Waldemar Vogel

Aus NürnbergWiki
Version vom 27. November 2016, 10:28 Uhr von Manfred Riebe (Diskussion | Beiträge) (Sachartikel: * ⇛ Goldene Bayerische Ehrenamtskarte (Manfred Riebe))

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Waldemar Vogel (* 8. März 1978 in Aktjubinsk, Kasachstan, † 29. August 2011 in Bayreuth) wurde in der Forensik Bayreuth erhängt aufgefunden. Er war ein Zimmerkollege oder -nachbar von Gustl Mollath. [1]

Waldemar Vogel
Foto: privat

Einführung

Waldemar Vogel wurde als „Waldemar Bobrownik“ geboren. Sein Vater Bobrownik war Musiker. Die Mutter Elisabeth Vogel war Lehrerin für Literatur. Als Waldemar sechs Jahre alt war, trennten sich seine Eltern. Der Junge lebte weiter bei der Mutter. Nach vier Jahren heiratete die Mutter wieder. Der Stiefvater war Professor und Doktor der Physik. In Deutschland nahm Waldemar den Namen seiner Mutter „Vogel“ an.

Infolge eines tätlichen Ehestreites wurde Waldemar Vogel in die Psychiatrie eingewiesen. Das forensische Gutachten für Waldemar Vogel hatte im Juli 2011 der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Pantelis Adorf, Leitender Medizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg, erstellt. Pantelis Adorf war auch Gutachter im Fall des Mörders der zwölfjährigen Vanessa Gilg aus Gersthofen, Michael W.. Von dem Augsburger Gericht wurde Adorf am 16. Juli 2012 wegen seines grob fehlerhaften Gutachtens mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden.[2]

„Die Toten von Psychiatrie und Justiz klagen an!“ heißt es auf einem der in Nürnberg bei der Kundgebung am 27. Juli 2013 getragenen Plakate.
Waldemar Vogel gehört zu den Toten der Forensik Bayreuth. Er soll angeblich Selbstmord begangen haben, wie auch andere, die man in der Forensik Bayreuth mit Psychopharmaka und Neuroleptika behandelte.

Vier Tage vor seinem Tod schrieb er auf Russisch einen Brief an seine Mutter, in dem er sie anflehte, ihn aus der Forensik des BKH Bayreuth herauszuholen; denn es sei schlimmer als in einem Gefängnis. Waldemar Vogel ist daher ein wichtiger Zeitzeuge für die Zustände in der Forensik Bayreuth. Dieser Brief wird nachfolgend als Zeugnis veröffentlicht.

Die Journalistin Ursula Prem berichtete über diesen Todesfall. [3]

Elisabeth Vogel ist verzweifelt, weil sie aus Unwissenheit der Unterbringung ihres Sohnes im BKH Bayreuth zugestimmt hatte. Es schmerzt sie auch, daß der Kontakt zu ihrer Enkelin unterbunden wird.

Hilferuf aus dem BKH

Hallo Mutti!

Ich habe Sehnsucht nach Euch allen. Ich bete täglich zu Gott, daß alles gut sein wird. Mutti ich liebe Euch alle. Mir fällt es schwer, und ich leide darunter, daß ich Euch alle nicht sehen kann: Dich, das Kind, die Schwester. Mama, ich habe einen großen Fehler gemacht, was ich angerichtet habe!

Ich befürchte, daß ich nach dem Gericht im Krankenhaus weiter gelassen werde. Es gibt eine solche Vorschrift § 63, bei deren Anwendung der Mensch nicht im Gefängnis sitzen muß und nicht schuldig gesprochen wird, sondern als seelisch krank und deswegen als nicht verantwortlich für seine Handlungen eingestuft wird. Dann bedeutet dies alles den Tod - die solchen Menschen bleiben hier von 5 bis zu mehr als 10 Jahre, 15 Jahre. Dazu gibt es keine Grenzen und die Ärzte sind hier wie Götter. Mütterchen, falls Du mit meinem Anwalt gesprochen hast und sie beide entschieden haben, mich im Krankenhaus zu lassen, bedeutet dies einen großen Fehler. Ich schwöre dies im Gottesnamen. Die Menschen, die hier liegen, kehren selten nach Hause zurück. Dies habe ich persönlich von ihnen in meinen Gesprächen erfahren. Für die Ärzte ist es vorteilhaft und günstig, wenn die Patienten hier lange Zeit bleiben. Glaub mir dies um Gottes willen und um meines Kindes willen. Für mich ist es besser, wenn ich die genau festgelegte Zeit im Gefängnis sitzen werde. Ich werde dann nach der genau bestimmten Zeit freigelassen und nicht unklar wann.

Mutti, während der kürzen Zeit, die ich im Gefängnis war und jetzt im Krankenhaus bin, habe ich vieles erfahren. Aus den unklaren Gründen hat sich mein Anwalt nicht frühzeitig dafür gesorgt und hat mir nicht gesagt, daß ich die Begutachtung ablehnen soll. Die Begutachtung bedeutet, daß eine psychologische Prüfung durchgeführt wird und eine Diagnose festgestellt wird. Dies ist sehr gefährlich. Bei mir wurde eine schlechte Diagnose festgestellt. Ich weiß jetzt nicht, wer rettet mich vor dem Krankenhaus, in dem die Leute lebenslang bleiben. Ich lüge nicht unabhängig davon, was der Rechtsanwalt erzählt hat. Für mich ist es wichtig, daß ich um jeden Preis ins Gefängnis komme und nicht im Krankenhaus bleibe. Ich flehe Dich an.

Mein Rechtsanwalt, den Du beauftragt hast, hat noch keine Vollmacht mir zugeschickt. Die Vollmacht ist ein Dokument, das bestätigt, daß er meine Interessen im Gericht vertritt. Dies ist für das Krankenhaus erforderlich, damit ich mit ihm telefonisch sprechen kann. Erinnere ihn daran.

Mama, auch wenn dies banal klingt, glaub mir, es ist besser im Gefängnis abzusitzen als sich im Krankenhaus aufzuhalten. Hier im Krankenhaus werden die Menschen und ihr Wille gebrochen. Aus den Menschen werden hier Pflanzen gemacht, ihnen werden starke Medikamente jahrelang verabreicht. Glaub mir, glaub mir bitte.

Mein Rechtsanwalt muß mir glauben. Sag ihm , daß er zu mir ins Krankenhaus zum Gespräch kommt. Dies ist sehr und sehr wichtig. Ich möchte, daß eine unabhängige Begutachtung vom unabhängigen Arzt durchgeführt wird. Dies kann das Geld kosten, aber Mutti ohne dies geht es nicht. Ich flehe Dich an, daß der Rechtsanwalt alles mögliches unternehmen muß, um meine Entlassung aus dem Krankenhaus zu erreichen. Die Medikamente kann ich auch im Gefängnis einnehmen. Die Medikamente werden vorgeschrieben und sie werden im Gefängnis von den Wächtern übergeben. Nur nicht das Krankenhaus. Ich weiß nicht, wie dies gefährlich ist.

Ich bereue sehr, was ich angerichtet habe und ich schwöre Dir, daß ich in der Freiheit nur für Dich und mein Kind leben werde, ich werde fürsorglich sein und putzen. Nur nicht Krankenhaus. Bitte!

Wie ist ekelhaft hier. Die psychisch normalen Leute kann man hier mit den Handfingern zählen.
Meine Mutti, wie ich Unrecht in bezug auf Dich, meine Mutter hatte. Gott hilf mir, vergib mir.

Bayreuth, 25.08.2011 Waldemar

Waldemar Vogel-Grab.jpg

Tod

Sein Hilferuf nützte Waldemar Vogel nicht mehr. Vier Tage nach seinem flehentlichen Brief an seine Mutter, fünf Monate nach seiner Unterbringung in der Bayreuther Forensik, wurde er erhängt aufgefunden. Waldemar Vogel wurde in Bamberg beerdigt.

1. Welchen Grund sollte Waldemar Vogel gehabt haben, sich aufzuhängen, obwohl er vier Tage vorher schrieb, er wolle für seine Tochter sorgen?
2. Welchen Grund sollte Waldemar Vogel gehabt haben, sich nackt aufzuhängen? [4]

Strafanzeige

Die Mutter erstattete über RA Christian Beickert, Bamberg, Strafanzeige wegen Mordes. Der Bamberger Oberstaatsanwalt hörte sie nicht an, sondern wies ihr die Tür.
Mit der Veröffentlichung des Briefes ihres Sohnes will sie anderen Justiz- und Psychiatrieopfern helfen.

Leben und Wirken

Schule und Studium

Als Waldemar sieben Jahre alt war, ging er zur Schule. Er hatte keine Probleme und lernte sehr gut. Er schloß die Schule hervorragend ab. Anschließend immatrikulierte er sich an einer Privatuniversität. Er schloß sein Studium mit Erfolg mit einem Diplom „Wirtschaft und Management“ ab.

Ehe und Familie

Als Waldemar 22 Jahre alt war, heiratete er kurz vor der Einwanderung nach Deutschland. Nach einem Jahr kam auch seine Ehefrau nach Deutschland.

Beruf

Waldemar hatte in Deutschland eine Massageausbildung absolviert. Er hatte auch eine Pflegerausbildung für die Altenheime begonnen, die er nach einem Jahr abgeschlossen hätte.

Sport

Seit seinem fünften Lebensjahr trieb Waldemar Gymnastik und Sport. In Deutschland war er weiter sportlich aktiv und nahm an Ringerwettbewerben teil. Er errang viele zweite Plätze und erhielt Urkunden und Auszeichnungen.

Auszeichnungen

Fotogalerie

Auf Grund unzureichender Presseberichterstattung ist vielen die Großkundgebung vom 27. Juli 2013 in Nürnberg für die Freilassung Gustl Mollaths nicht bekannt, die vom Menschenrechtsforum Gustl Mollath‎ zur Herstellung von mehr Öffentlichkeit veranstaltet und im NürnbergWiki dokumentiert wurde. Dabei ging es vielen Teilnehmern auch um andere Justiz- und Psychiatrieopfer, wie man an zahlreichen Plakaten und einer Unterschriftenliste sehen konnte.

Kundgebung des „ Menschenrechtsforums Gustl Mollath‎“ ‎am 27. Juli 2013 in Nürnberg am Tor zur Straße der Menschenrechte

Podiumsdiskussion in Bayreuth

Am Donnerstag, 6. März 2014, organisierte der „Unterstützerkreis Ulvi“ in Bayreuth im Becher-Bräu eine Podiumsdiskussion „Justizopfer in Bayern“. Flugblatt-PDF.

Auf dem Podium berichteten Rudolf Frey über den Fall seines Sohnes Matthias Frey, Gustl Mollath über seine Erfahrungen, Gudrun Rödel über den Fall „ Ulvi Kulac“ und Manfred Riebe, der Betreiber des NürnbergWiki, über den Fall „Alexander Zouras“. In der Diskussionsrunde fragte Riebe Gustl Mollath, ohne einen Namen zu nennen, nach Gefangenen, die in der Forensik Selbstmord begingen. Daraufhin berichtete Gustl Mollath ausführlich über seinen Mitgefangenen Waldemar Vogel.[5]

Die Presse hielt sich, wie schon bei der Kundgebung des Menschenrechtsforums Gustl Mollath für die Freiheit von Gustl Mollath am Samstag, den 27. Juli 2013, in Nürnberg, auffallend zurück, auch der „Nordbayerische Kurier“ schwieg über diese für die Richard-Wagner-Stadt Bayreuth informative Veranstaltung. Immerhin begann kurz darauf ab 10. April 2014 das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Ulvi Kulac. Da gab es einen Andrang wie bei den Bayreuther Festspielen: Über 40 Zeitungen und Agenturen sowie Radio- und Fernsehsender hatten sich in Bayreuth zum „Peggy-Prozeß“ angemeldet, der ja eigentlich ein Ulvi-Kulac-Prozeß ist.
Trotzdem berichtete nur die „Frankenpost“ aus Hof von der Podiumsdiskussion vom 6. März 2014 aus dem Bayreuther Becher-Bräu-Saal. [6]

Literatur

  • Eva Schwenk, Mainz, Dipl.-Psychologin: Fachliche Stellungnahme für Gustl Mollath zu den gutachterlichen Aussagen des Herrn Prof. Dr. med. Norbert Nedopil vom 23. Juli 2014, im Wiederaufnahmeverfahren 6 KLs 151 Js 4111/2013 W17 vor dem Landgericht Regensburg, 6 Seiten - PDFD politplag.de
  • Rosel Zierd Igelin: Kabale und Psychiatrie. In: Igelin.blog.de vom 2. Februar 2010 – http://igelin.blog.de/disp/imprint/ (Rosel Zierd kämpft für die Aufklärung des Mordes an ihrem Sohn Holger Zierd, Forstwirt, in der psychiatrischen Forensik Mühlhausen /Thüringen gefoltert, mißhandeln, vergiftet, verleumdet und am 27. Februar 2011 mit 28 Jahren ermordet.)
  • Ursula Prem: Wider die Zwangspsychiatrie – die Freitagskolumne von Ursula Prem. In: Autorenblog ein-buch-lesen.de, Freitag, 7. Juni 2013 - ein-buch-lesen.de („Was so hochtrabend als Psychiatrie bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit eine Pseudowissenschaft auf schwankendem Boden, die zum Zwecke des Aufspürens von Andersartigkeit am denkbar schmerzhaftesten Punkt ansetzt: der menschlichen Persönlichkeit selbst.“)
  • Ursula Prem: BKH Bayreuth: »Aus den Menschen werden hier Pflanzen gemacht« - in memoriam Waldemar V. In: Autorenblog ein-buch-lesen.de, Freitag, 4. Oktober 2013 - ein-buch-lesen.de
  • ⇛ Joachim Dankbar: Jeder kann der nächste Mollath sein. Eine Veranstaltung in Bayreuth weist darauf hin, dass es noch mehr fragwürdige Fälle gibt. Längst nicht jeder in der Psychiatrie Untergebrachte bekomme eine zweite Chance. In: Frankenpost vom 8. März 2014 - frankenpost.de
  • Paula Wöger, Stefanie Goebel: K.o.-Tropfen: Passt gut auf eure Drinks auf! Nicht nur junge Leute werden Opfer der gefährlichen Substanzen, die nur wenige Stunden nachweisbar sind. In: Nürnberger Nachrichten vom 26. April 2014, S. 8 - NN
  • Patrick Bahners: Unschuldig auf Rikers Island. Es gibt kein Entkommen. Nach mehr als drei Jahren rechtloser Haft hat sich ein junger schwarzer Amerikaner umgebracht. Als Kalief Browder ins Gefängnis auf Rikers Island kam, war er sechzehn. Was ihm geschah, ist unerträgliches Unrecht. In: FAZ vom 10. Juni 2015 - faz.net („Kalief Browder wollte seine Geschichte erzählen, damit anderen nicht dasselbe widerfahre.“)

Videos

  • Der Tod von Holger Z - Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah klagt an. In: Kanal von bpallmann Hochgeladen am 24.12.2011 von Gedankenverbrecher84 - YouTube
  • Podiumsdiskussion: Justizopfer in Bayern. Erstellt am 14.03.2014 von Winston Smith - meinungsverbrechen.de

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Justiz- und Psychiatrieopfer

Netzverweise

  • Unheilige Allianzen zwischen Medizinern und Juristen - Facebook

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Die biographischen Angaben stammen aus einem Lebenslauf, erstellt von Elisabeth Vogel.
  2. * Holger Sabinsky: Vanessa-Prozess. Gutachter aus Prozess geworfen - Plädoyers verschoben. Paukenschlag mit Ansage im Augsburger Vanessa-Prozess: Gutachter Pantelis Adorf wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden. Außerdem wurden die Plädoyers verschoben. In: Augsburger Allgemeine vom 16. Juli 2012 - augsburger-allgemeine.de
    • Hans Holzhaider: Mordfall Vanessa Ein Gutachter blamiert sich vor Gericht. Soll der Mörder der zwölfjährigen Vanessa entlassen werden oder weiter in Sicherungsverwahrung bleiben? Ein Psychiater trägt vor dem Augsburger Gericht sein Gutachten vor. Doch dieses ist nur wenige Seiten lang, voller Fehler - und bringt eine ganze Branche in Verruf. In: Süddeutsche Zeitung vom 16. Juli 2012 - sueddeutsche.de
    • dpa/ahi: Augsburg. Gericht feuert Gutachter im Vanessa-Prozess. Die psychologischen Gutachter im Vanessa-Prozess erfüllen eine wichtige Aufgabe: Sie sollen abschätzen, ob der Mädchen-Mörder rückfällig werden kann. Ein „Experte“ blamierte sich allerdings mächtig. In: Die Welt vom 23. Juli 2012 - welt.de
  3. Ursula Prem: BKH Bayreuth: »Aus den Menschen werden hier Pflanzen gemacht« - in memoriam Waldemar V. In: Autorenblog ein-buch-lesen.de, Freitag, 4. Oktober 2013 - ein-buch-lesen.de
  4. US-Pathologe Simon Barnes: „Ein Suizident zieht sich in aller Regel nicht splitternackend aus, bevor er sich aufhängt.“ Von Glass: Lust ohne Luft. In: Der Spiegel Nr. 49 vom 1. Dezember 1997 - spiegel.de
  5. Podiumsdiskussion: Justizopfer in Bayern. Erstellt am 14.03.2014 von Winston Smith - meinungsverbrechen.de
  6. Joachim Dankbar: Jeder kann der nächste Mollath sein. Eine Veranstaltung in Bayreuth weist darauf hin, dass es noch mehr fragwürdige Fälle gibt. Längst nicht jeder in der Psychiatrie Untergebrachte bekomme eine zweite Chance. In: Frankenpost vom 8. März 2014 - frankenpost.de

Zur Diskussionsseite

Hier geht es zur Diskussion:Waldemar Vogel. An der Diskussion teilnehmen können - wie bei Leserbriefen üblich - nur mit Klarnamen angemeldete Benutzer.