Hans Zehetmair

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Hans Zehetmair (* 23. Oktober 1936 in Langengeisling bei Erding) ist ein bayerischer Pädagoge und CSU-Politiker. Er war von 1986 bis 1998 Staatsminister für Unterricht und Kultus. Seit 2004 ist er Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung.

Hans Zehetmair
Foto: Michael Lucan
Lizenz: CC BY 3.0

Leben und Wirken

Herkunft

Johann Baptist Zehetmair ist der Sohn eines Bauern und Wagnermeisters.

Schule und Studium

Von der Ausbildung her ist Hans Zehetmair Humanist. Er besuchte das humanistische Dom-Gymnasium Freising, wo er 1957 das Abitur bestand.[1]

Anschließend studierte er an der Universität München bis 1962 klassische Philologie, Germanistik, Geschichte und Sozialkunde.

Unterrichtstätigkeit

Nach dem zweiten Staatsexamen kehrte er 1964 als Gymnasiallehrer an das Dom-Gymnasium in Freising zurück. Dort unterrichtete er zehn Jahre lang bis 1974 Deutsch, Latein und Altgriechisch.

Politische Karriere

Hans Zehetmair ist seit 1972 Mitglied des Kreistags Erding. Von 1972 bis 1978 war er Stellvertreter des Landrats, von 1978 bis 1986 Landrat von Erding. Von 1966 bis 1978 war er Mitglied des Stadtrats Erding, davon in den Jahren 1972 bis 1974 zweiter Bürgermeister.

Von 1986 bis 1998 war Zehetmair Staatsminister für die Bereiche Unterricht und Kultus sowie für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Von 1993 bis 1998 war er auch Stellvertreter des bayerischen Ministerpräsidenten.

Bayerns Schulen und Hochschulen schnitten 1998 in internationalen Vergleichen nur mit „durchschnittlich“ ab. Das mußte ausgerechnet einem Ex-Lehrer passieren. Ministerialrat Dr. Stefan Krimm hatte Kultusminister Zehetmair falsch informiert. Er behauptete, die Schüler machten auf Grund der Rechtschreibreform 40 bis 50 Prozent weniger Fehler. [2] Zehetmair warb daher mit dem Weniger-Fehler-Märchen für die Rechtschreibreform. Der von Dr. Stefan Krimm falsch informierte Kultusminister Zehetmair wurde 1998 beim Münchener Nockherberg als „Märchenerzähler“ derbleckt. In der CSU regte sich Widerstand. Schon Franz Josef Strauß hatte 1986 das Kultusressort gespalten und somit Zehetmairs Vorgänger Hans Maier aus dem Amt getrieben. 1998 teilte Edmund Stoiber Zehetmairs Ministerium auf: Zehetmair wurde Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst und Monika Hohlmeier, die Tochter von Franz Josef Strauß, erhielt das Kultusministerium. Aus dieser Zeit stammt das unter Lehrern geflügelte Wort: „Maier > Zehntelmair > Hohlmeier“. Zehetmair wurde 2003 pensioniert. [3]

Schulschreibreform

SPIEGEL: „Uns hat voriges Jahr überrascht, daß Sie als erster Minister den Reformvorschlag ohne jeden kritischen Unterton begrüßt haben, als er im November 1994 auf einer internationalen Konferenz in Wien verabschiedet wurde.“

Zehetmair: „Nun, da ist uns ein Malheur passiert. Mein Pressesprecher Toni Schmid hat mein volles Vertrauen und braucht mir nicht jede Presseerklärung vorzulegen. Das geht seit sieben Jahren gut, dieses eine Mal ging es schief. Ich wußte gar nicht, wie mir geschah, als ich in der Zeitung las, ich sei mit der Reform rundum zufrieden.“ [4]

Pressesprecher Toni Schmid [5] und Ministerialrat Dr. Stefan Krimm waren die Beamten, denen Zehetmair vertraute.

Späte Einsicht und „tätige Reue“

Kultusminister Hans Zehetmair sagte im April 2003 in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse: „Aber aus heutiger Sicht und noch deutlicherer Kenntnis der deutschen Wesensart würde ich die Sache heute ganz zum Scheitern bringen. Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen. Ich sage: Politik, Hände weg von einer Rechtschreibreform! Sprache ist ein dynamischer Prozess, sie muss wachsen und entstehen.“ [6]

Welches Chaos die Rechtschreibreform anrichten würde, habe man erst in den neuen Wörterbüchern im Spätsommer 1996 gesehen. Damals habe Zehetmair erwogen, das Ganze zu kippen, aber er habe nicht recht geglaubt, daß er es „im Kreuz“ hätte, das durchzustehen. Zehetmair: „Niemals dürfe die Politik sich anmaßen, hier mit Dekreten einzugreifen. Freimütig räumte er ein, daß Reue über eine Fehlentscheidung erst überzeugend wirke, wenn sie zur ‚tätigen Reue’ wird. Und gibt zu verstehen, daß er ‚mit Rat und Tat’ zu helfen bereit sei, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Denn: ‚Es gibt keine Notwendigkeit, daß das so bleibt.’“ [7]

Kritik an Lehrern

Hans Zehetmair hatte als Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung den nachlässigen Umgang von Lehrern und Schülern mit der Sprache beklagt.

Der Lehrerverband VBE (Verband Bildung und Erziehung) wies am 1. Dezember 2011 die Kritik zurück. Landeschef Gerhard Brand sagte in Stuttgart, ändern müsse man die Lehrpläne. An deren Vorgaben hielten sich die Lehrer. [8]

Ehrenämter

Zehetmair war Vorsitzender des Katholischen Männervereins von Tuntenhausen, dessen Ehrenvorsitzender er noch ist.

Seit dem 11. Februar 2004 ist Zehetmair Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung. Außerdem ist er seit dem 17. Dezember 2004 Vorsitzender des von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Rates für deutsche Rechtschreibung.

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

Bücher

  • Hans Zehetmair, Helmut Zöpfl (Hrsg.): Heimat heute. Rosenheim: Rosenheimer, 1989, 167 S., ISBN 3-475-52616-6 (Rosenheimer Raritäten)
  • Kultur bewegt. Kulturpolitik für Bayern. München: Olzog, 2001, 199 S., ISBN 3-7892-8081-X
  • (Hrsg.): Bilanz eines erfüllten Lebens. Alfons Goppel zum 100. Geburtstag. Hanns-Seidel-Stiftung. Mit Beitrag von Günther Beckstein .... München: Hanns-Seidel-Stiftung, 2005, 94 S., ISBN 3-88795-295-2

Artikel

  • Fünf Jahre Rechtschreibreform - besonnen korrigieren. FREMDE FEDERN: Hans Zehetmair. In: Frankfurter Allgemine Zeitung Nr. 176 vom 1. August 2003, Seite 10

Presse

  • Sabine Etzold: Weihrauch in der Stimme. Der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair braucht keine neuen Werte – es gibt ja alte. In: DIE ZEIT Nr. 19 vom 7. Mai 1993 - zeit.de
  • Stefan Rammer: „Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen“. Interview von Stefan Rammer mit Hans Zehetmair. In: Passauer Neue Presse Nr. 99 vom 30. April 2003
  • Reinhard J. Brembeck: Der Vielgesichtige. Zwischen Renaissance und Erding: Zum Amtsverzicht von Kunstminister Zehetmair. In: Süddeutsche Zeitung vom 13. Februar 2003 - rechtschreibung.com
  • Hans Krieger: „Akzente, die meine Zeit überdauern“, Minister Hans Zehetmair blickt auf eine 17jährige Amtszeit zurück. In: Bayerische Staatszeitung Nr. 28 vom 11. Juli 2003, S. 13
  • ff. [= Albert Schäffer]: Vorschlag für Kompromiß zur Rechtschreibung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 231 vom 2. Oktober 2004 - VRS-Forum
  • Hans Krieger: Zehetmairs Mut und Chance. Der Ex-Kultusminister soll den Rechtschreib-Frieden stiften. In: Bayerische Staatszeitung, Ausgabe 50 vom Freitag, 10. Dezember 2004
  • dpa: Rechtschreibreform: Zehetmair stellt Stichtag 1. August in Frage. Der Vorsitzende des Rates für Deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, unterstützt den Vorstoß von Bayern und Nordrhein-Westfalen, die Rechtschreibreform ein weiteres Mal zu verschieben. In: news.de vom 19. Juli 2005 - VRS-Forum
  • Hannes Hintermeier: HANS ZEHETMAIR - Gegenreformator. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 174 vom 29. Juli 2005, S. 44
  • Jürgen Kaube: Orthographie nach Zehetmair. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat seine Reformreform beendet. Es war alles umsonst. Das Ergebnis ist „gräulich“. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 8 vom 26. Februar 2006, S. 4
  • dpa: Zehetmair gibt Chefposten im Rechtschreibrat zum Jahresende ab. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung vom 12. Juli 2010 - hna.de
  • dpa: „Scharmant“: Der Herr der Rechtschreibung kämpft für eine bessere Sprache. Zehetmair bleibt Vorsitzender im Rechtschreibrat - „Butike“ und „Kupee“. In: Nürnberger Nachrichten vom 10. Dezember 2010 - NN
  • Manfred Götzke: „Lasst die Finger von einer Rechtschreibreform!“ Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung über den Schaden für die Sprache. Hans Zehetmair im Gespräch mit Manfred Götzke. In: Deutschlandfunk am 1. August 2011 - dradio.de
  • Dankwart Guratzsch: Orthografie. Rechtschreibreform produziert Analphabeten. Ausgerechnet Hans Zehetmair beklagt, dass jeder Fünfte unter den 15-Jährigen Analphabet ist. Dabei ist er einer der Verantwortlichen für die Rechtschreibreform. In: Die Welt online vom 30. November 2011 - WELT online In der Papierausgabe der WELT lautet die Überschrift: „Schreiben und Regeln“.
  • Über sieben Millionen Analphabeten - Wer hat versagt? Moderator Alexander Kähler diskutiert in der PHOENIX RUNDE mit: Marianne Demmer (stellv. Vorsitzende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), Kerstin Güthert (Geschäftsführerin Rat für deutsche Rechtschreibung), Helmut E. Klein (Institut der deutschen Wirtschaft, Köln), Jutta Stobbe (ehemalige Analphabetin). In: PHOENIX Runde - Do, 08.12.2011, 22.15 - 23.00 Uhr - phoenix.de - YouTube
  • dpa/mop: Hans Zehetmair. Sprachexperte geißelt Fetzenliteratur auf Twitter. Der Rechtschreibrats-Chef Hans Zehetmair schlägt Alarm: Twitter, Anglizismen und Abkürzungen wie „HDL“ gefährden die Sprachkompetenz ganzer Generationen. In: Die Welt online vom 2. Januar 2012 - WELT online
  • Andreas Thewalt: Sprach-Alarm. Rechtschreib-Papst wettert gegen Twitter. „Alles ist super, top, geil, aber nicht mehr authentisch”. In: BILD vom 21. Dezember 2012 - bild.de
  • Nico Pointner, dpa / anw: Rechtschreibrat-Chef: Twitter und SMS schaden der Sprache. In: heise online vom 21. Dezember 2012 - heise.de
  • dpa: Hans Zehetmair beklagt mangelnde Kreativität. Die deutsche Sprache leidet. In: Nürnberger Zeitung vom 22. Dezember 2012, S. 15 - [ NZ]
  • dpa-infocom GmbH: Rechtschreib-Papst Zehetmair. Sprache ist verkommen. In: Die Welt vom 15. Dezember 2014 - welt.de
  • dpa: Ex-Kultusminister Zehetmair besorgt: „Sprache ist verkommen“. In: Passauer Neue Presse vom 16. Dezember 2014 - pnp.de
  • Britta Schultejans, dpa: Zehetmair: „Die Sprache ist verkommen“. Im Interview erklärt der Rechtschreib-Papst und Ex-Kultusminister des Freistaats, wie es um den „Sprachfrieden“ bestellt ist. In: Mittelbayerische Zeitung vom 15. Dezember 2014 - mittelbayerische.de
  • bkr: Schreibregeln: Ex-Kultusminister nennt Rechtschreibreform einen Fehler. Vor gut 20 Jahren beschlossen die Kultusminister neue Schreibregeln für Schüler. Nun bezeichnet der mitverantwortliche bayerische CSU-Politiker Zehetmair die Reform in einem Interview als überflüssig: „Das sollte nie wieder vorkommen.“ In: Der Spiegel vom 29. Juli 2015 - spiegel.de

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Katholischer Männerverein Tuntenhausen - im Netz
  • Rat für deutsche Rechtschreibung - Wikipedia

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. vgl. z.B. 11 Jahre Verein der Freunde des Dom-Gymnasiums Freising, Verein der Freunde des Dom-Gymnasiums e.V.
  2. Stefan Krimm gehörte zu den Kultusbeamten in der ersten Rechtschreibkommission, die die Wiener Absichtserklärung vom 1. Juli 1996 herbeiführten. Vgl. Hermann Zabel (Hrsg.): Keine Wüteriche am Werk: Hagen: Reiner Padligur Verlag, 1996
  3. Hanns-Seidel-Stiftung e.V.: Vorsitzender Dr.h.c. Hans Zehetmair, Staatsminister a.D. - PDF hss.de
  4. SPIEGEL-Gespräch: „Viele werden erschrecken“. Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair über die Rechtschreibreform. In: DER SPIEGEL Nr. 37 vom 11. September 1995, S. 226-229
  5. München. Toni Schmid: „Damals waren Prügel normal“. In: Abendzeitung vom 8. März 2010 - abendzeitung-muenchen.de
  6. Hans Zehetmair: „Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen“. Interview von Stefan Rammer. In: Passauer Neue Presse Nr. 99 vom 30. April 2003
  7. Hans Krieger: „Akzente, die meine Zeit überdauern“, Minister Hans Zehetmair blickt auf eine 17jährige Amtszeit zurück. In: Bayerische Staatszeitung Nr. 28 vom 11. Juli 2003, S. 13
  8. Rechtschreibung: Lehrer wehren sich gegen Zehetmairs Vorwürfe. In: Die Welt, Feuilleton Kompakt, vom 1. Dezember 2011, S. 23 - WELT online

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