Märchen der Rechtschreibreform (Wolfgang Illauer)

Aus NürnbergWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der Artikel Märchen der Rechtschreibreform (Wolfgang Illauer) stand zuerst am 17. September 2004 im Rechtschreibforum der Süddeutschen Zeitung.

Vorbemerkung

Dies ist ein Schlüsselartikel. Der Artikel Wolfgang Illauers stand im Rechtschreib-Forum der Süddeutschen Zeitung im Strang: „Schüler als Leidtragende?“ [1] Er enthält den Kernsatz von StD Wolfgang Illauer: „Die Schüler würden die Rückumstellung kaum bemerken.“ [2]

Ich habe in den Text weiterführende Netzverweise (Links) gestellt. Manfred Riebe

Artikel

Märchen der Rechtschreibreform
Von Wolfgang Illauer

Es gibt viel Hohn und Polemik gegen die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Frau Karin Pfeiffer-Stolz kann ein Lied davon singen! [Stolz-Schulbuchverlag - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=363 vrs-ev.de/forum] Die spottenden Reformbefürworter haben aber leider sehr wenig Ahnung von den Fakten. Sie berufen sich immer auch auf die Schule: Die Reform könne und dürfe nicht zurückgenommen werden, da es sonst an den Schulen ein Chaos gebe; eine Rücknahme der Reform sei den Schülern auf keinen Fall zumutbar.

Deshalb möchte ich mich als Schulpraktiker äußern (eben pensionierter Gymnasiallehrer mit der Fächerverbindung Latein, Griechisch, Deutsch und Ethik) und einige Fakten liefern, die vielleicht noch nicht oder nicht nachdrücklich genug dargestellt wurden. Ich möchte mit einigen Märchen aufräumen, die von der Mehrheit der Deutschen, sogar wenn sie die alte Rechtschreibung bevorzugen, geglaubt werden.

Hier die Darstellung von Fakten, die in der hektischen Diskussion meist untergehen und die den meisten Leuten zum Teil völlig unbekannt sind:

Als erstes ist festzuhalten: Die Entscheidung einiger deutscher Zeitungen zum „Aufstand“ gegen die Reform ist unbedingt richtig und notwendig; denn die neue Schreibweise ist schlechter als die traditionelle, weil sie unschärfer abbildet, Zweideutigkeiten schafft, weniger Informationen bietet zu Sinn und Aussprache. Peter von Matt in der NZZ vom 14./15. August: „Da (..) massiv in den Wortschatz eingegriffen, Wörter zerstört und nicht ersetzbare Wortverbindungen verboten wurden, kam es zum Aufstand“ - [ http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2290#2290 ]. Gustav Seibt spricht in der Süddeutschen Zeitung von einem „absurden Angriff auf den deutschen Wortschatz“.

Die Gegner der Reform sind in der Regel keine dummen, nicht mehr lernfähigen Alten, die aus lauter Bequemlichkeit das Neue ablehnen (solche gibt es natürlich auch; man erkennt sie an ihrer schwachen Argumentation), sondern es sind Leute, die sich intensiv mit der reformierten Schreibweise beschäftigt haben (als Reformgegner kennen sie das Neue besser als die meisten Befürworter) und die es für ihre Pflicht halten, Widerstand zu leisten, einer besseren Rechtschreibung und nicht zuletzt dem gesunden Menschenverstand zum Sieg zu verhelfen.

Es war ein unerhörter, skandalöser Vorgang, wie da von den Kultusministern falsche Etymologien, grammatikalisch falsche Schreibungen, absurde Regeln der Zusammen- und Getrenntschreibung durchgesetzt wurden, und das unter anderem mit der unverfrorenen Propagandalüge, die Rechtschreibfehler der Schüler würden sich halbieren! [ http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=511 ]. Die Zeitungen sahen sich genötigt, so zu schreiben, wie man in der Schule schreibt: Die Schüler wurden als Geiseln genommen, und die Zeitungen wurden erpreßt.

Und wie ging man mit Lehrern um, die Zivilcourage zeigten? Hierzu ein Beispiel: Ein Lehrer hatte dem bayerischen Kultusministerium erklärt, er könne die Reform nicht unterrichten aufgrund seines Wissens und Gewissens. Daraufhin bekam er von der Regierung Unterfrankens die folgende Antwort: „Diese Erklärung steht im Gegensatz zu Ihrer sich aus dem Wesen des Beamtenverhältnisses als Dienst- und Treueverhältnis ergebenden Pflicht, sich bei Ihrer Amtsausübung den Richtlinien der Politik der parlamentarisch verantwortlichen Staatsregierung einzuordnen, und zwar auch dann, wenn sie Ihrer Überzeugung nicht entsprechen. Ihre Loyalität verlangt, dass Sie alle rechtmäßigen Weisungen der staatlichen Schulaufsicht befolgen und Sie es unterlassen, eigene, von den staatlichen Vorgaben abweichende Ansichten im Schuldienst zur Geltung zu bringen.“ Zum unsäglichen letzten Satz bemerke ich: Man muß Frau Grammatica mehr gehorchen als der Frau Kultusministerin. Von einer „rechtmäßigen Weisung“ kann natürlich auch nicht die Rede sein: Die Kultusminister überschreiten ihre Kompetenz und machen sich zugleich lächerlich, wenn sie das Unterrichten grammatikalisch und etymologisch falscher Neuschreibungen befehlen! Ebensowenig können sie einem Biologielehrer befehlen, er müsse in Zukunft unterrichten, daß kein Unterschied sei zwischen Hasen und Kaninchen.

Ich möchte jetzt (und das ist die Hauptabsicht dieses Beitrags) eingehen auf ein Argument der Reformbefürworter, das die meisten Leute sehr beeindruckt, weil es scheinbar äußerst gewichtig ist - auch viele Journalisten und viele Politiker, Ministerpräsidenten und Kultusminister, wiederholen es unablässig und mit ernster Miene: Den Schülern – sie hätten die neuen Regeln problemlos gelernt - sei eine Zurücknahme der Reform einfach nicht zuzumuten. Eine solche Umstellung stürze die Kinder in große Verwirrung.

Das Argument ist nichtig. Es kann nur Leute beeindrucken, die vom Rechtschreibunterricht in der Schule und von den wirklichen Problemen dieses Unterrichts nicht die geringste Ahnung haben. Nun glauben aber Millionen Zeitungsleser (sie sind keine Deutschlehrer, haben sich nie intensiver befaßt mit Dingen der Rechtschreibung, kennen natürlich die wirklichen Probleme des Rechtschreibunterrichts nicht) an die Stichhaltigkeit dieses Arguments. Aufklärung von seiten der Unterrichtspraxis ist deshalb dringend erforderlich.

Richtig ist folgendes: Die Schüler würden die Rückumstellung kaum bemerken. Sie wäre ganz nebenbei und völlig problemlos zu bewerkstelligen. Warum?

Weil die beiden Rechtschreibungen, wenn man absieht von der neuen ss-Schreibung, zu mehr als 99 Prozent identisch sind (von hundert Wörtern eines Aufsatzes werden also 99 Wörter geschrieben wie bisher). Jeder kann den Test machen. Ich nehme den Leitartikel der Augsburger Allgemeinen vom 6. September 2004 („Neue Schlappe für die SPD). Bei 435 Wörtern gibt es nur einen einzigen Unterschied zwischen alter und neuer Rechtschreibung (wenn man absieht vom neuen ss): statt „liegen ließ“ schrieb man früher „liegenließ“; es gibt nur zwei neue ss-Schreibungen: musste, dass.

Warum wäre die Rückumstellung zur traditionellen ß/ss-Schreibung (die neue ss-Schreibung umfaßt 90 Prozent der Änderungen!) spielend leicht und ohne jedes Problem sehr schnell möglich? Weil sich der Schüler im wesentlichen nur folgendes merken muß: Am Wortende (auch nach dem ersten Bestandteil bei zusammengesetzten Wörtern) schreiben wir statt ss scharfes ß (muss > muß, Flussufer > Flußufer), vor Mitlaut (z.B. vor l oder t) schreiben wir statt ss scharfes ß (musste > mußte). Sonst ß wie bisher, ss wie bisher. Schüler mit durchschnittlichem Auffassungsvermögen begreifen das in wenigen Minuten,. (Nebenbei bemerkt: man sollte vor allem aus diesen Gründen zur bewährten ß/ss -Schreibung zurückkehren: eine kleine Platzersparnis durch weniger aufgeschwemmte Texte; Vermeidung des überaus häßlichen, ständig unangenehm ins Auge springenden ss / sss. ß ist außerdem eine sehr wertvolle optische Leseerleichterung, auf die man nicht verzichten sollte! [Siehe dazu Horst Haider Munske - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2309#2309 -]. Gustav Seibt spricht in der Süddeutschen Zeitung von einer „Boje mit Fähnchen“. )

Warum wäre auch die Rückumstellung der anderen Reformbereiche (wohlgemerkt kaum ein Prozent!) nicht das allergeringste Problem? Weil man einige Änderungen aus dem Bereich dieses einen Prozents sogar beibehalten kann und weil dieses eine Prozent de facto gar nicht Schulstoff ist! Der Schüler hat es (mit kleinen Ausnahmen) gar nicht gelernt. Er hat nur ganz wenige, völlig unbedeutende Kleinigkeiten gelernt (z. B. Stängel, Gämse, Schifffahrt, Gräuel, „Komma vor „und“ und vor erweitertem Infinitiv darf weggelassen werden“...). In der Grundschule sind das ganze drei oder vier Wörter! Also braucht er fast nichts umzulernen! Die paar Neuschreibungen wird der Lehrer natürlich tolerieren und, soweit nötig und sinnvoll, im Lauf der Zeit behutsam durch die besseren traditionellen Schreibungen ersetzen.

Entscheidend für die Rechtschreibleistungen eines Schülers sind ausschließlich die den beiden Schreibungen gemeinsamen 99 Prozent. Wer’ s nicht glaubt, kann sich im Internet informieren: unter

http://www.rechtschreibung.com/Seiten2/Wissenschaft/001Untersuchung.html

http://www.rechtschreibung.com/Seiten2/Wissenschaft/002Untersuchung.html

http://www.rechtschreibung.com/Seiten2/Wissenschaft/003Untersuchung.html [3]

findet er alle Rechtschreibfehler von 90 Schüleraufsätzen aufgelistet. Er wird dann erkennen, wie belanglos es ist, ob wir in der Schule nach den alten oder nach den neuen Regeln schreiben. Und er weiß dann, worin die wirklichen Sorgen der Deutschlehrer bestehen.

Warum aber ist das knappe Prozent der Unterschiede (mit wenigen Ausnahmen) nicht Schulstoff? Warum kann, ja muß es der Lehrer fast völlig vernachlässigen? Weil es sich hierbei um Spitzfindigkeiten aller Art, um komplizierte, sogar unter Wissenschaftlern umstrittene Probleme der Groß- und Kleinschreibung, der Getrennt- und Zusammenschreibung handelt. Der Deutschlehrer hat keine Zeit für so etwas, auch keine Zeit für schwierige Variationen der Worttrennung, die übrigens in der Praxis des Unterrichts kaum eine Rolle spielt: Die Schüler trennen ungern, und wenn sie falsch trennen, dann so falsch, daß es ein Fehler ist sowohl nach der neuen als auch nach der alten Schreibweise. Der Deutschlehrer hat wahrhaft andere Sorgen. Beispiel: den Kürzeren ziehen. Ob ein Schüler schreibt „den Kürzeren ziehen“ oder „den kürzeren ziehen“, „in Bezug auf“ oder „in bezug auf“, „beim Alten lassen“ oder „beim alten lassen“, ist dem korrigierenden Lehrer, wenn er keine krankhafter Pedant ist, der nicht mehr unterscheiden kann zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, egal. Er wird solche Dinge nicht zum Unterrichtsstoff machen, er wird sie vielleicht kurz erwähnen, er wird sie ausbessern, aber er wird nie einen Fehler rechnen. Manchmal weiß er es selber nicht. Der Stoff dieses einen Prozents ist viel zu wirr, viel zu kompliziert. Die Deutschlehrer haben, wie gesagt, andere Probleme, etwa mit solchen Schreibungen: denn kürtzeren zihen, in Betzuhg auf, beim allten lasen...

Wenn nun manche Lehrer und von ihnen beeinflußte Schüler behaupten, man habe die neuen Regeln gelernt, diese Regeln seien klar und einfach, man beherrsche jetzt die neue Rechtschreibung und man wolle auf diesen Fortschritt nicht verzichten und auf keinen Fall umlernen, dann ist das schlichter Unsinn!

Beweis: Bisher schrieb man nach der einfachen Regel (natürlich gab es auch hier Ausnahmen, aber wen kümmert das?), daß man zusammenschreibt, was man als Einheit zusammendenkt, zusammenspricht und vorne betont, folgendermaßen: lahmlegen, stillstehen (= in der Bewegung aufhören), fernhalten, zurückeilen, vorwärtskommen, volltrunken, vollpfropfen, volltönend, schwerverträglich, vollklimatisiert, kennenlernen, hochfliegend, fettfüttern, vollbeschäftigt, volltanken, zusammenarbeiten, halbnackt, halblaut, wohlwollen (= wohlgesinnt sein), hochexplosiv, schwerverständlich, wohlverstanden, querlegen, wohltuend, wohltun, hinabsteigen, schwerhalten (= schwierig sein), fortschreiten, Handvoll (= Mengenmaß), darumlegen, vollschmieren, (sich) danebenbenehmen, offenlegen (= einsichtig machen) usw...

Jetzt (Duden, 23. Auflage, 2004) schreibt man so (keine Varianten!): lahm legen, stillstehen, fern halten, zurückeilen, vorwärts kommen, volltrunken, voll pfropfen, volltönend, schwer verträglich, vollklimatisiert, kennen lernen, hochfliegend, fett füttern, vollbeschäftigt, voll tanken, zusammenarbeiten, halb nackt (trotz Betonung auf „halb“), halblaut, wohl wollen, hochexplosiv, schwer verständlich, wohlverstanden, quer legen, wohltuend, wohl tun, hinabsteigen, schwer halten, fortschreiten, Hand voll, darumlegen, voll schmieren, (sich) danebenbenehmen, offen legen usw......

All das sollen die Schüler tatsächlich beherrschen (ich brachte nur wenige Beispiele; hunderte wären möglich!), weil sie angeblich die neuen Regeln seit Jahren erfolgreich gelernt haben? Und das soll klarer und verständlicher sein? Ein Diktat mit solchen Wörtern ließe die Fehlerzahl ums Zehnfache steigen!

Wenn die Kultusminister behaupten, es würden jetzt weniger Fehler gemacht, dann ist das eine unverfrorene Verfälschung der Tatsachen, oder aber: die Minister zeigen völlige Ignoranz bezüglich der Rechtschreibwirklichkeit an unseren Schulen und bezüglich der Problematik des von ihnen verordneten Regelwerkes. Es werden nicht weniger Fehler gemacht, sondern mehr. Wie sollten denn weniger Fehler an den Schulen möglich sein, wenn die Zeitungen mehr Fehler machen (falsche Getrenntschreibungen, falsche Großschreibungen)? Sind Journalisten etwa dümmer als Schüler? Wie sollten weniger Fehler an den Schulen möglich sein, wenn die beiden Schreibweisen (abgesehen vom neuen ss) zu mehr als 99 Prozent identisch sind, wenn die neue ss-Schreibung fehlerträchtiger ist und wenn das restliche Prozent (falls man überhaupt Zeit hat, solche Dinge im Unterricht zu besprechen) neue heftig sprudelnde Fehlerquellen enthält: Die vermehrte Getrenntschreibung (neue Faustregel: im Zweifelsfall getrennt) führt zu vielen falschen Getrenntschreibungen, die vermehrte Großschreibung zu falschen Großschreibungen, die äußerst stark vermehrten Varianten zu einer Nachlässigkeit, die weitere Fehler erzeugt. Die Kommamoral sinkt natürlich auch, wenn man Kommata weglassen darf, die für das Vermeiden von Zweideutigkeiten wichtig wären. Warum vor „daß“ ein Komma, wenn ich im folgenden Satz das Komma weglassen darf: Er riet ihm den Brief zu schreiben.

Man muß sich also schämen für die Ignoranz der Kultusminister, die von einer Verringerung der Fehlerzahl reden. Aber selbst wenn die Behauptung richtig wäre, selbst wenn in der Schule weniger Fehler gemacht würden, wäre diese Argumentation von höchster Peinlichkeit, weil sie zeigt, daß die Minister den folgenden simplen Sachverhalt nicht begriffen haben: Ob in der Schule beim Erlernen der Rechtschreibung ein paar Fehler mehr oder weniger gemacht werden, darf kein Kriterium dafür sein, welche Rechtschreibung in einer Sprachgemeinschaft zu gelten hat. Die Frage darf nämlich nicht lauten: Was bringt den Schülern Vorteile? Sondern die Frage muß lauten: Was bringt den 100 Millionen Schreibern und vor allem Lesern der deutschen Sprache Vorteile? Und wenn die beste Rechtschreibung für die Lernenden ein bißchen schwieriger wäre als die zweitbeste, dann müßte eben die schwierigere Schreibung in der Schule gelehrt und gelernt werden.

Ich fasse zusammen: Die Rückumstellung ist für Schüler kaum bemerkbar, weil sie im wesentlichen auf die geradezu in Sekundenschnelle zu erklärende traditionelle ss/ß-Regelung beschränkt ist. „Macht ß statt ss vor Mitlaut und am Wortende!“ Das darf man den Schülern nicht zumuten? Das soll Chaos verursachen? Schreibungen aus dem Bereich des einen Prozents der schwierigeren Unterschiede kommen in Schüleraufsätzen nur überaus selten vor. Wird ein Fehler gemacht, handelt es sich grundsätzlich um eine harmlose Kleinigkeit, die kein psychisch gesunder Deutschlehrer als Fehler rechnen wird. Er wird sich damit begnügen, den „Fehler“ auszubessern. Denn bei dem einen Prozent geht es in der Regel um unwichtige Randdinge, um bloßen Ballast. Das Wenigste davon kann durchgenommen werden. Ein Lehrer, der seine Schüler mit solchen Spitzfindigkeiten nervt, versäumt das eigentlich Wichtige. Auf die 99 Prozent kommt es an, also auf das beiden Rechtschreibungen Gemeinsame! Außerdem: die alte Rechtschreibung (selbstverständlich sind behutsame Verbesserungen angebracht) ist vor allem im Bereich der Zusammen- und Getrenntschreibung weniger fehlerträchtig und gleichzeitig wiedergabegenauer!

Ich höre jetzt den folgenden Einwand: Warum die Reform zurücknehmen, wenn die Sache ohnehin für die Schule belanglos ist? Warum also den Schülern nicht die neue Schreibweise lassen? Die Antwort ist überaus einfach: Wenn es sich lediglich um Diktate und Aufsätze handelte, die immer nur für jeweils einen einzigen korrigierenden Lehrer bestimmt sind, dann wäre es ziemlich egal, wie geschrieben wird. Da es aber um Bücher, Zeitschriften und Zeitungen geht, auch um Internettexte, die für viele Millionen von Lesern bestimmt sind, darf eine schlechtere Schreibung pro hundert Wörter (bei 25 bis 30 Buchseiten ergibt das 100 sinnwidrige bzw. grammatikalisch oder etymologisch falsche Schreibungen!), außerdem eine Kommasetzung, die das blitzschnelle Erfassen des Sinns des öfteren erschwert, auf keinen Fall hingenommen werden. Die Rechtschreibung ist nicht für die Schule da, sondern die Schule ist dazu da, die beste, leserfreundlichste, wiedergabegenaueste Rechtschreibung zu lehren. Eine Rückkehr zur traditionellen, einheitlichen Schreibung ist deshalb unerläßlich.

Erst wenn die Einheitlichkeit wiederhergestellt ist, kann man über das Auskämmen von Ungereimtheiten der traditionellen Schreibung reden.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Illauer

Literatur

  • Helma Dietz, Wolfgang Illauer a.: Die Rechtschreibreform in der Schulpraxis. Stellungnahme der bundesweiten Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ zum Fragenkatalog des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtschreibreform für die Verhandlung am 12. Mai 1998, 18 Seiten (Studiendirektoren beweisen u. a., daß durch die neue Rechtschreibung mehr Rechtschreibfehler entstehen.), auszugsweise abgedruckt in:

Querverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25959 - 17.09.2004 14:13, In: SZ-Rechtschreib-Forum: Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten, Strang: Schüler als Leidtragende? - http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/showflat.php?Cat=&Board=Rechtschreibung&Number=25418&page=0&view=collapsed&sb=5&o=&fpart=4&vc=1
  2. StD Illauer: „Die Schüler würden die Rückumstellung kaum bemerken.“ In: VRS-Forum vom 5. Oktober 2004 im Strang „Die Schüler als Opfer und „Humankapital““ - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2278#2278 VRS-Forum
  3. Anmerkung: Die oben im Text eingefügten drei Netzverweise (Links) zu Illauers Fehlerstatistiken sind beachtenswert.

Zur Diskussionsseite

Hier geht es zur Diskussion:Märchen der Rechtschreibreform (Wolfgang Illauer). An der Diskussion teilnehmen können - wie bei Leserbriefen üblich - nur mit Klarnamen angemeldete Benutzer.