Vierte Gewalt

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Die Vierte Gewalt. Fragen an die Medien mit Antworten von Friedrich Nowottny, Gertrud Höhler u.a., MM-Verlag, 1994

Als Vierte Gewalt werden die Massenmedien bezeichnet.

Massenmedien als „Vierte Gewalt“

Der Begriff „Vierte Gewalt“ soll zeigen, daß es neben den drei verfassungsmäßigen Staatsgewalten Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Regierung) und Judikative (Gerichtsbarkeit) auch noch die einflußreichen Massenmedien gibt: Bücher, Presse, Rundfunk, Fernsehen, Filmindustrie und seit Ende des 20. Jahrhunderts auch das Internet. Die drei Staatsgewalten sollen sich durch das Prinzip der Gewaltenteilung gegenseitig kontrollieren. Da dies aber oft, z.B. mangels Information, nicht funktioniert, treten die Massenmedien als „Vierte Gewalt“ zur Kontrolle der drei Staatsgewalten hinzu.

Aufgaben der Massenmedien

Als Organe der Information und Meinungsbildung haben die Massenmedien und damit die Journalisten die Aufgabe, die Bürger zu informieren. Dazu besteht eine Informationspflicht; denn ohne Informationen fehlt dem Grundrecht der Bürger auf Meinungsfreiheit die nötige Grundlage für ihre Meinungs- und Willensbildung.

Die Bürger erwarten vom Journalismus mutige und investigative Berichterstattung. Es besteht jedoch die Gefahr der Instrumentalisierung der Medien durch die Politik. Das Image des Journalismus leidet auch unter Sensationsberichterstattung, Medienskandalen und zweifelhaften Recherchemethoden. Aus diesen Gründen geraten die Medien in eine Glaubwürdigkeitskrise, so daß sich immer mehr Menschen von den Informationsangeboten der Medien abwenden.

Professor Dolf Sternberger (1907-1989), der einstige Nestor der deutschen Politikwissenschaft, sagte, der erste und wahrhaft elementare Beitrag der Journalisten zum Staat sei die Information. Und das erste und höchste Grundrecht sei nicht die Meinungsfreiheit, sondern die Informationsfreiheit. Ohne öffentliche Unterrichtung hätten die öffentliche Meinung und der politische Wille aller Staatsorgane keine Grundlage, eine wirklichkeitsbezogene Artikulation könne nicht stattfinden. Eine Gefahrenquelle innerhalb des Journalismus seien die einfältigen Journalisten, die sich alles aufbinden lassen. Noch schlimmer als einfältige Journalisten seien die Höflinge, die zu Vertrauten oder Partnern der großen Politiker aufgestiegen bzw. zu deren journalistischen Handlangern herabgesunken seien. [1]

Zensur

Günther von Lojewski, bis 1997 Intendant des Senders Freies Berlin, urteilt, lohnabhängige Journalisten seien instrumentalisierbar und korrumpierbar, d.h. könnten gekauft werden, damit sie keine unerwünschten Fakten und nicht eigene, sondern vorgegebene Agenturnachrichten und -meinungen verbreiten. [2].

Auch investigative, kritische Journalisten kann man knebeln, indem man ihre Beiträge zensiert, ihnen nicht genügend Platz einräumt, sie versetzt oder sie dezent auf eine Verringerung ihrer Aufstiegschancen aufmerksam macht, wenn sie nicht den Mund halten.

Soll ein ganzer Radio- oder Fernsehsender echten, investigativen Journalismus betreiben und damit auch gegenüber dem aktuell regierenden Regime laut werden, ist dies speziell in der BRD schwierig bis unmöglich. Die Konzessionsvergabe für den Sendebetrieb und die Belegung freier Frequenzen obliegt dem Regime. Auch die Einspeisung in die Kabelnetze ist sehr leicht zu behindern. Sich in einem solchen Regime sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) über den Rechtsweg zu erstreiten, hat systembedingt kaum Aussicht auf Erfolg.

Sollte der Sender doch nicht aufzuhalten gewesen sein, wird in den bereits installierten Sprachrohren nun je nach strategischen Zielen entweder der neue Sender totgeschwiegen oder heftig gegen ihn Meinung gemacht. Eine objektive Berichterstattung oder ausgewogene öffentliche Diskussionen sind gar nicht erwünscht. Dies ist dann als besonders auffällig zu beobachten, wenn die Existenz des Regimes in Gefahr gerät. Je größer dabei der Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung ist, desto höher ist auch der manipulative Einfluß der Systemmedien.

Die Massenmedien suggerieren durch ihre Dauerpräsenz im öffentlichen Raum eine vermeintliche Mehrheitsmeinung, die Konformitätsdruck auf die Bürger ausübt. Dies ist eine Schweigespirale. Dadurch vergeht sehr viel Zeit, bis systempolitische Meinungen ausreichend verbreitet sind. Erst dann gerät das Schweigekartell selbst unter Druck und wird Objekt der öffentlichen Diskussion.

Informationen über die Vierte Gewalt

Literatur

  • Hermann Meyn: Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Colloquium Verlag, 1966, 135 S. (Zur Politik und Zeitgeschichte; Heft 24/25)
  • Die Vierte Gewalt. Fragen an die Medien mit Antworten von Friedrich Nowottny, Jobst Plog, Helmut Thoma, Gertrud Höhler, Kardinal Martin Hauser, Konrad Adam, Barbara Sichtermann, Thomas Kielinger et al. Aachen: MM-Verlag, 1994, 233 S., ISBN 3-928272-37-3
  • Reginald Rudorf: Die vierte Gewalt. Das linke Medienkartell. Verschweigen, Verzerren, Verreißen - ARD & ZDF: im Würgegriff der Parteien - Kontrolle: Fehlanzeige. Frankfurt am Main; Berlin: Ullstein, 1994, 231 S. ISBN 3-548-36635-X (Ullstein; Nr. 36635 : Ullstein-Report); 2., erw. und aktualisierte Auflage, 1995, 255 S.
  • Hermann Meyn: Massenmedien in Deutschland. Neuauflage. Konstanz: UVK-Medien, 2001, 314, [13] S., ISBN 3-89669-299-2
  • Hermann Meyn: Massenmedien in Deutschland. Unter Mitarbeit von Hanni Chill. [Hrsg.: Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit Berlin]. Neuauflage. Konstanz: UVK-Verlags-Gesellschaft, 2004, 293 S., ISBN 3-89669-420-0

Presse

  • halef [= Herbert Heinzelmann]: „Die Gedanken sind frei“: ein Symposium über die Zensur. Die Angst vor dem Wort. In Deutschland wurde eine Struktur der Entmündigung gewittert – Schere im Kopf. In: Nürnberger Zeitung vom 17. April 1989, S. 33 (Symposium des Pädagogischen Instituts der Stadt Nürnberg „Die Gedanken sind frei“: Dirk Mende, Hans Peter Bleuel, Eckart Spoo, Gert Heidenreich, Knut Lennartz, Michael Kienzle)
  • Dolf Sternberger: Die Journalisten im Staatsleben. In: DIE WELT vom 28. Juli 1997, S. 4
  • Günther von Lojewski: Sind Journalisten bessere Menschen? Die Kontrolleure der Macht geraten selbst außer Kontrolle: Über die Selbstgerechtigkeit der Meinungsmacher. In: DIE WELT vom 10. März 1999, S. 12 - welt.de
  • Stephanie Rupp: Der ehemalige China-Korrespondent Ulrich Schmid im NZ-Gespräch. Wer über Tibet schreibt, fliegt raus. In: Nürnberger Zeitung Nr. 184 vom 8. August 2008, S. 6 - NZ
  • Stephanie Rupp: China-Expertin Gudrun Wacker rät im NZ-Gespräch zu respektvoller Kritik. Wenn nationaler Stolz verletzt wird. In: Nürnberger Zeitung Nr. 184 vom 8. August 2008, S. 6 - NZ
  • Dieter W. Rockenmaier: Verstoß gegen den Amtseid. Wulffs Selbstdemontage. In: Nürnberger Zeitung Nr. 1 vom 2. Januar 2012, S. 2 - NZ
  • Sind die Medien noch vierte Gewalt? UNABHÄNGIG. Anzeigen sehen aus wie Artikel, Artikel lesen sich wie Anzeigen. Und die Zeitungen verlieren an Auflage und Einfluß. JA. In: taz vom 10. Mai 2014 - taz.de

Videos

  • Harald Schumann, preisgekrönter Spiegel-TV-Mitarbeiter kündigte und packt aus. Verfaßt am 5. Februar 2014 von ventomobile. In: LIGHT UP BLOG, Investigativer Journalismus zum Thema Psychiatrie und Gesellschaft - ventomobilee.wordpress.com (Beklagt, daß es keine innere Pressefreiheit gibt.)

Querverweise

Netzverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Dolf Sternberger: Die Journalisten im Staatsleben. In: DIE WELT vom 28. Juli 1997, S. 4
  2. Günther von Lojewski: Sind Journalisten bessere Menschen? Die Kontrolleure der Macht geraten selbst außer Kontrolle: Über die Selbstgerechtigkeit der Meinungsmacher. In: DIE WELT 10.März 1999, S. 12

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