Die Unterscheidungsschreibung schützt vor unliebsamen Lesestörungen. Auf Grund dieser Verschlimmbesserung verzichtet man gern auf diese Neuerung.

1.3 Mundartlich gibt es verschiedene Aussprachen: Auf Grund des Neuschriebs wird dann Fußball zu Fussball, Gras zu Grass, Spaß zu Spass, eine Maß Bier in Bayern zur Mass.

Zur Unterscheidungsschreibung sowie Binnengrenzschreibung zusammengesetzter Wörter

Das Eszett als Lesehilfe

Günther Jauch sollte das Wort „Bambusessstäbchen“ lesen. Er konnte es nicht! Mit dem Eszett („ß“) ist die Silbenfuge oder Wortgrenze klar erkennbar: Bambuseßstäbchen, Schloßstraße. Diese Zäsur ist eine wesentliche Lesehilfe. Den Grundsatz der Binnengrenzschreibung, die Kompositionsfuge nicht zu verwischen, haben die Reformer nicht beachtet: Genusseis, hasserfüllt, Messerfassung, Messergebnis, Messingenieur, Schlosserhaltung. Die ss-Regelung ist eine Verschlimmbesserung, weil sie das Eszett als Lesehilfe beseitigt.

Dreikonsonantenschreibung

Die Dreikonsonantenschreibung wie „Schlossstraße“, Missstand“ oder gar „Stresslesssessel“ erschwert die Lesbarkeit und ist auch unästhetisch. Weil durch das Zusammentreffen von zwei oder drei gleichen Buchstaben die Lesbarkeit erschwert wird, empfehlen die Reformer die Schreibung mit Bindestrich: Stressless-Sessel, Kompromiss-Kurs, Prozess-Auftakt. Warum soll man an solchen Krücken gehen, wenn es vorher auch ohne ging? 

„daß/das“ und „dass/das“

Wer mit „daß/das“ nicht klarkommt, dem wird es auch mit „dass/das“ nicht gelingen.

Anstieg der Fehlerzahlen

Durch die neue ß/ss-Regelung steigen die Fehlerzahlen an, z.B. ausser, Beweiß, Grüsse, Hinderniss, schliessen, Strasse, Verständniss, Zeugniss. Beim stimmlosen s-Laut am Wort- oder Silbenende oder vor einem Mitlaut gab es bisher nur zwei Schreibweisen: s und ß (Erlebnis - Fuß). Die Reformer verlangen jedoch drei Schreibweisen mit s, ss und ß (Glas - Hass - Maß). Für einen rechtschreibschwachen Schüler, für den die Reform angeblich gemacht wurde, steigt somit die Fehlermöglichkeit von 50 Prozent auf 66,6 Prozent.

Kommentar: Die Änderungen der Schreibweisen betreffen zu 90 Prozent die ß/ss-Schreibung. Sie ist jedoch überflüssig wie ein Kropf und dient nur als Füllmaterial, um überhaupt eine Reform nötig erscheinen zu lassen, damit die Verlage und Medienkonzerne ihre Druckereien auslasten und Geschäfte machen können. Die ß/ss-Regelung ist folglich der Silikonbusen der Rechtschreibreform. Sie täuscht Volumen, Modernität und Qualität der Reform vor, wo nichts vorhanden ist. Das Eszett ist eine Lesehilfe .

Die Schäden und Nachteile der ss-Regelung

Falsch ist die Behauptung: „Durch die jetzt vorgelegten Konsensvorschläge würden alle gravierenden Einwände gegen die Rechtschreibreform gegenstandslos.“ „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen.“

Richtig ist dagegen: Allein die Schäden durch die ss-Schreibung sind beachtlich, zumal sie 90 Prozent der Reform umfaßt. Jedoch geht Professor Eisenberg allen diesbezüglichen Einwendungen aus dem Weg, so wie es seine Reformerkollegen auch tun. Die ss-Regelung die 'schlechteste überhaupt denkbare Lösung', sie ist ein Verschlimmbesserung.


Einheitlichkeit der Orthographie oder Beliebigkeitsschreibung?

Falsch ist vor allem die Behauptung: „Ab 2005 ist Schluss mit entweder oder. Dann sollen endgültig überall die gleichen Regeln gelten.“

Richtig ist: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln. Personen außerhalb der Schulen können auch über das Jahr 2005 hinaus wie bisher nach den traditionellen Regeln schreiben. Vgl. Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 1 BvR 1640/97, S. 59. www.bverfg.de/entscheidungen/frames/rs19980512_1bvr164097 Vgl. auch die VRS-Pressemitteilung: „Gleichgeschaltete Presse verharmlost Rechtschreibreform - Totschlagargumente der Reformer und Kultusminister werden verbreitet“: www.vrs-ev.de/pm280803.php -. Die traditionellen Regeln werden daher von etwa 80 Prozent der Bevölkerung auch über das Jahr 2005 hinaus verwendet.

Schlußfolgerung: Da auch nach dem Jahr 2005 die traditionelle Orthographie weiterhin gilt, gibt es weiterhin keine einheitliche Schreibweise, sondern die Beliebigkeitsschreibung besteht fort. Der vorgebliche Grund für das Kompromißangebot der Deutschen Akademie, eine angebliche allgemeine Gleichschaltung der Rechtschreibung, entfällt also, da es kein Rechtschreibgesetz gibt. Die einheitliche Orthographie wird auch nach 2005 weiter zerstört, so daß sich die Beliebigkeitsschreibung verbreitet: www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=105

Jede Zeitung, die eine eigene Hausorthographie strickt, ist mitverantwortlich für die Zerstörung der Einheitlichkeit der Orthographie. Die Süddeutsche Zeitung macht die Rechnung wieder ohne die Leser, das Rechtschreibvolk und damit die Steuerzahler. Diese wollen nicht weiterhin als Melkkuh der Schulbuchverlage dienen. Es geht den Schulbuchverlagen nur um das Dauergeschäft durch permanente Rechtschreibreformen. Der von den Kultusministern ohne Befugnis geplante „Rat für deutsche Rechtschreibung“ würde solche permanenten Reformen durchführen. Deshalb muß diese unselige sozialistische Räteherrschaft abgeschafft werden.

Beim Beibehalten der Reform oder der ss-Schreibung (90 Prozent der Reform) bliebe die Rechtschreibspaltung auch über den 1. August 2005 hinaus erhalten; denn es gibt kein Rechtschreibgesetz - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=252 - und damit keine Allgemeinverbindlichkeit. Damit aber bliebe das unerträgliche Durcheinander einer Beliebigkeitsschreibung erhalten. Das wäre auch dann der Fall, wenn man dem Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung einer nur teilweisen Rücknahme der Reform folgte. Denn die ss-Schreibung, die dann bleiben sollte, erstreckt sich auch nur auf die Schule, während der Großteil der Nation weiterhin das Eszett benützte.

Manfred Riebe

Netzverweise