Gustl Mollath - Justiz contra Menschenrechte?

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Der Einführungstext Gustl Mollath - Justiz contra Menschenrechte? stand von Dezember 2012 bis Januar 2014 auf der Hauptseite des NürnbergWiki und ist ein zeitgeschichtliches Dokument.

Gustl Mollath

Gustl Mollath - Justiz contra Menschenrechte?

Großkundgebung des „Menschenrechtsforums Gustl Mollath“ am 27. Juli 2013 in Nürnberg am Tor zur Straße der Menschenrechte
Przybilla Ritzer Affäre Mollath.jpg
Hausmitteilung Betr.: Titel
Nr. 22 vom 30. Mai 2011

Seit der Freilassung Gustl Mollaths am 6. August 2013 geht es nun um seine Wiedereingliederung, um sein Recht und seine Rehabilitation. Damit begann ein neues Kapitel:

Die Journalisten Uwe Ritzer und Olaf Przybilla vom SZ-Büro Franken‎ in Nürnberg veröffentlichten Anfang Juni 2013 ein Buch mit dem Titel
„Die Affäre Mollath. Der Mann, der zu viel wußte“.[1]

Der Fall des seit fast sieben Jahren in eine geschlossene psychiatrische Klinik gesperrten Nürnbergers Gustl Mollath führte im Februar 2010 zur Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft Solidarität mit Gustl Mollath“. Nicht veröffentlicht hat diese aus dem Scheidungsverfahren den Brief Gustl Mollaths vom 11. Juni 2003 an Amtsrichter Jürgen Bloß. Hier ist er:
Gustl Mollath (Scheidung)‎
Schon dieser Strafanzeige ging die Nürnberger Justiz nicht nach. Immerhin ging es schon damals um Unterhaltsansprüche und eine falsche eidesstattliche Erklärung Petra Mollaths und um Schwarzgeldverschiebungen. Inzwischen existiert auch die Biographie des Generalstaatsanwalts Hasso Nerlich‎.

Veröffentlicht hat die „Arbeitsgemeinschaft Solidarität mit Gustl Mollath“ aber einen Hilfeschrei Gustl Mollaths vom 17. April 2008 an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg:

Gustl Mollath (Brief an StVK Regensburg)

Gustl Mollath ist ein gefährlicher Augenzeuge. Weil er zuviel weiß, erfand man Straftaten, um ihn als gefährlichen Straftäter in die geschlossene Psychiatrie wegzusperren.

Ein Normalbürger wie Gustl Mollath ist der Macht des Justizapparates und der Psychiatrie hilflos ausgeliefert. Er ist auch fast aller Hilfsmittel beraubt, weder ein Laptop noch eine Schreibmaschine werden ihm genehmigt. Doch Oberstaatsanwältin a.D. Gabriele Wolff klärt über den Machtmißbrauch durch Justiz und Psychiatrie im Fall Gustl Mollath ausführlich und mit Quellenangaben in ihrem Blog auf, in dem bereits die neunte Folge erschien:

Wenn man das liest, kann man verstehen, weshalb die BILD-Zeitung titelte: „Nürnberger Justiz-Saustall“. [2]

Die anwaltliche Vertretung Mollaths hatte am 10. Dezember 2012 der Hamburger Strafrechtler Gerhard Strate nur für das Wiederaufnahmeverfahren kostenlos übernommen.[3]

Bei „Fastnacht in Franken“ am 1. Februar 2013 sprach Wortakrobat Oliver Tissot Justizministerin Beate Merk auf den zu Unrecht immer noch in der Psychiatrie untergebrachten Gustl Mollath an und stellte die gesamte bayerische Politik in Frage: „Wenn man alle, die auf Mißstände hinweisen wollen und dabei ein bißchen wirres Zeug reden, wegsperrt – warum sitzen die Politiker heute dann hier und nicht auch in der Klapsmühle?“ [4]

Der fränkische Krimi-Autor Tommie Goerz, im richtigen Leben Dr. Marius Kliesch, schreibt in der NZ vom 4. Februar 2013:

„Die Wirklichkeit ist weitaus krimineller als jede Fantasie. So sähe ich zwei Fälle gern als Franken-Tatort: Peggy Knobloch und Gustl Mollath. Dann hätten wir schon zwei. Und das wäre noch ein dritter Tatort: Rund um die Frage, wie viele Menschen durch „Begutachtung nach Aktenlage“ in Frankens Psychiatrien weggesperrt sind, z.B. weil die Kinder an die Kohle wollten.“ [5]

Der Fall Gustl Mollath erinnert an die öffentlichen Statements Martha Mitchells, der Ehefrau des Generalbundesanwalts der Vereinigten Staaten John N. Mitchell. Als sie behauptete, ihr Mann sei in illegale Machenschaften des Weißen Hauses verwickelt, galt sie als psychisch krank. Nach Aufdeckung des Watergate-Skandals stellten sich die von ihr aufgestellten Behauptungen als richtig heraus. Die falsche Diagnose psychischer Krankheiten (Paranoia etc.) aufgrund als unangenehm empfundener, angeblich oder vermeintlich unzutreffender Aussagen wurde nach ihr als Martha-Mitchell-Effekt bezeichnet.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bayerischen Landesärztekammer Dr. Maria E. Fick erinnerte die Bayerische Justizministerin Dr. Beate Merk (CSU) am 29. Oktober 2012 an das Grundrecht auf Menschenwürde, das im Fall Gustl Mollath „mit Füßen getreten“ worden sei. [6]

Titel: Die Psycho-Falle Arbeitsbeschaffung: Psychiater machen aus Normalbürgern psychiatrische Fälle.
Nr. 4/2013

Der Spiegel meinte, Mollath sei ein Beispiel für das Schicksal von Menschen, die von Richtern ins Irrenhaus geschickt werden und die danach kaum noch beweisen können, daß sie nicht geisteskrank sind. Nachlässigkeit und Überheblichkeit des Justizapparats seien die Ursache. Heribert Prantl: „Eine Justiz, die Menschen ohne gründlichste Prüfung einen Wahn andichtet, ist selbst wahnsinnig.“ [1]

In der Strauß-Ära klagte die Gymnasiastin und streitbare, wehrhafte Demokratin Christine Schanderl vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erfolgreich wegen Verletzung ihres Grundrechts der Meinungsfreiheit. Warum wendete man sich im Fall Gustl Mollath nicht an diese höchste bayerische Justizinstanz?
Auch Gustl Mollath ist ein wehrhafter, streitbarer Demokrat. Im Kommentargottesdienst „Schwänzen für den Frieden?“ in St. Lorenz, Nürnberg, am 16. März 2003, wurde Gustl Mollath bei seinem Redebeitrag gefilmt.

Im Fall Gustl Mollath wurden in Nürnberg, der Stadt des Friedens und der Menschenrechte und der Reichsparteitage, verschiedene Menschenrechte verletzt. Da nützten auch das Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg, das Nürnberger Menschenrechtszentrum, die Antidiskriminierungsstelle der Stadt Nürnberg und die Straße der Menschenrechte nichts. Die Nürnberger CSU-Spitzenpolitiker und Juristen wie zum Beispiel Oscar Schneider, Günther Beckstein, Michael Frieser, der bayerische Finanzminister Markus Söder und Dagmar Wöhrl und die kirchlichen Würdenträger halten sich bedeckt und schweigen. Wenn sie die investigativen Aufzeichnungen der Oberstaatsanwältin a.D. Gabriele Wolff und die Verfassungsbeschwerde vom 11. Januar 2012 beim Bundesverfassungsgericht lesen, werden sie erkennen, daß Gustl Mollath tatsächlich ein Opfer von Justiz und Psychiatern ist. Die Justizministerin Beate Merk (CSU) wurde von der Opposition im Landtag zum Rücktritt aufgefordert.

Die Nürnberger Prozesse ergaben 1946 einen Straftatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Wenn nationale Gerichte hinsichtlich der Beachtung der Menschenrechte versagen, gibt es seit 1959 auch den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Da die Verfassungsbeschwerde nun schon seit Januar 2012 beim Bundesverfassungsgericht ruht, sieht es so aus, als wolle man den Weg zum Europäischen Gerichtshof durch Aussitzen blockieren. Warum hat man sich nicht wie Christine Schanderl an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof gewandt? Da hätte man schon längst ein Urteil.

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Uwe Ritzer, Olaf Przybilla: Die Affäre Mollath. Der Mann, der zu viel wusste. München: Droemer Knaur, Juni 2013, 256 S., ISBN 978-3-426-27622-8, ISBN 3-426-27622-4 - Inhalt
  2. Ministerin Merk muss Nürnberger Justiz-Saustall ausmisten! In: BILD-Zeitung (Nürnberg) vom 18. September 2009
  3. * Olaf Przybilla und Uwe Ritzer: Verteidiger im Wiederaufnahmeverfahren. Rechtsanwalt Strate vertritt Gustl Mollath. In: Süddeutsche Zeitung vom 20. Dezember 2012 - SZ
    * Gerhard Strate: Der Verteidiger in der Wiederaufnahme. In: Strafverteidiger (StV) 1999, S. 228 – 235
  4. Johannes Handl: Von Schnurrkätzchen und Pennern. Veitshöchheim feierte die 26. Ausgabe der „Fastnacht in Franken“. In: Nürnberger Zeitung Nr. 28 vom 1. Februar 2013, S. 15 - NZ Online: „Söder gibt die Diva bei ‚Fastnacht in Franken’“
  5. Friedrich G. Stern: Fünf Entwürfe von fränkischen Krimi-Autoren für einen „Franken-Tatort“. Von Giftkochern über Priester bis zu Baumeistern. In: Nürnberger Zeitung Nr. 29 vom 4. Februar 2013, S. 15 - NZ
  6. Dr. Maria E. Fick, Menschenrechtsbeauftragte der Bayerischen Landesärztekammer: Brief an die Bayerische Justizministerin Frau Dr. Beate Merk vom 29. Oktober 2012 - PDF gustl-for-help.de

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