Heimatvertriebene in Franken

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Heimatvertriebene in Franken sind Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer angestammten deutschen oder osteuropäischen Heimat geflohen sind oder vertrieben wurden bzw. nach 1950 als deutsche Aussiedler in Franken eine neue Heimat fanden.

Deutsche Flüchtlinge 1945 in Danzig:
Mütter mit ihren Kindern
Stefan Aust; Stephan Burgdorff; Weltbild, 2011

Zur Geschichte

Die Aufnahme und Eingliederung von mehr als 12 Millionen Flüchtlingen und Heimatvertriebenen war nach 1945 die größte Aufgabe in Deutschland. In der DDR allerdings waren die Begriffe „Flucht“ und „Vertreibung“ tabu. Die verordnete Sprachregelung lautete „Umsiedlung“.

Allein in Bayern mußten mehr als 2 Millionen Menschen aufgenommen, versorgt, untergebracht und beruflich, sozial und gesellschaftlich integriert werden. So wurden z.B. nach Kriegsende 15.000 Heimatvertriebene in Fürth aufgenommen, mehr als 100.000 Einwohner Nürnbergs sind entweder Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler oder deren Nachkommen.

Stefan Aust; Stephan Burgdorff; dtv, 2005

„Die wissenschaftliche Dokumentation dieser Vorgänge sowie das Nachzeichnen und Verstehen der dabei abgelaufenen Prozesse und Vorgänge ist eine schwierige und erst in Teilen gelöste Aufgabe für Juristen, Soziologen, Politologen, Wirtschaftswissenschaftler und Historiker“, schrieb der Bayreuther Lehrstuhlinhaber für Bayerische Landesgeschichte, Professor Dr. Rudolf Endres, in einem Vorwort zu dem 13. Bayreuther Historischen Kolloquium über „Die Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen“, das am 30./31. Mai 1997 stattfand.

Sudetendeutsche, Bayerns vierter Stamm

Der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber forderte, das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin solle unter Beteiligung des Bundes der Vertriebenen zügig umgesetzt werden. Er betonte, die CSU bleibe ein verläßlicher Partner der Sudetendeutschen und der Heimatvertriebenen. Die Sudetendeutschen seien neben Franken, Schwaben und Altbayern Bayerns vierter Stamm geworden. [1]

Heimatvertriebene-10-jahre-vertreibung.jpg

Zur Sprache

Franken wurde nach 1945 durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene zu einem Schmelztiegel, so daß es immer weniger Ur-Franken gibt, die Ur-Fränkisch sprechen. Die Einebnung des Dialektes sieht man exemplarisch am Mundartwort „Scheiferla“, aus dem die Gastwirte der Wandlung des Sprachgebrauchs folgend „Schäufele“ machten.

Bekannte Heimatvertriebene in Franken

  • Günther Koch (* 22. November 1941 in Posen), Lehrer, Radio- und Fußballreporter
  • Hermann Oberth (1894 in Hermannstadt, Siebenbürgen, † 1989 in Nürnberg), Physiker und Raketenpionier [3]
  • Hans von Rimscha (1899 in Riga; † 1987 in Erlangen), Historiker [4]
  • Dr. Sieghard Rost (* 1922 in Köslin, Hinterpommern), Oberstudiendirektor am Willstätter-Gymnasium, später Landtagsabgeordneter (CSU)
  • Eduard Rudolf (* 1922 in Hermsdorf im Braunauer Ländchen in Nordböhmen, Sudetenland; † 2011 in Nürnberg), Oberschuldirektor, Leiter des Amtes für Berufliche Schulen im Schul- und Kulturreferat der Stadt Nürnberg, zugleich mit der staatlichen Schulaufsicht beauftragt
  • Bruno Scheel (1909 -1999), ehemaliger Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen, 1993 Bürgermedaille der Stadt Nürnberg
  • Eugen Schöler (* 1937 in Konstantynów bei Lodz in Polen), Realschulkonrektor und Seminarleiter i.R., Historiker, Genealoge, Heraldiker, Buch- und Rundfunkautor
  • Ludwig Scholz (* 30. Juni 1937 Juliusburg, Niederschlesien, † 20. September 2005 in Nürnberg), Oberbürgermeister von Nürnberg
  • Wulf Segebrecht (* 1935 in Neuruppin), em. Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
  • Josef Stingl (1919-2004), Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, sowie Politiker der CDU und der CSU

Literatur

Buchpublikationen

Zur Vorgeschichte

  • Jan N. Berwid-Buquoy: Integration und Separation der Sudetendeutschen in der ČSR 1918-1920. Theorien der Nationalismen. Zugleich: Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades „Dr. rer. pol.“, Freie Universität Berlin, 2004, Berlin: BI-HI-Verlag, 2005, 253 S., ISBN 3-924933-08-1; Budweis: Verlag Herbia, 2005, ISBN 80-239-4433-9
  • Michael Kroner, Horst Göbbel: Nürnberg und Siebenbürgen. Jahrhundertealte Beziehungen vom legendären Hermann bis in die Gegenwart. Nürnberg: Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, 1993, 64 S.; Verlag Haus der Heimat, Nürnberg, 2008, 80 Seiten
  • Stefan Aust; Stephan Burgdorff (Hrsg.): Die Flucht. Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Stuttgart; München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2002, 237 S., ISBN 3-421-05682-X; München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, Hamburg: SPIEGEL-Buchverlag, 2005, ISBN 3-423-34181-5 (dtv; 34181); Augsburg: Weltbild, 2011, 256, [32] S., ISBN 978-3-8289-4520-3 (Lizenz der Deutsche-Verlags-Anstalt, Stuttgart, München und Spiegel-Buchverlag, Hamburg) (Autoren sind 20 SPIEGEL-Redakteure und 7 Historiker: Rudolf Augstein, Stefan Aust (Hg.), Detlef Brandes, Stephan Burgdorff (Hg.), Thomas Darnstädt, Ullrich Fichtner, Christian Habbe, Volker Hage, Hans Henning Hahn, Hans Halter, Clemens Höges, Robert Jungk, Uwe Klußmann, Claus Christian Malzahn, Walter Mayr, Cordula Meyer, Fritjof Meyer, Hans-Joachim Noack, Karl Schlögel, Bruno Schrep, Hans-Ulrich Stoldt, Michael Schwartz, Heinrich Schwendemann, Rainer Traub, Hans-Ulrich Wehler, Erich Wiedemann, Klaus Wiegrefe.)

Nach 1945

  • Rolf Nitsch: Bayerns vierter Stamm. Hrsg.: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Landesgruppe Bayern. Rotenburg an der Fulda: Hofmeister, 1965, 48 S. (Neben den Bayern, Franken und Schwaben sind seit 1954 die Sudetendeutschen Bayerns vierter Stamm.)
  • Rudolf Ohlbaum: Bayerns vierter Stamm, die Sudetendeutschen. Herkunft, Neubeginn, Persönlichkeiten. Hrsg. vom Sudetendeutschen Archiv. München: Aufstieg-Verlag, 1980, 126 S., ISBN 3-7612-0151-6; 2. Auflage, 1981 (Behandelt auch Musikerpersönlichkeiten)
  • Hermann-Joseph Busley (Hrsg.): Die Entwicklung Bayerns durch die Integration der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge. Abschlußbericht der Dokumentationsstelle Bayreuth am Lehrstuhl für Bayerische Landesgeschichte von Prof. Dr. Rudolf Endres an der Universität Bayreuth im Jahr 1994. Ein durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit initiiertes Forschungsprojekt der bayerischen Landesuniversitäten, Zusammengestellt von Michael Reinhart. Hrsg. von Hermann-Joseph Busley ... im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit. Bayreuth: Dokumentationsstelle Bayreuth, 1994, 209 S.
  • Andreas Krätschell: Subkultur der Siebenbürger Sachsen im Großraum Nürnberg. Zulassungsarbeit im Fach Volkskunde zum 1. Lehramtsexamen Grund-, Haupt- oder Realschulen. Nürnberg, 1996 (Betreuer Hartmut Heller)
  • Irmgard Müller: Rückkehr nach 250 Jahren. Die Integration der Banater Schwaben in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel der Gemeinde Warjasch. Zulassungsarbeit im Fach Volkskunde zum 1. Lehramtsexamen Grund-, Haupt- oder Realschulen. Nürnberg, 1996 (Betreuer Hartmut Heller)
  • Rudolf Endres (Hrsg.): Bayerns vierter Stamm. Die Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen nach 1945. Köln; Weimar; Wien: Böhlau, 1998, VI, 264 S., ISBN 3-412-05698-7 (Bayreuther Historische Kolloquien; Band 12)
  • Andreas Kossert: Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945. München: Siedler, 2008, 430 S., ISBN 978-3-88680-861-8
    • Rezension Herbert Gebert: Andreas Kosserts Buch «Heimat». Das Schicksal der Vertriebenen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 222 vom 22. September 2008, S. 32 - NZ

Zeitschrift

  • Wir Sudetendeutsche. Bayerns vierter Stamm; Informationsblatt der Sudetendeutschen Landsmannschaft Illertissen. Illertissen: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Ortsgruppe, Ausgabe 1 bis Ausgabe 8, 1980-1984 (Erscheint unregelmäßig)

Aufsätze

  • Martina Bauernfeind: Vom Gefechtsschießplatz zum „Stadtteil im Grünen“. Die Entwicklung des Stadtteils Langwasser. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 84 (1997), S. 225-243 - MVGN
  • Mathias Beer: Im Spannungsfeld von Politik und Zeitgeschichte. Das Großforschungsprojekt Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 46 (1998), S. 345-389
  • Mathias Beer: Die Dokumentation der Vertreibung der deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Hintergründe - Entstehung - Ergebnis - Wirkung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 50 (1999) 2, S. 111
  • Jörg Maier: Zur wirtschaftlichen Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen in Franken. In: FRANKENLAND, Zeitschrift für Fränkische Landeskunde und Kulturpflege, Heft 1, Februar 2004, S. 17-26
  • Heidi Christ: Heimatvertriebene in der Volksmusik in Franken. In: FRANKENLAND, Zeitschrift für Fränkische Landeskunde und Kulturpflege, Heft 1, Februar 2004, S. 43-55
  • Manfred Kittel: Ein fünfter Stamm in Bayern? Schlesier, Ostpreußen und andere Vertriebenengruppen. Ein integrationspolitischer Vergleich mit den Sudetendeutschen. In: Einsichten und Perspektiven, Bayerische Zeitschrift für Politik und Geschichte, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Nr. 1, 2009 - http://www.blz.bayern.de/blz/eup/01_09_themenheft/index.asp

Presse

  • Michael Kasperorowitsch [sic] und Alexander Brock: «Wer mitmachte, gehörte schnell dazu». Reiche Integrationserfahrung: Flüchtlinge von einst schildern ihren Weg und geben Tipps für heute. In: Nürnberger Nachrichten vom 8. März 2008 - NN
  • Ralf Müller, NZ: Sudetendeutscher Tag in Nürnberg. Neue Führung, neue Tonlage. In: Nürnberger Zeitung Nr. 110 vom 13. Mai 2008, S. 6 - NZ
  • Ralf Müller: Kommentar: Prag und die Sudetendeutschen. Die tschechische Schnecke. In: Nürnberger Zeitung Nr. 110 vom 13. Mai 2008, S. 2 - NZ
  • Wolfgang Heilig-Achneck: Ungeliebte Neubürger. Stadtarchiv publiziert Erinnerungen von Flüchtlingen. In: Nürnberger Nachrichten Nr. 179 vom 2. August 2008 - NN
  • Marco Puschner: Vertriebene blicken zurück. Nürnberg wurde zur zweiten Heimat. In: Nürnberger Zeitung Nr. 179 vom 2. August 2008, S. 11 - NZ
  • Manfred Maurer: Hunderte massakrierte Sudetendeutsche. Eger: Die Wahrheit wird zu Grabe getragen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 270 vom 19. November 2008, S. 6 - NZ
  • Norbert Klaschka, dpa: Neue Attacken. Polen braucht das Feindbild Steinbach. In: Nürnberger Zeitung Nr. 42 vom 20. Februar 2009, S. 4 - NZ
  • dpa: Streit um Erika Steinbach. Versöhnlichere Töne aus Warschau. In: Nürnberger Zeitung Nr. 48 vom 27. Februar 2009, S. 2 - NZ
  • Martin Schabenstiel: Im Streit um Vertreibung steht viel auf dem Spiel. Warum keiner Steinbach hilft. In: Nürnberger Zeitung Nr. 48 vom 27. Februar 2009, S. 2 - NZ
  • Dieter W. Rockenmaier: Steinbach verzichtet. Gedenkzentrum kann loslegen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 53 vom 5. März 2009, S. 2 - NZ
  • Wolfgang Schmieg: Ist Steinbach eine Vertriebene? Ihr Geburtsort Rahmel/Rumia macht die BdV-Präsidentin für Polen zum Politikum. In: Nürnberger Nachrichten vom 5. März 2009 - NN
  • Bayern will Steinbach für Verdienste auszeichnen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 54 vom 6 März 2009, S. 4 [Laut Münchner Merkur soll Steinbach den Bayerischen Verdienstorden erhalten.]
  • epd/dpa: Trotz Merkels Nachgiebigkeit. Polen lässt im Fall Steinbach nicht locker. In: Nürnberger Zeitung Nr. 55 vom 7. März 2009, S. 6
  • dpa: Steinbach lässt Rückkehr in Stiftungsrat offen. «Ein wunderbares Damoklesschwert». In: Nürnberger Zeitung Nr. 55 vom 7. März 2009 - NZ
  • dpa: Steinmeier: «Steinbachs Gerede ist unverantwortlich». In: Nordbayern.de vom 8. März 2009 - Nordbayern.de
  • dpa: Rückzug Erika Steinbachs. Polen wird seines Sieges nicht froh. In: Nürnberger Zeitung Nr. 56 vom 9. März 2009, S. 5 - NZ
  • In wenigen Worten. Seehofer würdigt Vertriebene. In: Nürnberger Zeitung Nr. 212 vom 14. September 2009, S. 13 - NZ
  • Stephanie Siebert: Bund der Vertriebenen feierte Tag der Heimat. «Aus Trümmern der Geschichte Neues bauen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 218 vom 21. September 2009, S. 9 - NZ
  • Ulf Mauder, dpa: Deutschrussischer Verein in Nürnberg besorgt. Razzia stoppte russischen Historiker. In: Nürnberger Zeitung Nr. 229 vom 5. Oktober 2009, S. 2 - NZ
  • Manfred Maurer: Die Vertreibung der Vertriebenen aus der Politik. EU knickt vor Tschechien ein. In: Nürnberger Zeitung Nr. 254 vom 3. November 2009, S. 4 - NZ
  • Petra Strutz, dpa: Wo aus Nummern wieder Namen werden. «Findbuch» zu deutschen Kriegsgefangenen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 157 vom 12. Juli 2010, S. 2 - NZ
  • Peter Carstens: Gauck-Rede-Rede am Tag der Heimat. Der weite Weg der Vertriebenen. Was früher für Deutsche der Himmel über Ostpreußen war, ist für die Syrer der Basar von Aleppo: In seiner Rede am Tag der Heimat weist Joachim Gauck darauf hin, was Flüchtlinge von damals und heute verbindet. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 4. September 2016 - faz.net

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Helga Hirsch: Kollektive Erinnerung im Wandel. Die Wiederkehr des Themas Flucht und Vertreibung, 7. Oktober 2008, Bundeszentrale für politische Bildung, Text aus: »Aus Politik und Zeitgeschichte (B 40-41, 2003)« - bpb.de
  • „Bayerns 4. Stamm“ - Die Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. 13. Bayreuther Historisches Kolloquium, Universität Bayreuth, 30./31. Mai 1997 - uni-protokolle.de
  • Förderverein „Haus der Heimat e.V. Nürnberg“ - im Netz
  • Adam Roth: Heimatvertriebene. Heimatverein Schwaikheim e.V. - im Netz
  • Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Susanne Finger - im Netz

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