Wolfgang Riedelbauch

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Wolfgang Riedelbauch (* 1939 in Würzburg) ist Künstlerischer Leiter des Dehnberger Hoftheaters, des Fränkischen Kammerorchesters und des Kammerchores Franconia Vocalis und Intendant des „Fränkischen Sommers“.

Wolfgang Riedelbauch
Foto: PR

Leben und Wirken

Ausbildung und Studium

Der gelernte Opernkapellmeister und Musikwissenschaftler Wolfgang Riedelbauch ist mehr als dreißig Jahre in der Chorarbeit tätig. Über das bekannte große Chorrepertoire hinaus gestaltete er über 30 Erst- und Uraufführungen.

Nach seinem Studium (Dirigieren und Klavier sowie Musik- und Theaterwissenschaften) war er unter anderem Musikalischer Assistent der Bayreuther Festspiele, Studienleiter am Stadttheater Regensburg und Assistant Conductor bei den London Classical Players unter Sir Roger Norrington.

Dehnberger Hoftheater

Riedelbauch ist Gründer und Leiter des Dehnberger Hoftheaters in dem 15 Häuser zählenden Dorf Dehnberg, das heute ein Stadtteil von Lauf an der Pegnitz ist. Seit 1976 bot Riedelbauch hier „Kunst zum Anfassen“ an: Musik, Theater, Literatur und Kleinkunst in bunter Folge, 150 mal im Jahr, bei über 20.000 Besuchern. Die Bürger dankten es ihm mit einem Trägerverein mit fast 1.000 Mitgliedern, der die finanzielle Basis bildet. Der nur 70 Zuhörer fassende „Musikstall“, in dem hauptsächlich Kammermusik und Dichterlesungen geboten werden, wurde um das 200 Personen fassende Theater in der Scheune erweitert. Einen wesentlichen Programmanteil hat die klassische Kammermusik. Ein „Dehnberger Hofchor“ bildete sich, der auch an anderen Orten des Landkreises auftrat. Die „Dehnberger Hof-Concertisten“, ein Kammermusikensemble mit Flöte, Oboe, Fagott und Cembalo nahm sich besonders vergessener fränkischer Komponisten an. Professionelle Jazz-Formationen, Pantomimen, Liedermacher, Kabarettisten und Theatergruppen treten in Dehnberg auf. Die wichtigsten fränkischen Autoren haben hier schon gelesen. Ein wesentlicher Teil des Programms ist das fränkische Mundarttheater. Seit 1983 gibt es auch ein Seminar für fränkisches Mundarttheater, das von professionellen Theatermachern geleitet wird.

Wenn Riedelbauch während der Bayreuther Festspielzeit in Bayreuth als Chor-Assistent arbeitete, sprach ihn Wolfgang Wagner gelegentlich mit „Herr Kollege“ an, denn beide leiten als Privatunternehmer ein Theater, das man in Bayreuth und in Dehnberg als Scheune bezeichnet. [1]

Hans-Sachs-Chor Nürnberg

Riedelbauch war seit 1969 Leiter des Hans-Sachs-Chors Nürnberg. In über 32jähriger Arbeit verwandelte er mit seiner Chor- und Opernerfahrung und als dynamischer Musikwissenschaftler den gesellig orientierten „Volkschor Hans Sachs“ zu dem künstlerisch ausgerichteten „Hans Sachs-Chor“. Die Mitgliederzahl stieg auf weit über 200, und das Durchschnittsalter der aktiven Mitglieder verjüngte sich von 50 auf etwa 35 Jahre. Dieser Aufschwung war der umfangreichen Probenarbeit, dem Vermitteln von Musik- und Werkverständnis und einer intensiven Stimmbildung und Chorschule zu verdanken.

Fünfmal wurde Riedelbauch zu den Osterfestspielen in Lourdes verpflichtet. Auf Grund einer Schallplatte mit „Musik der Synagoge“, wie sie in Nürnberg vor dem Krieg gesungen wurde, wurde der Hans-Sachs-Chor zu einer 14-tägigen Konzertreise nach Israel eingeladen. 1983 hatte der Hans-Sachs-Chor fünf Konzerte in Italien sowie den Messias in englischer Sprache in der Basilika in Waldsassen gesungen. Im Jahr 1984 wurde der Hans-Sachs-Chor eingeladen, das Verdi-Requiem in Würzburg) und die Johannes-Passion in Limoges und Thessaloniki zu singen. Zum Jahreswechsel 1999/2000 beendete Wolfgang Riedelbauch seine Arbeit als Künstlerischer Leiter des Hans Sachs-Chors. [2]

Musica Franconia - Musikalische Denkmalpflege

1988 gründete Wolfgang Riedelbauch die jährlich um Christi Himmelfahrt herum stattfindenden Festtage Alter Musik. Seine Absicht war es, „musikalische Denkmalpflege nicht auf das Archivieren der Bestände zu beschränken, sondern sie wieder aufzuführen und Neues zutage zu fördern“. Seitdem finden jährlich Aufführungen von Werken fränkischer Komponisten statt, die zu ihrer Zeit hoch angesehen waren wie z.B. Johann Staden, Johann Philipp Krieger, Johann Georg Pisendel, Leo Haßler, Leonhard Lechner, Johann Pachelbel, Georg Forster oder Caspar Othmayr. Jedes Jahr stehen ein oder mehrere fränkische Komponisten im Mittelpunkt des Festivals. Seit seinem Bestehen fanden mit international renommierten Ensembles rund 90 Konzerte statt und wurden über 150 Kompositionen aufgeführt. Musica Franconia arbeitet zusammen mit den Städtischen Bühnen (1989 'Seelewig', die erste in deutscher Sprache erhaltene Oper), dem Germanischen Nationalmuseum (Instrumentenporträts mit namhaften Solisten), der Stadt Nürnberg (1994 Hans-Sachs-Jubiläum), mit Wissenschaftlern sowie international renommierten Ensembles und Solisten (Hilliard Ensemble, London Baroque, Emma Kirkby, Maggie Faultless). [3]

Intendant des Festivals „Fränkischer Sommer - Musica Franconia“

Anfang 2000 wurde Wolfgang Riedelbauch die Intendanz des Festivals „Fränkischer Sommer - Musica Franconia“ übertragen. Sein Motto: „Das Neueste in der Musik bietet die Alte Musik“ bezieht sich auf den überlieferten großen über tausendjährigen Schatz an Musik. Riedelbauch: „Man denke an den erstaunlichen Facettenreichtum und die ausgeprägte klangliche Individualität der „alten“ Instrumente und an die überraschenden Klangwirkungen, die ihre verschiedenen Kombinationen ergeben.“ Historisch musizieren bedeute, für alle Werke auch die Spieltechniken und ästhetischen Kriterien ihrer Entstehungszeit zu verwenden und zu beachten. [4]

Gründung des Kammerchors Franconia Vocalis

Wolfgang Riedelbauchs Ziel war die Gründung eines überregionalen Kammerchores, der schwerpunktmäßig a cappella Musik aus Franken singen sollte. Im Winter 2000/01 gründete er den Kammerchor Franconia Vocalis. Der Chor setzt sich aus Chorsängern aus dem gesamten mittelfränkischen Raum zusammen.

Wolfgang Riedelbauchs besondere Aufmerksamkeit gilt der fränkischen Musikgeschichte. Deshalb ist er auch Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft für Alte Musik in Bayern. Der Kammerchor Franconia Vocalis singt hauptsächlich - aber nicht ausschließlich - Werke, die zu Franken bzw. Nürnberg in Beziehung stehen und wirkt regelmäßig bei den Festtagen Alter Musik „Musica Franconia“ im Rahmen des Fränkischen Sommers mit. Anläßlich der 950-Jahrfeier der Stadt Nürnberg übernahm Riedelbauch die musikalische Ausgestaltung des Friedensmahls im Alten Rathaussaal der Stadt Nürnberg nach historischen Vorlagen.

Benefizkonzert für die Altstadtfreunde Nürnberg

Am 25. April 2008 veranstaltete Wolfgang Riedelbauch als Dirigent und Moderator in der Egidienkirche Nürnberg und im Pellerhof mit dem Kammerchor Franconia Vocalis ein Benefizkonzert für die Altstadtfreunde Nürnberg zum Wiederaufbau des Pellerhofes am Egidienplatz.

Bartholomäus Viatis ließ das sog. Pellerhaus, Nürnbergs prächtigstes Bürgerhaus mit einem schönen Arkadenhof, von 1602 bis 1605 im Renaissancestil nach Plänen von Jakob Wolff dem Älteren für seinen Schwiegersohn Martin Peller errichten. Das Pellerhaus war eine der Hauptsehenswürdigkeiten Nürnbergs und sein Hof das mitteleuropäische Gegenstück zu den bedeutenden Renaissancehöfen Italiens. Das Pellerhaus wurde 1945 stark zerstört. Nun soll der Pellerhof unter Führung der Altstadtfreunde Nürnberg mit Spendenmitteln wiederaufgebaut werden.

Zum Programm des Pellerhof-Benefizkonzertes gehörten geistliche und weltliche Chorsätze aus fünf Jahrhunderten aus Nürnberg und Franken.

  • Heribert von Eichstätt (Bischof von 1022-1042) [1] [2], Hymnus: Mare, fons ostium (De sancto Willibaldo)
  • Kyrie virginitatis amator inclite (Wolfenbüttel 1, Ende 12. Jh.),
  • Gloria et in terra pax, Oxford c. 60 (um 1290)
  • Surrexit Christus (aus der Handschrift Katharinenkloster Nürnberg 1363)
  • Conrad Rein (um 1475~1522), Inclina Domino (Ps. 85)
  • Wilhelm Breitengraser (um 1495 Nürnberg-1542 ebd.) [3], Benedicta sit
  • Martin Luther (1483-1546) [4], Non Moriar sed vivam (1545)
  • Ave Maria (aus einem Vesperale der Lutherzeit, Wittenberg)
  • Caspar Othmayr (1515-1553 Nürnberg) [5], Ein feste Burg
  • Georg Forster (1514-1568 Nürnberg) [6], Tröst mich, o Herr
  • Hans Leo Hassler (Nürnberg 1564—1612) [7], Agnus Dei aus: Missa octo vocum
  • Johann Erasmus Kindermann (Nürnberg 1616—1655) [8], Fried, wo bist so lang geblieben (aus: Musicalische Friedens Seufftzer, 1642)
  • Christoph Stoltzenberg (1690-1764) [9], Leich-Motetten
  • Karl August Krebs (1804 Nürnberg-1880) [10], Vater unser
  • Louis Lewandowski (1821-1894) [11], Wie ein Hirsch lechtzet nach frischem Wasser...
  • Hugo Distler (Nürnberg 1908—1942) [12], Nürnberger Großes Gloria 1525 (Johann Vogel)

Wertvoll waren die historischen Erläuterungen Riedelbauchs zu den einzelnen historischen Chorsätzen, insbesondere zur unbekannten Nürnberger Musikgeschichte, die zeigten, wie intensiv er sich mit der Entstehungsgeschichte der Werke beschäftigt. Auf die denkmalpflegerische Tätigkeit der Altstadtfreunde Nürnberg anspielend, bezeichnete er sich schmunzelnd als eine Art „Musikarchäologe“, der „musikalische Denkmalpflege“ betreibe. Nach dem geistlichen Teil bot der Kammerchor zum Ausklang des Konzertes nebenan im Pellerhof weltliche Lieder aus der Nürnberger Renaissance dar.

Gesamtausgabe der Vokalwerke Johann Pachelbels

Auf Initiative Wolfgang Riedelbauchs wird am Institut für Musikwissenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg eine Gesamtausgabe der Vokalwerke Johann Pachelbels (1653-1706) vorbereitet. Pachelbels Arien, Motetten, Kantaten und groß besetzte Magnificats sind wenig bekannt. Diese Werke sind überwiegend an Pachelbels hauptsächlichen Wirkungsstätten Erfurt und Nürnberg geschrieben worden und handschriftlich erhalten. [5] Demnächst erscheint der erste von acht Bänden.

Fotogalerie

Türkei-Konzertreise im Herbst 2012 (Fotos: Michaela Moritz).

Auszeichnungen

  • 1980 Wolfram-von-Eschenbach-Förderpreis des Bezirks Mittelfranken
  • 1982 Kulturpreis des Bezirks Mittelfranken
  • 1991 „Medaille d'Honneur“ der Partnerschaft Haute-Vienne, Frankreich/Bezirk Mittelfranken
  • 1992 Medaille Pro Meritis, Bayerisches Kultusministerium
  • 1994 Frankenwürfel, Auszeichnung der drei fränkischen Regierungsbezirke, Verleihung in Neudrossenfeld, Oberfranken [6]
  • 1994 Preis des Kulturfonds der Dr.-Lorenz-von-Tucher-Stiftung
  • 1994 Anerkennungspreis der Bayerischen Volksstiftung
  • 2005 Bundesverdienstkreuz am Bande
  • 2006 Bayerische Verfassungsmedaille in Silber [7]
  • 2011 „Künstler des Monats“ Juli 2011 der Metropolregion Nürnberg
  • 2012 Kulturpreis der Stadt Nürnberg

Veröffentlichungen

  • Fluchtburg Dehnberg. In: Verein Dehnberger Hof Theater (Hrsg.): 15 Jahre sind kein Jubiläum. Das Dehnberger Hof Theater macht weiter. Lauf an der Pegnitz: Fahner-Druck, [1991], [40] S.; hier: S. 3
  • Einführung zu Johann Philipp Krieger (1649 Nürnberg-1725 Weißenfels), Georg Wilhelm Gruber (1729 in Nürnberg-1796 in Nürnberg) und Ernst Johann Benedikt Lang (1749 in Ilmenau-1785 in Nürnberg) für das Festkonzert für Johann Philipp Krieger am 3. Juni 1999 anläßlich der 12. Internationalen Festtage Alter Musik, Musica Franconia, 3.-6. Juni 1999 in Nürnberg, S. 4-6

Literatur

  • Wolfgang Riedelbauch, Förderpreis 1980. In: Bezirk Mittelfranken (Hrsg.): 10 Jahre Wolfram-von-Eschenbach-Preis 1980 – 1990. Ansbach: Hercynia, 1990, S. 14 f.
  • Markus Paul: Oper im Herzen, Wind im Gesicht. Über den Macher des Dehnberger Hoftheaters. Fotos: Martin Barth, Markus Paul. In: NZ-Geschichten. Außergewöhnliche Reportagen aus Franken. Eine Auswahl von Veröffentlichungen aus den Jahren 2001 und 2002. Nürnberg: Nordbayerische Verlagsgesellschaft mbH, 2002, S. 5-11 [Aus: Nürnberger Zeitung vom 21. Juli 2001]

Presse

  • Interview mit Wolfgang Riedelbauch. In: Bayern 2 am Sonntag, 27. Mai 2007
  • gja: In den Lenz mit Spitzweg. In: Pegnitz-Zeitung / Der Bote vom 15. April 2009 - N-Land.de
  • as [= Andreas Sichelstiel]: Dehnberg: Trauer um Wolfgang Wagner. In: Pegnitz-Zeitung vom 22. März 2010 - PZ
  • Andreas Sichelstiel: Fränkischer Sommer. Intendant Riedelbauch wird der Rücken gestärkt. In: Nürnberger Zeitung Nr. 136 vom 17. Juni 2010, S. 17 - NZ
  • Das Forum Kultur der Metropolregion Nürnberg kürt Wolfgang Riedelbauch zum „Künstler des Monats“ Juli 2011. In: Europäische Metropolregion Nürnberg, Pressemitteilung Nr. 23 vom 11. Juli 2011 - PDF metropolregionnuernberg.de
  • alf [= Alexandra Foghammar]: Wolfgang Riedelbauch, Preise für Kunst und Wissenschaft 2012. In: Nachrichten aus dem Rathaus Nr. 691 / 25. Juli 2012 - nuernberg.de
  • NN: Wolfgang Riedelbauch erhält Kulturpreis. Stadt Nürnberg ehrt den Musiker und Festspielleiter für sein Lebenswerk. In: Nürnberger Nachrichten vom 26. Juli 2012, S. 8
  • Karin Jungkunz: Der musikalische Denkmalpfleger. Wolfgang Riedelbauch will noch viele Pläne verwirklichen. In: Sechsundsechzig, Ausgabe 4, November 2105, S. 24 f.

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Kammerchor Franconia Vocalis e.V. - im Netz
  • Viola und Wolfgang Riedelbauch und der erweiterte Vorstand des Dehnberger Hoftheaters (Fotos). Die Möbelmacher - im Netz
  • Wolfgang Riedelbauch, Künstlerischer Leiter des Kammerchors Franconia Vocalis - im Netz
  • Wolfgang Riedelbauch, Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft für Alte Musik in Bayern - im Netz

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Riedelbauch, Förderpreis 1980. In: Bezirk Mittelfranken (Hrsg.): 10 Jahre Wolfram-von-Eschenbach-Preis 1980 – 1990. Ansbach: Hercynia, 1990, S. 15
  2. Margit Felscher: Mehr als 100 Jahre Hans Sachs-Chor (Über uns – Geschichte) - im Netz
  3. Musica Franconia. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - Stadtlexikon Nürnberg
  4. Wolfgang Riedelbauch, Intendant Fränkischer Sommer - Musica Franconia: Grußwort des Intendanten - im Netz
  5. * Gesamtausgabe der Vokalwerke Johann Pachelbels, uni-protokolle.de vom 24. Oktober 2005 - im Netz
    • Hrsg.: Wolfgang Hirschmann, Thomas Röder, Katharina Larissa Paech im Bärenreiter-Verlag - im Netz
  6. Frankenwürfel - Wikipedia
  7. Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande und der Bayerischen Verfassungsmedaille - im Netz

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