Alfred Raab

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Alfred Raab (* 4. November 1925 in Nürnberg, † 3. März 2012 in Nürnberg) war ein Diplom-Handelslehrer, der an weiterführenden Schulen der Stadt Nürnberg tätig war. Er war langjähriger Film- und Fernsehkritiker der „Nürnberger Nachrichten“ und Mundartautor. Er lebte im Nürnberger Stadtteil Ziegelstein.

Alfred Raab als Goethe

Aus dem Leben

Jugend, Ausbildung und Wehrmacht

Alfred Raab wurde im Stadtteil Ziegelstein geboren Seine Eltern zogen in den 30er Jahren von Ziegelstein nach St. Johannis um, wo er am Kirchenweg aufwuchs. Später zog die Familie nach Maxfeld um. Noch später lebten sie wieder in Ziegelstein.

Alfred Raab besuchte die Volksschule im Bieling-Schulhaus und dann die „Städtische Höhere Handelsschule und Wirtschaftsoberschule für Knaben“ (heute: Johannes-Scharrer-Gymnasium).

Mit 15 Jahren war er einer der Statisten am Nürnberger Schauspielhaus. Doch weitere Bühnenpläne fielen dem Krieg zum Opfer. 1943 wurde der 18jährige Gymnasiast von der Schule zur Wehrmacht, den Panzerjägern in Straubing, eingezogen und war an der Ostfront, als im Januar 1945 das Abitur stattfand. Im Januar 1945 wurde er in Polen durch einen Granatsplitter an der Hüfte verwundet und war zwei Monate vom 1. Februar bis 31. März im Lazarett. [1]

Studium und Berufstätigkeiten

Nach Kriegsende und der Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft besuchte Raab, der schon als Jugendlicher Schauspieler werden wollte, von 1945 bis 1948 die Schauspielschule von Jutta Versen. Gleichzeitig bereitete er sich in einem Sonderlehrgang für Frontsoldaten auf das Abitur vor, das er im Sommer 1946 an der „Städtischen Höheren Handelsschule mit Wirtschaftsoberschule für Knaben“ bestand.

Zu seinen Rollen in der Nachkriegszeit gehörten der Part des Peter Peter in der Komödie „Ingeborg“ von Curt Goetz und zwei kleine Rollen in der Wiener Operette „Also fahr’ ma Euer Gnaden. Die Währungsreform ließ seinen Bühnentraum scheitern; denn nun fehlte Raab das Geld für eine Fortsetzung der schauspielerischen Ausbildung. Er entschied sich, Lehrer zu werden, und studierte Englisch und Französisch an der Universität Erlangen. Anschließend studierte er in Nürnberg an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Erlangen-Nürnberg. Dort hörte er vormittags Vorlesungen. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er von 14 bis 22 Uhr als Dolmetscher, Bibliothekar und Übersetzer bei den Amerikanern. Er schloß sein Studium an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit dem Diplom-Handelslehrer-Examen ab.

Danach unterrichtete er 33 Jahre von 1955 bis 1988 an drei städtischen weiterführenden Nürnberger Schulen, anfangs in den kaufmännischen Fächern, später in den Fächern Deutsch und Englisch. Zuletzt war er am Stadtpark an der Berufsaufbauschule am Berufsbildungszentrum Nürnberg, Äußere Bayreuther Straße 8, tätig. Während seiner Unterrichtsarbeit hatte er etliche Schüleraufführungen inszeniert, darunter kurze Stücke von Bertolt Brecht.

Familie

Alfred Raab heiratete 1950 seine Frau Herta. Er hat eine Tochter, die ebenfalls Lehrerin wurde, und zwei Enkel.

Volksbildner, Spracharbeiter und Sprachpfleger

Der Filmklub Nürnberg e.V.

Der Film-Fan Alfred Raab gründete 1951 gemeinsam mit Professoren und Studenten den Filmklub Nürnberg e.V. Seit 1953 bis heute war und ist Raab Geschäftsführer des Filmklubs Nürnberg. Zu den Mitgliedern gehörte seinerzeit auch Gerhard Mammel, der Leiter der Volkshochschule Nürnberg. Der Filmklub Nürnberg wurde im Herbst 2008 im Vereinsregister gelöscht.

Der Film- und Fernsehkritiker

Raab gehört zu den ersten Lesern der von Joseph E. Drexel im Oktober 1945 gegründeten Nürnberger Nachrichten. Raab schrieb für die Fernsehseite der Nürnberger Nachrichten unter dem Kürzel „rab“ von 1953 bis 2001 einmal in der Woche Film- und Fernsehkritiken.

Dozent an Sprachschulen

Nebenberuflich war Raab Leiter von Dolmetscherkursen, Lehrer an der Atlas-Sprachschule und ab 1958 außerdem Dozent an der Volkshochschule bzw. am Bildungszentrum Nürnberg, wo er Deutsch, Englisch und Esperanto unterrichtete, und am Pädagogischen Institut. Aus den Erfahrungen seiner Unterrichtstätigkeit und der Spracharbeit an Fortbildungseinrichtungen gingen verschiedene Lehrbücher hervor.

Mundartautor

Alfred Raab verlegte sich seit seiner Pensionierung auf Übersetzungen von Klassikern in die Nürnberger Mundart.

Bereits als Zwölfjähriger lernte Raab Goethes „Faust“ in vielen Passagen auswendig. Aber der Frage, ob man den „Faust“ ins Nürnbergerische übertragen könne, ging Raab erst Anfang 1989 nach seiner Pensionierung nach. Er übersetzte als erster den „Faust“ ins Fränkische. Drei Monate später stand die erste Fassung, ein Jahr später, 1990, erschien sein Buch „Unsä Göte“ im Nürnberger Verlag Albert Hofmann. Später folgten eine Hörspielausgabe und eine Fünf-Minuten-Version für das Literaturtelefon. Der Bayerische Rundfunk, Nürnberg, Wallensteinstraße, brachte „Unsä Göte“ am Ostermontag, den 16. April 1990.

Seit den 90er Jahren stellt Raab seine „Nämbercher“ Faust-Version vor, kontrastiert durch die Fassung des Malers Toni Burghart und ergänzt durch „rechtliche Aspekte“ in Goethes Hauptwerk, über die sich Stadtrechtsdirektor Hartmut Frommer Gedanken machte. Anschließend übersetzte Raab auch den „Struwwelpeter“ und „Max und Moritz“.

Im Max-und-Moritz-Jubeljahr 1990 übertrug er die Lausbubengeschichte „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch ins Fränkische. Auf Anregung des Kölner Universitätsprofessors Manfred Görlach, der Fassungen von „Max und Moritz" in allen deutschen Mundarten herausgeben wollte, [2] übersetzte Raab die Geschichte 1997 neu. Das Ergebnis veröffentlichte die „NZ am Wochenende“.

Für das Schillerjahr 2005 bereitete Raab die sprachliche Gestaltung von Schillers Die Glocke vor. Da er als Schauspielschüler und erfahrener Lehrer das Rezitieren gewöhnt ist, war und ist er auch gern zu Lesungen bereit und trug sein Gedicht bei einer Veranstaltung des „Pegnesischen Blumenordens“ am 19. September 2005, im Künstlerhaus K4 vor.

Alfred Raab nahm auch teil an der Veranstaltungsreihe „Goethe lebt!“ So las er z.B. am 18. September 2007 im Theater fifty-fifty in Erlangen seinen Faust I auf Fränkisch. Sprecher war Michael Nowack (Stadttheater Nürnberg).

Am 20. Oktober 2006 las Raab mit Günter Stössel in der Galerie Röver, in Nürnberg, Großweidenmühlstraße 19, aus Wilhelm Buschs „Fromme Helene“. Alfred Raab las den Text original, Günter Stössel in Mundart.

Der „Orto-Berater“

Als Sprachlehrer interessierte sich Raab für die Rechtschreibreform von 1996. Bald nach dem Erscheinen der neuen Wörterbücher, im August 1996 erschien der neue Duden, hatte er sich ein erstes Bild gemacht und kündigte im „Plärrer“ vom September 1996 an, er halte ab 15. Oktober 1996 im Bildungszentrum Nürnberg einen Kurs zur Rechtschreibreform.

Im Januar 1997 befürwortete er im „Plärrer“ als „Ortoberater“ die Reform grundsätzlich. Allerdings wahrte er eine kritische Distanz. Im Gegensatz zu seiner These, es gebe keine Verhunzung der Sprache, meinte Raab, die Kritik richte sich gegen häufigeres Getrenntschreiben (sitzen bleiben, ausnahmslos getrennt). Man müsse nicht jeden Unfug mitmachen: „Schreiben wir doch weiterhin kennenlernen zusammen! Die Ortobosse werden nachgeben müssen. Wir sind das Rechtschreibvolk!“ Damit behielt er recht, wie die folgenden Reformen der Reform bis 2006 es zeigten.

Nachdem Raab sich auch im „Plärrer“ als „Ortoberater“ profiliert hatte, hielt er nun für verschiedene Auftraggeber Seminare zur Einführung der neuen Rechtschreibung.

Aber Alfred Raab besuchte auch Vorträge von Kritikern der Rechtschreibreform, um sich fortzubilden. So besuchte er Vorträge des Erlanger Sprachwissenschaftlers Professor Theodor Ickler, so etwa im Juni 1997 in den Räumen des Pädagogischen Instituts auf der Insel Schütt und am 10. April 2000 beim Pegnesischen Blumenorden. Raab nahm auch an einem Vortrag von Friedrich Denk teil, der am Sonntag, den 6. Juli 1997, in Nürnberg im Haus Museum, Campestr. 10, stattfand. Zu diesem Vortrag hatte Reinhard Knodt für den Deutschen Schriftstellerverband im Vorfeld der Nürnberger Autorengespräche eingeladen. Knodt hatte Studiendirektor Friedrich Denk in seiner Einladung als den „prominentesten Gegner und zugleich brillianten Kritiker der Rechtschreibreform“ angekündigt.

Alfred Raabs Schlagwort: „Wir sind das Rechtschreibvolk!“ machte Eindruck auf eine Berliner Bürgerinitiative gegen die Rechtschreibreform. Sie taufte sich Berliner Bürgerinitiative „Wir sind das Rechtschreibvolk!

Als sich im August 1999 der größte Teil der Presse auf die neue Presseorthographie der Nachrichtenagenturen umstellte, war Raab ein gefragter Mann. Er vermittelte Journalisten der Nürnberger Nachrichten sowie Mitarbeitern der Stadt Nürnberg und anderer Unternehmen die neuen Regeln.

Sprachpfleger des Pegnesischen Blumenordens

2004 wurde Raab in den „Pegnesischen Blumenorden“ gewählt und leitet seit 28. Januar 2004 als Ordensrat für die Sprachpflege den Sprachpflegeausschuß des Blumenordens. Dort befaßt man sich in den Sitzungen, an denen u.a. auch Günter Stössel teilnimmt, nicht nur allgemein mit Sprachkritik, sondern insbesondere auch mit Denglisch und der Rechtschreibreform. Alfred Raab stellte im Februar 2009 sein Amt als Ordensrat für Sprachpflege aus Altersgründen zur Verfügung. Auf seine Anregung wurde am 18. Februar 2009 Thomas Paulwitz als sein Nachfolger zum Ordensrat für Sprachpflege gewählt.

Ehrung

2004 Wahl in den Pegnesischen Blumenorden

Publikationen

  • 1000 Sätze Englisch. Ein neuartiges Übungsbuch mit 50 Anfänger-Lektionen für Schulen und zum Selbstunterricht. Nürnberg: Serz, 1959, 64 S.
  • Englisch. Nürnberg: rab-Verlag
    • Englisch macht Spaß. 1962, 13 Bl.
    • Wir üben Englisch. 2. Auflage, 1967, 22 S.
  • Wie lernt man Englisch? Leitfaden für Schüler Höherer und Mittlerer Schulen und für Schülereltern. München: Manz, 1965, 60 S. (Wir und die Schule; Band 9)
  • Homophone der deutschen Sprache. Gesammelt und hrsg. von Alfred Raab. Nürnberg: rab-Verlag, 1971, 19 S. [3]
  • Pflichtwortschatz für Berufsaufbauschulen - 2500 Grundwörter. Ausgewählt und hrsg. von Alfred Raab. Nürnberg: Auxilium-Verlag, 1972, 56 S., ISBN 3-920092-53-8
  • Unsä Göte. Dä Faust und nu mehr Gwärch vom Göte in dä Närmbercher Mundort. Umschlaggestaltung und Illustrationen von Theo Scherzer. Nürnberg: Verlag A. Hofmann, 1990, Auslieferung an den Buchhandel: Edelmann, Nürnberg, 95 S., ISBN 3-87191-150-X
  • Die Weihnachtsgschicht vom Lukas. In: Walter Sauer (Hrsg.): Die Weihnachtsgeschichte in deutschen Dialekten. Husum: Husum-Druck- und Verlags-Gesellschaft, 1993, 198 S., ISBN 3-88042-656-2 (Husum-Taschenbuch), S. 155
  • Dä Struwlbeda oda Büldla, däi wou fei oardli sin, vom Dr. Heinrich Hoffmann in die Nämbercher Mundoard iwadrong vom Alfred Raab. [Hrsg. von G. H. Herzog und Alfred Raab]. 2., verbesserte Auflage. Frankfurt am Main: Sinemis, 1995, 32 S., ISBN 3-921345-06-5
  • Keine Kastastrofe!! Das Schreib-STÜCK DES MONATS. In: Plärrer, September 1996, S. 178 [„Der Verfasser hält ab 15. Oktober 1996 am Bildungszentrum einen Kurs zur Rechtschreibreform.“]
  • Wird das Sprach-Gold versilbert? Der Ortoberater hat das Wort. In: Plärrer Nr. 1, Januar 1997, S. 112 [Der Artikel ist unterzeichnet: „Alfred Raab, Rechtschreib-Dozent am BZ“.]
  • Max und Moritz. Juxgschichtn vo zwa berihmte Lausa vom Wilhelm Busch. In di Nämbercha Mundoart iwatrong vom Alfred Raab. In: Nürnberger Zeitung Nr. 152 vom Samstag, 5. Juli 1997, NZ am Wochenende, S. 10 [Neufassung für Universitätsprofessor Manfred Görlach, Köln]
  • Viel Orto um nichts (Ein humoristischer Reflex auf Prof. Dr. Icklers Vortrag am 10. April 2000). In: Mitteilungen des Pegnesischen Blumenordens Nr. 28, Juni 2000 – im Netz

Literatur

  • Neues Programm des Bildungszentrums auf der Höhe der Zeit: „Orthografie als Verdrusssache“. In: Nürnberger Zeitung vom 12.Januar 1999, S. 10
  • Filmkritiker blickt zurück. Dienstlich vor der Glotze. Alfred Raab urteilte seit den 70er Jahren über Sendungen. Interview: c.s. [= Claudine Stauber]. In: Nürnberger Nachrichten vom 30. Januar 2003
  • Horst Mayer: Der Vater des fränkischen „Faust“. Der Mundartautor und Studiendirektor Alfred Raab feiert seinen 80. Geburtstag. WIE GEHT ES IHNEN, HERR RAAB? In: Nürnberger Nachrichten vom 17. September 2005, Nürnberg Extra, S. 1
  • Alfred Raab, Studiendirektor i.R., * 4. 11. 1925, † 3. 3. 2012 - Traueranzeige. In: Nürnberger Zeitung Nr. 59 vom 10. März 2012, S. 28

Querverweise

Netzverweise

  • StD i.R. Alfred Raab, † 3. März 2012, Nachruf. In: Nachrichten des Blumenordens für Mitglieder - blumenorden.de
  • Alfred Raab als junger Bursche auf dem Christkindlesmarkt von 1938. In: Fränkischer Kurier, 1938 - im Netz
  • Alfred Raab bei der Wahl in den Pegnesischen Blumenorden - im Netz
  • Wahl zum Vorsitzenden des Sprachpflegeausschusses am 28. Januar 2004 - im Netz
  • Liste der Mitglieder des Pegnesischen Blumenordens - Wikipedia
  • Wir sind das Rechtschreibvolk! - im Netz
  • Gesinnungsfreund Alfred Raab aus Nürnberg präsentiert „Faust“ auf fränkisch. Esperanto-Gruppe Erlangen - im Netz

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Diese Biographie baut auf den beiden Interviews auf, die 2003 und 2005 in den Nürnberger Nachrichten erschienen. Für ergänzende Informationen danke ich Alfred Raab. Manfred Riebe
  2. * Wilhelm Busch: Max und Moritz in neun Dialekten. Hrsg. Von Manfred Görlach. Ditzingen: Reclam-Taschenbuch, Juli 2001
    * Wilhelm Busch: Max und Moritz mundartgerecht: plattdeutsch, berlinisch, sächsisch, thüringisch, kölsch, hessisch, schwäbisch, bairisch, wienerisch, züridütsch. Hrsg. Von Manfred Görlach. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, Dezember 2007
  3. Homophone sind alle Wörter und Ausdrücke, die bei völlig gleicher Aussprache verschieden geschrieben werden und verschiedene Bedeutung haben.