Maria-Magdalena-Kirche Behringersdorf

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Die Maria-Magdalena-Kirche ist eine evangelische Kirche in Schwaig bei Nürnberg im Ortsteil Behringersdorf.

Magdalenakirchhe 11a klein.jpg
Maria-Magdalena-Kirche
Behringersdorf
Bekenntnis evangelisch-lutherisch
Kirchentyp Pfarrkirche
Namensgeber Maria Magdalena
Einweihung 1439
Neubau 1716 - 1719
Baustil Markgrafen-Barock
Besonderheiten
Pfarramt Evang.-Luth. Pfarramt
Behringersdorf,
Schwaiger Str. 15

90571 Schwaig / Behringersdorf
Tel. (0911) 507 40 86
Fax (0911) 99 58 253

E-Mail pfarramt@behringersdorf-evangelisch.de
Netzseite http://behringersdorf-evangelisch.de/
Innenansicht nach der Renovierung 1991
Foto: privat

Namensgeberin

Die Maria-Magdalena-Kirche ist nach der Hl. Maria Magdalena benannt. Diese Namensform ist aus der biblischen Bezeichnung der Maria von Magdala hervorgegangen. Sie wird in Lukas 8,2 unter denen genannt, die neben den zwölf Aposteln zum engsten Nachfolgendenkreis Jesu gehörten. In Johannes 9,25 gehört sie zu den Frauen, die den Mut hatten, unter dem Kreuz Jesu ihre Zugehörigkeit zu ihm zu bekennen. In Markus 16,9 erscheint ihr als Erster der Auferstandene. In Lukas 24,10 ist sie Zeugin der Auferstehung. Das Altarbild zeigt Maria Magdalena unter dem Kreuz Jesu.

Geschichte der Maria-Magdalena-Kirche

Von Karl Briemle [1]

Am 22. Oktober 2009 war es 290 Jahre her, daß die evangelische Maria-Magdalena-Kirche von Behringersdorf eingeweiht wurde. Dies ist ein Anlaß, sich mit der Geschichte dieses Gotteshauses zu befassen.

Anfänge der Kirche

Die Ursprünge der Behringersdorfer Kirchengeschichte gehen in die Zeit vor der Reformation zurück. Behringersdorf gehörte bis 1375 zum Kirchensprengel Neunkirchen am Sand und wurde danach der neugegründeten Pfarrei Lauf zugeschlagen. [2] Schriftliche Quellen aus dieser Zeit sind außer dem „Stiftungsbrief“ aus dem Jahr 1439 sehr dürftig.

Wappen der Schürstab
Wikimedia Commons

Schürstab in Behringersdorf

Die Schürstab waren bedeutende Nürnberger Kaufleute, die vom Niederrhein bis nach Polen und Ungarn Handel trieben mit Silber, Wachs, Gewürzen, Wein, Tuchen und Rauchwaren (Pelzen). Im 15. Jahrhundert zählten die Schürstab zu den reichsten Bürgern der Stadt Nürnberg. Wie viele Kaufleute legten auch sie ihr Vermögen in rentierlichem Grundbesitz im Nürnberger Umland an. [3]

Um das Jahr 1400 erwarb Erhard I. Schürstab die Grundherrschaft über Behringersdorf. Die Hintersassen (Untertanen) erhielten vom Grundherren Land zu Lehen. Dafür mußten sie ihm Abgaben zahlen und, wenn nötig, Kriegsdienst leisten.

Als Erhard I. Schürstab sein Ende nahen fühlte, stiftete der Handelsherr, Finanzier und Ratsherr im Jahr 1439 die Kapelle in Behringersdorf. Im November desselben Jahres starb der Stifter.

Stiftung der Schürstab

In dem Stiftungsbrief [4], der sich im Original im freiherrlich von Tucherschen Familienbesitz befinden soll, wird berichtet: „Erhard Schürstab der Eltre hatt die Capellen zu Behringersdorff gepauen und gestiftet Got zu Lob und der Jungfraun Maria und aller Heiligen zu Lob und Ehre, seinen Vorfahren und Nachkommen und allen gläubigen Seelen zu Hilf und Trost und umb seiner Seele Heil Willen.“

Das Gotteshaus wurde am 16. August des Jahres 1439 vom damaligen Bamberger Weihbischof Peter II. de Gamundia geweiht [5]: „.... im Jahre als man zelt nach Christi unseres Herrn Gepurt vierzehnhundert und in dem Neunundreißigsten Jar an dem nächsten Sonntag nach Sankt Lorenzentag wart geweiht dies Gothaus und die Altere“.[3] Zur Patronin der Kirche wurde Maria Magdalena erwählt. Am Sonntag nach „Sankt Lorenztag“ (nach dem 10. August) wurde dann auch die jährliche Kirchweih gefeiert.

Wappen der Tucher
Wikimedia Commons

Als zur Kirche gehörende „Gebäulichkeiten“ und Inventar werden aufgeführt: ein Priesterhaus, eine Glocke im Glockenhaus (Dachreiter), ein Gebetbuch aus dem Prager Bistum, ein Prager Meßbuch, ein Psalter mit rotem Leder überzogen, ein silberner Kelch, ein scharlachrotes Meßgewand, vier Leuchter, Altartücher, zwei Monstranzen, ein messingenes Rauchfaß u.a..

Tucher in Behringersdorf

Als Franz I. Schürstab, ein Nachkomme der Stifterfamilie, in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verkaufte er im Jahre 1514 seinen Behringersdorfer Besitz einschließlich „Mannschaften“ (Untertanen) und Kirchenpatronat an die Patrizierfamilie von Tucher, die damals zu den ganz großen Geschlechtern der Reichsstadt Nürnberg zählte.[4]

Zu diesem Zeitpunkt war die Maria-Magdalena-Kirche eine Tochterkirche der Pfarrei Lauf. 1516 erhielt die Kirche einen eigenen Geistlichen. Schon zwei Jahre, nachdem im Jahr 1525 die von Tuchersche Herrschaft die Reformation eingeführt hatte, wurde Behringersdorf zur Pfarrei erhoben. Seit der Reformation belegen Pfarr-, Tauf-, Ehe- und Leichenbücher den Werdegang von Kirche und Pfarrei Behringersdorf. Die Freiherrn von Tucher übten noch bis zum Jahr 2000 das Patronatsrecht über die Maria-Magdalena-Kirche in Behringersdorf aus. Der Patronatsherr wirkte z.B. bei der Besetzung der Pfarrstelle mit.

Conrad Treutler war der letzte Geistliche, den der Rat der Stadt 1523 noch nach altem Bekenntnis für die Frühmesse in Behringersdorf einsetzte. Als zwei Jahre später in der Stadt Nürnberg und im Umland die Reformation Einzug hielt, wurde Treutler der erste evangelische Pfarrer und wirkte hier 37 Jahre lang als Seelsorger. Friedrich Baader ist heute der 54. Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde zu Behringersdorf.

Ansichten der Südfassaden der alten Kapelle und neuen Kirche von Johann Ulrich Mösel.
Quelle: Staatsarchiv Nürnberg: Rst. Nbg. Waldamt Sebaldi Nr. 338

Die „neue“ Kirche

Im Jahr 1716 ließ Christoph Wilhelm II. Tucher von Simmelsdorf die Schürstabsche Kapelle abreißen und auf deren Fundamenten eine neue, größere Kirche errichten. Baumeister der „neuen“ Maria-Magdalena-Kirche war der Steinmetz und Landbaumeister Johann Ulrich Mösel. Von ihm sind Grundrisse und Ansichten der alten Kapelle und der geplanten Kirche erhalten. [6] Den Stuck im Kircheninnenraum fertigte der italienische Stukkateur Donato Polli, der auch an der Ausstattung der Egidienkirche in Nürnberg arbeitete.

Die Kirche - so wie wir sie heute kennen - wurde am 22. Oktober 1719 nach zweijähriger Bauzeit von Pfarrer Michael Renz unter feierlichen Zeremonien eingeweiht. Die Jahreszahl 1717 über dem Eingangsportal weist auf das Jahr der Grundsteinlegung hin.[7]

Gedenkmünze der evang. Kirche Behringersdorf von 1719. Quelle: Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche Bayerns: Medaillensammlung M 7/35

Zur Weihe der neuen Kirche wurden goldene und silberne Medaillen geprägt: Die Medaille aus dem Jahr 1719, die im landeskirchlichen Archiv aufbewahrt wird, zeigt auf der Vorderseite die Südwestansicht der Kirche mit der Umschrift im Rautenkranz: CONSERVABITUR CHRISTI ADJUMENTO (Sie wird erhalten durch Christi Hilfe), im unteren Segment ist das Datum D. 22. OCT eingeprägt.

Gestiftet wurde die „neue“ Kirche von Christoph Wilhelm II. von Tucher und seiner Gattin Felicitas, geb. von Imhoff.

Legende vom Kirchenschatz

Das Stifterehepaar ist in der Gruft vor dem Altar bestattet. [8] Die Gruft, in der neben dem Stifterpaar noch weitere vier Mitglieder der Familie Tucher beigesetzt sind (letzte Beisetzung 1772), war bald Gegenstand einer Legendenbildung. Man erzählte sich, daß dort in Kriegszeiten ein Millionenschatz versteckt worden wäre, eine Kassette mit ungemein wertvollen Juwelen, Gold- und Silbermünzen. Auch sollte sich unter dem Altar eine Quelle befinden.

Um Klarheit über diese Dinge zu bekommen, hob man am 2. Mai 1927 die 20 Zentner schwere Platte vor dem Altar ab und inspizierte die Gruft. Man fand außer den sechs Särgen jedoch nichts von dem, was man vermutete. Nachdem auch die Bevölkerung des Ortes Gelegenheit hatte, die Gruft zu besichtigen, war das Geheimnis um den angeblichen Millionenschatz gelüftet und allen Spekulationen der Boden entzogen.

Pfarrhaus

Das alte Priesterhaus, ein Fachwerkhaus mit Steinsockel, mußte wegen Baufälligkeit abgerissen werden. An seiner Stelle ließ Tucher ein neues Pfarrhaus bauen, das im Jahr 1749 bezugsfertig war. Sein äußeres Erscheinungsbild hat sich bis heute erhalten. Die Bauwerke: Kirche, Schloß, Pfarrhaus, die Christoph Wilhelm II. von Tucher in Behringersdorf hinterlassen hat, prägen noch heute den historischen Ortskern.

Instandhaltung der Kirche

Die Baulast für die Kirche lag bei der von Tucherschen geistlichen Stiftung. Als das Stiftungskapital bei der großen Inflation 1923 entwertet wurde, ging die Baulast auf die Kirchengemeinde über. [9]

Unter Pfarrer Kündinger (1913 bis 1946) wurde anläßlich des 500jährigen Jubiläums der Vorgängerkirche im Jahre 1939 die Kirche gründlich renoviert. In einem Zeitungsartikel wird die renovierte Pfarrkirche beschrieben als Quaderbau mit spätbarocker Inneneinrichtung und Ausstattung sowie als ein „architektonisch und kunstgeschichtlich hochbedeutendes Gotteshaus von erlesenem Geschmack und seltener Schönheit“ gerühmt.[5]

Vier Jahre später, im August 1943, wurde die Kirche durch eine Luftmine beschädigt. Erst im Oktober 1947 konnten die Schäden am Dachstuhl und am Mauerwerk ausgebessert werden.

Neun Jahre danach stand wieder eine „umfassende stilgemäße Restaurierung“ der Kirche innen und außen an. Dabei wurde der Kirchturm abgetragen und erneuert, das Dach neu eingedeckt, die Orgel abgebaut, gereinigt und ausgebessert, die Risse im Mauerwerk beseitigt, sowie der Innenraum von dem Kirchenmaler Josef Weidl aus Nürnberg neu ausgemalt.

Die Reparaturarbeiten an der Kirche rissen jedoch nicht ab. Die letzte Innenrenovierung fand im Jahre 1991 unter Leitung von Pfarrer Hartmut Brunner statt. Er gab aus diesem Anlaß einen Kirchenführer heraus, der mit farbigen Fotos und meditativen Texten das Gotteshaus beschreibt. [10]

Bis zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war die Kirche von einem „Gottesacker“ umgeben. An der Südseite der Kirche ragten die Gräber und die Friedhofsmauer bis etwa in die Mitte der heutigen Kreisstraße. Als der beengte Platz um die Kirche für die Bestattungen nicht mehr ausreichte, wurde ein neuer Friedhof an der Sandbergstraße angelegt.

Ausstattung

Die Maria-Magdalena-Kirche ist mit der Kanzel, Orgel und den Kirchenbänken im Stil des Spätbarock ein schönes Beispiel evangelischer Barockbaukunst.

Kirchenmusik

Es gibt einen kleinen Liturgischen Chor, den die Organistin Anneliese Schuller (* 1941) im Jahre 1993 anläßlich der Einführung des neuen Gesangbuches initiierte. Der Liturgische Chor singt heute unter Leitung von Anne Blomeyer.

Der Gospelchor singt unter Leitung von Heidi Brettschneider. Für Jugendliche ab 12 Jahren gibt es das Jugendensemble Schwaig.
Auch der Posaunenchor unter Thomas Engelbrecht trägt hin und wieder mit Klassischen Bläsersätzen, Gospels und Jazz zur Gestaltung der Gottesdienste bei.

Literatur

  • Peter Fleischmann: Rat und Patriziat in Nürnberg: Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Zugleich: Universität Augsburg, Habil.-Schrift, 2007. Nürnberg: Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg, ISBN 978-3-87191-333-4 (Nürnberger Forschungen; Band 31)
    • Band 1: Der kleinere Rat, [2008?], III, 316 S.
    • Band 2: Ratsherren und Ratsgeschlechter, [2008?], V S., S. 317 - 1181
    • Band 2: Anlagen, [2008?], [37] Bl.
    • Band 3: Ratsgänge (1318/23 bis 1806/08); Reg. und Verzeichnis, [2008?], V S., S. 1184 - 1967
  • Karl Briemle: Zur Geschichte der Maria-Magdalena-Kirche in Behringersdorf. In: Evangelischer Gemeindebote für Behringersdorf vom Oktober 2009
  • Martin Schieber, Ulrike Bauer-Buzzoni, Bianca Bauer-Stadler: Patrizier in Nürnberg – Das Geschlecht der Schürstab. Nürnberg: Verlag Hans Müller, 2009, 228 S. - http://www.patriziernuernberg.de/
    • Isabel Lauer: Bildband würdigt das Patriziergeschlecht der Schürstab. Aufstieg und Fall einer Familie. In: Nürnberger Zeitung vom 17. Dezember 2009 - NZ

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Friedrich Baader, Pfarrer. In: Die Predigtdatenbank - predigten.de
  • Berthold Schürstab († 1131). In: Familiendaten der Paul Wolfgang Merkelschen Familienstiftung - merkelstiftung.de
  • Friedrich von Weech: Schürstab, Erhard. In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 96–97 - Wikisource (Version vom 6. März 2012, 12:46 Uhr UTC)

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. * Karl Briemle: Zur Geschichte der Maria-Magdalena-Kirche in Behringersdorf. In: Evangelischer Gemeindebote für Behringersdorf vom Oktober 2009; das Foto der Kirche stammt von Karl Briemle.
  2. Werner Meyer und Wilhelm Schwemmer: Die Kunstdenkmäler von Mittelfranken, Band XI Landkreis Lauf an der Pegnitz, München 1966
  3. Peter Fleischmann: Rat und Patriziat in Nürnberg – Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. zum 18. Jahrhundert. Erschienen in ‚Nürnberger Forschungen‘ Band 31/2, Nürnberg 2007
  4. Pfarrarchiv Nr. 81: Denkwürdigste Abschrift eines Stiftungsbriefes über Entstehung und Einweihung der katholischen Kapelle St. Maria Magdalena 1439
  5. Friedrich Wachter: General-Personal-Schematismus der Erzdiözese Bamberg 1007 – 1907, Bamberg, 1908
  6. Staatsarchiv Nürnberg: Grundriß und Ansicht der neuen und alten Kirche von Behringersdorf, Rst. Nbg. Waldamt Sebaldi Nr. 338
  7. Pfarrarchiv Nr. 91: Pfarrer Kündinger, Notizen aus der Geschichte der Pfarrei Behringersdorf, 18.10.1939
  8. Nürnberger Zeitung, Sonntagsbeilage vom 06.07.1935
  9. Bauer, G. (ehem. Pfarrer): Bilder aus der Geschichte der Pfarrei Behringersdorf (unveröffentlichtes Manuskript zu einem Vortrag am Reformationsfest) 1956
  10. Die Behringersdorfer Kirche (1993). Farbfotos stellte das evang.- luth. Pfarramt Behringersdorf freundlich zur Verfügung.