Gernot Holstein

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Gernot Holstein (* 1958 in Berlin) ist ein Ex-Rockmusiker und Jurastudent, der in Berlin erfolgreich gegen die Rechtschreibreform klagte.

Leben und Wirken

Herkunft

Rock-Musiker

Rockstar zu sein, davon hatte der gitarrespielende Gernot Holstein lange geträumt. Bis zum 33. Lebensjahr lebte er mehr oder weniger von der Musik. Die Musik blieb sein Hobby.

Zweiter Bildungsweg und Studium

1990, nachdem er auf dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht hatte, begann er ein Rechtsstudium.

Spandauer Eltern gegen die Rechtschreibreform

Klage gegen die Rechtschreibreform

Gernot Holstein klagte für seinen Sohn Randolf gegen die Rechtschreibreform. Die Hauptsacheverhandlung Gernot Holstein u. a. ./. Land Berlin fand am 14. November 1997 vor dem Verwaltungsgericht Berlin statt. Die Klageschrift hatte cand. jur. Gernot Holstein selber verfaßt, da vor dem Verwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht.

Professor Rolf Gröschner hatte von der Hauptsacheverhandlung erfahren und meldete sich eine Woche vor der Hauptverhandlung. Er vertrat die Auffassung, daß es ein zu hohes Risiko sei, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, weil dieses oft „politische Entscheidungen“ treffe. Gröschner hatte die Idee, unter Übergehung des Oberverwaltungsgerichtes als der Berufungsinstanz eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zu beantragen.

Damit Gröschner vor dem Gericht auftreten konnte, bevollmächtigte das Ehepaar Holstein Professor Gröschner am 10. November 1997, sie zu vertreten. Gröschner trat vor dem Verwaltungsgericht auf und hielt das Plädoyer.

Das Berliner Verwaltungsgericht gab der Klage Gernot Holsteins gegen das Land Berlin statt und stoppte damit die umstrittene Rechtschreibreform erstmals in Deutschland in einem Hauptsacheverfahren.

Gröschner beantragte vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht. Die Vertreter des Landes Berlin stimmten dem zu. Im Urteil heißt es, beide Parteien hätten dies beantragt. Damit hätte das Ehepaar Holstein eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrem Sinne bekommen. Gröschner äußerte: „Nun haben wir gewonnen.“

Zwei Monate später änderte Gröschner seine Strategie. Im Januar 1998 gab Gröschner den Holsteins bekannt, daß er entgegen seinen eigenen Vorstellungen die Eheleute Dr. Thomas Elsner und Gunda Diercks-Elsner, Königstr. 91 zu Lübeck, vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten wolle; denn man komme nur einmal im Leben vor das Bundesverfassungsgericht.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde am 14. Juli 1998 verkündet. Es gab die von Gröschner vorhergesagte politische Entscheidung: Das Bundesverfassungsgericht ließ die Rechtschreibreform zu. Damit war auch die Klage der Holsteins gescheitert.

Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform

Mit dem Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege gelang es Gernot Holstein und seinen Mitstreitern, mit einer Volksinitiative gegen die Rechtschreibreform genügend Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln.

Doch der Senat und die Bezirksämter von Berlin boykottierten die Durchführung des Volksbegehrens gegen die umstrittene Rechtschreibreform. „Sowohl die Anzahl als auch die Lage der Auslegestellen für das Volksbegehren ‘Schluß mit der Rechtsschreibreform’ sind absolut unzureichend“, kritisierte Gernot Holstein als Sprecher des Berliner Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege (BVR). Bislang seien lediglich 91 Auslegestellen eingerichtet worden, häufig in Nebenstraßen oder an kaum frequentierten Orten. Holstein forderte stattdessen, daß mehrere hundert Auslegestellen für die Unterschriftenbögen eingerichtet werden müßten, und schlug dafür Stadtbibliotheken und Finanzämter vor. Damit das Volksbegehren Erfolg gehabt hätte, hätten sich in der Zeit vom 10. Mai bis zum 9. Juli 1999 zehn Prozent der Berliner Wahlberechtigten – rund 243.000 – in die Listen eintragen müssen. [1]

Ehe und Familie

Gernot Holstein lebt mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in Berlin-Spandau.

Literatur

  • vip [= Peter Viebig ]: „Die Sprache gehört doch dem Volk“. Nürnberger Professor will Rechtschreibreform per Gerichtsbeschluß stoppen. Interview von Peter Viebig. In: Nürnberger Zeitung Nr. 17 vom 22. Januar 1997, S. 9
  • Verwaltungsgericht Berlin: Urteil vom ... VG 3 A 817.97
  • Sabine Deckwerth: Ein Berliner klagt. Gernot Holstein will die Rechtschreibreform stoppen. In: Berliner Zeitung vom 31. Juli 1997 - BZ
  • Mechthild Henneke: Ein später Star - der Mann, der das „ß“ retten will. Gernot Holstein kippte die Rechtschreibreform in erster Instanz und läßt sich feiern. In: Berliner Zeitung vom 17. November 1997 - BZ
  • Elke und Dr. Gundolf Fuchs: Widerstand gegen die Rechtschreibreform. Erkenntnisse über und Maßnahmen gegen die Reform. In: Die deutsche Schrift, Heft 1/1999 (Folge 129), Seite 184 - im Netz
  • Bundesverwaltungsgericht: Urteil vom 24. März 1999 BVerwG 6 C 9.98
  • Manfred Riebe, Schwaig bei Nürnberg: Von Eilverfahren und Hauptsacheverfahren. In: Berliner Zeitung vom 29. Mai 1998, Leserbrief - BZ
  • Wir sind das Rechtschreibvolk! Berliner Bürgerinitiative gegen die Rechtschreibreform: Die 13 falschen Thesen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zur Rechtschreibreform vom 14. Juli 1998 (1 BvR 1640/97). Bearbeiter: cand. iur. Gernot Holstein. Berlin-Spandau, am 19. Juli und am 16. August 1998 - VRS-Forum
  • Patrick Goldstein: Rechtschreibreform nimmt Hürde vor Bundesverwaltungsgericht. Entscheidung auch für Berlin bindend — Schüler hatte geklagt. In: Berliner Morgenpost vom 25. März 1999, Politik (Gernot Holstein, Vater von vier Kindern und Streiter wider die Rechtschreibreform, gab sich als guter Verlierer: «Dann versuchen wir es eben mit einem Volksentscheid.»)
  • Fina Geschonneck: Rechtschreibreform: Gegner unterliegen vor Gericht. Kläger Gernot Holstein will politisch weiter kämpfen und hofft auf Volksbegehren.In: Berliner Zeitung vom 25. März 1999, Berlin (Der 40jährige Spandauer will weiter das "ß" in Haß, Naß oder Faß retten. "Ich möchte verhindern, daß meine Kinder durch unsinnige, unlogische Regeln verwirrt werden", sagte Holstein. Lehrer hätten nach Ansicht des Vaters ebenfalls Probleme, zwischen alter und neuer Rechtschreibung zu unterscheiden. "Da wird die alte Schreibweise schon mal als Fehler angestrichen", so der 40jährige.)
  • Uwe Steinschek: Wir sind die Familie Holstein und langen uns wegen der Rechtschreibreform ans Hirn. In: B.Z. vom 25. März 1999 (Die Verhandlung mit Schüler Randolf als Kläger — ein weiterer Versuch der Familie Holstein, die Rechtschreibreform für Berlin auszuhebeln (B.Z. berichtete), nachdem das Bundesverfassungsgericht schon im Vorjahr festgestellt hatte: Die Rechtschreibreform verletzt kein Grundrecht. "Aber vielleicht das Persönlichkeitsrecht des Schülers. Und deshalb steigen wir noch einmal in den Ring", philosophierte Jura-Professor Rolf Gröschner, der Anwalt von Randolf Holstein.)
  • rtr/afp/dpa: Berlin: Bundesverwaltungsgericht billigt Rechtschreibreform. In: Frankfurter Rundschau vom 25. März 1999, Nachrichten Inland (Nach dem Bundesverfassungsgericht hat auch das höchste deutsche Verwaltungsgericht die Rechtschreibreform gebilligt.)
  • dpa: Höchste Verwaltungsrichter bestätigen: Rechtschreibreform verletzt Grundrechte nicht. In: tageszeitung Nr. 5795 vom 25. März 1999, S. 7 (Lediglich in Niedersachsen laufe noch ein Gerichtsverfahren, in dem es um die Vereinbarkeit der Reform mit der Landesverfassung gehe.)
  • ke: Bundesrichter sagen "Ja" zur Rechtschreibreform. In: Berliner Kurier vom 25. März 1999, Berlin (Nach seinem Riesenerfolg gegen die Rechtschreibreform mußte sich der Familienvater Gernot Holstein (41) gestern vorm Bundesverwaltungsgericht geschlagen geben.)
  • Sven Bernitt: Gegner der Rechtschreibreform wollen jetzt Volksentscheid. In: Welt am Sonntag vom 28. März 1999 („Es war keine gute Woche für die Berliner Gegner der Rechtschreibreform. Das Bundesverwaltungsgericht entschied am Mittwoch, die neuen Schreibregeln verletzen nicht die Grundrechte von Schülern und Eltern. Gernot Holstein, der Anführer des Reformwiderstandes in Berlin, ein 41jähriger Ex-Rockmusiker, Jurastudent und Vater von vier Kindern, will nun ganz Berlin gegen die Rechtschreibreform mobilisieren.“)
  • Erste Hürde für Volksentscheid gegen Reform in Berlin gemeistert! In: Die deutsche Schrift, Heft 2/1999 (130. Folge), Seite 229-231 - im Netz
  • Dankwart Guratzsch und Tanja Kotlorz: „Unzulässige politische Werbung“. Medienanstalt untersagt Manfred Krugs Radio-Spot gegen Rechtschreibreform. In: DIE WELT vom 5. Juli 1999 - WELT online
  • Rechtschreib-Begehren soll wiederholt werden. In: Junge Freiheit Nr. 37/99 vom 10. September 1999 - JF

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ - Wikipedia
  • Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege (VRS) – VRS-Forum
  • Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege - Gourt [2]
  • Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege - Weblexikon [3]

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Ämter behindern Begehren gegen Rechtschreibreform. In: Junge Freiheit Nr. 17/99 vom 23. April 1999 - JF
  2. „Gourt“ hat eine in der Wikipedia-Enzyklopädie vandalierte gelöschte Fassung des VRS-Artikels gerettet. Die Versionsgeschichte und die Diskussionsseite, aus denen das ständige Vandalieren des VRS-Artikels hervorgeht, fehlen leider. Der VRS- Artikel stand viele Jahre in der Wikipedia-Enzyklopädie. Dann stellte der Student und Wikipedia-Bürokrat Michael Diederich alias „da didi“ am 13. März 2005 drei Löschanträge, einen gegen diesen VRS-Artikel, einen gegen den Artikel „Initiative Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ und einen Löschantrag gegen die Benutzerseite von Manfred Riebe. Alle drei Löschanträge wurden abgewiesen. Dann stellte Carol.Christiansen alias Unscheinbar am 7. Juli 2007 im Rahmen seiner großen Löschkampagne gegen alle Sprachartikel, in denen Kritik an der Rechtschreibreform geübt wurde, erneut einen Löschantrag gegen den VRS-Artikel. Dabei wartete man nicht die übliche Diskussionsfrist von 7 Tagen ab, sondern löschte den Artikel „Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege“ bereits nach 4 Tagen. So funktioniert der Wikipedia-Thriller. vgl. Wikipedia-Polizisten
  3. Dankenswerterweise hat auch das „Weblexikon“ eine Version des in der Wikipedia unter mysteriösen Umständen gelöschten Artikels über den „Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege“ gerettet und dazu sogar einen späteren Teil der Diskussionsseite. Diese gibt Aufschluß über einige Wikipedia-Platzhirsche, d.h. die Administratoren-Seilschaft, die sich dort ein Stelldichein gab. Während im Artikeltext der Name Manfred Riebe gelöscht wurde, taucht er in der Diskussionsseite um so häufiger auf.