Unschlittplatz

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Der Unschlittplatz ist ein Platz in Nürnberg. Er gehört aufgrund seiner mittelalterlichen Baudenkmäler zu den wichtigsten historischen Sehenswürdigkeiten der Nürnberger Altstadt und ist daher eine Station der Historischen Meile Nürnbergs.

Unschlittplatz. Vor dem Haus Nr. 8 in der Bildmitte tauchte am 28. Mai 1828 Kaspar Hauser auf.
Wikimedia Commons

Lage

Der Unschlittplatz liegt in der Lorenzer Altstadt südlich der Pegnitz zwischen der Maxbrücke und dem Henkersteg im Norden und der Karl-Grillenberger-Straße im Süden. [1]

Zur Geschichte

Die Namen des Platzes

Das „Unschlitthaus[2] an der Ostseite des Unschlittplatzes gab dem Platz seinen Namen. Es war einer der sieben ‚Kornkästen', die die Stadt im 15. Jahrhundert errichten ließ. Seinen Namen trägt der Speicher von dem Unschlittamt, [3] das 1562 im Erdgeschoß untergebracht wurde und als städtische Monopolbehörde für Unschlitt bzw. Talg diente: Alle Metzger mußten das Abfallfett hier verkaufen. Das Unschlitt war bis ins 19. Jahrhundert hinein als Rohstoff für Talgkerzen, Wagenschmiere und Schuhwichse von großer Bedeutung.

In reichsstädtischer Zeit hieß der Unschlittplatz zunächst ‚Beim Hieserlein’. Im Andenken daran gibt es am Unschlitthaus einen Wandbrunnen mit der bronzenen Gesichtsmaske des Hieserlein (um 1400; Original im Germanischen Nationalmuseum). Der Begriff ‚Hiserlein’ könnte sich auf das Wasserrieseln beziehen, aber auch auf die Abkürzung ‚Hiesel’ für den Männernamen Matthias, eine Bezeichnung für einen einfältigen Menschen. [4]

Der Platz wurde aber auch nach einem Wirtshaus ‚Beim Goldenen Tischlein’ genannt. Später nannte man ihn nach dem Unschlitthaus: ‚Beim Unschlitthaus’. 1809/10 erhielt der Platz die Bezeichnung ‚Unschlittmarkt’ und erst 1870 seinen heutigen Namen: ‚Unschlittplatz’. [5]

Kaspar Hauser

Der Unschlittplatz erlangte eine überregionale historische Bedeutung und Bekanntheit, als hier am 26. Mai 1828 der rätselhafte Kaspar Hauser auftauchte und an der Ecke des Hauses Nr. 8 zwei Nürnberger stockend ansprach. Das Schicksal und die Herkunft des Unbekannten und sein gewaltsamer Tod in Ansbach 1833 haben damals die Welt beschäftigt und bis heute zu zahllosen Forschungen und literarischen Bearbeitungen geführt. [6]

An Kaspar Hauser erinnert nicht nur eine Gedenktafel am Haus Unschlittplatz Nr. 8, sondern auch der neuenstandene zentrale Platz des Kreuzgassenviertels, den man 1989 Kaspar-Hauser-Platz nannte. Er liegt gleich um die Ecke nordwestlich des Unschlittplatzes zwischen Mittlerer Kreuzgasse und Unterer Kreuzgasse am Pegnitz-Ufer in der Nähe des Kettensteges.

Die historischen Bauten

Der Unschlittplatz gehört mit seinen mittelalterlichen Bauten zu den wenigen erhaltenen historischen Ensembles der Stadt Nürnberg. Am südlichen Ufer der Pegnitz setzt das Unschlitthaus den Zug der ehemaligen Stadtmauer fort. Davor liegt ein Nürnberger Barockpalais aus dem Jahr 1754 von Konrad Büttner. Das oberste Stockwerk wurde 1860 gebaut und das Chörlein 1912 hinzugefügt.

Seit 1972 sollten fünf mittelalterliche Häuser abgerissen werden, die den Zweiten Weltkrieg überstanden hatten, darunter an der Westseite die Häuser Unschlittplatz 8-12. Der Widerstand der „Altstadtfreunde Nürnberg“ verhinderte den Abriß. Die Häuser wurden in den Jahren 1976 bis 1981 vorbildlich restauriert und vermitteln seitdem mit dem freigelegten Fachwerk einen Eindruck vom früheren Aussehen des Platzes.[7]

Erich Mulzer schrieb dazu: „Unter den Häusern am Unschlittplatz ist die 1981 restaurierte Reihe Nr. 8-12 am bemerkenswertesten. Das rechte Eckgebäude, schon 1599 als Haus mit dem Marienbild erwähnt, trägt eine schöne holzgeschnitzte Madonna (Original im Germanischen Nationalmuseum). Nach den Formen der Fachwerkgefüge im 1. und 2. Stockwerk gehört der Bau im Kern noch dem 15. Jh. an. Ebenso alt ist ein kleines Handwerkerhaus (mit putzigem Dachausbau in Nürnberger Art aus dem Jahr 1900) in der südlich der Häusergruppe einmündenden Oberen Kreuzgasse. Das Haus Unschlittplatz 5 Zum Mühlstein aus der zweiten Hälfte des 18. Jh.s besitzt eine neu gotische Tür von etwa 1840 und einen reichen Handwerker-Ausleger der Jahrhundertwende. Rechts daneben (Nr. 7) folgt ein charakteristisches Wohnhaus von 1852 mit einem Holzchörlein von 1950. Gegenüber dem Unschlitthaus-Giebel steht das ‚Hauptmannshaus’, eine Dienstwohnung reichsstädtischer Offiziere, mit mehrmals verändertem Fachwerk, einem Ladenvorbau von 1881 und der Eckfigur des St. Rochus von etwa 1520 (Original in der Holzschuherkapelle des Johannisfriedhofs). [...] Südlich des Unschlittplatzes ragt das hohe Sandsteingebäude der ehemaligen Almosmühle (Mühlgasse 3) mit der Jahreszahl 1617 und dem Mülleremblem auf. Die Wasserkraft lieferte der früher die steile Hutergasse herunterschießende Fischbach, [8] der heute zwar verrohrt ist, aber immer noch denselben Weg nimmt.“ [9]

Seit 1959 steht eine Kopie des Dudelsackpfeifer-Brunnens auf dem Unschlittplatz. Der Brunnen entstand 1880 als Nachguß eines Holzmodells von etwa 1550 (im Germanischen Nationalmuseum).

Literatur

  • Erich Mulzer: Dem Unschlittplatz auf der Spur. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 6 (1981), S. 35-82
  • Dieter Schwab: Die Leute vom Unschlittplatz. Geschichte und Geschichten. In: Nürnberg Heute, Zeitschrift für Bürger und Freunde der Stadt, Hrsg.: Stadt Nürnberg, Heft 34, Juli 1983, S. 39-4. Wiederabdruck in
    • Das Beste aus Nürnberg Heute. 55 Berichte, Reportagen und Dokumentationen aus dem Magazin „Nürnberg Heute“ von 1966 bis 1983. Nürnberg: Gruber & Raabe, Rachlitz, 1983, 350 S., S. 339-347
  • Erich Mulzer: Unschlittplatz-Nachlese. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 8 (1983), S. 23-50

Querverweise

Netzverweise

  • Manfred Wirth: Unschlittplatz, Untere Kreuzgasse - im Netz
  • Geschichte der Altstadtfreunde: Rettung der Häuser am Unschlittplatz - im Netz

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Stadtplan Nürnberg: Unschlittplatz, südlich der Pegnitz unweit der Maxbrücke - im Netz
  2. Unschlitthaus. In: Baukunst Nürnberg - im Netz
  3. Peter Fleischmann: Ochsen- und Unschlittamt. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2. Auflage, 2000, S. 775 - im Netz
  4. * Gerhard Hirschmann: Der Hiserleinbrunnen. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 1 (1976), Seite 31-38
  5. Wiltrud Fischer-Pache: Unschlittplatz. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg, 2. Auflage. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 2000 - im Netz
  6. * Kurt Kramer, Ansbach: Einführung in die Kaspar-Hauser-Geschichte - im Netz
    • Gabriele Wengler: Sphinx - Geheimnisse der Geschichte: Mordfall Kaspar Hauser. VHS, PAL, Sprache: Deutsch, 45 Minuten, Studio: Ufa Video, 3. Februar 2003
    • ZDF: Sphinx: Mordfall Kaspar Hauser, 12. August 2003 - im Netz
    • Ulrich Flechtner: Biographie Kaspar Hausers - im Netz
  7. Baukunst Nürnberg: Foto: Unschlittplatz 8-12 - im Netz
  8. Erich Mulzer: Vom Alltag in die Vergessenheit: Der Fischbach in Nürnberg. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 28 (2003), S. 41-80
  9. Erich Mulzer: Henkersteg und Unschlittplatz. In: Erich Mulzer: Baedeker Nürnberg - Stadtführer, 9. Auflage. Von Karl Baedeker. Ostfildern-Kemnat: Baedeker, 2000, 134 S., ISBN 3-87954-024-1 - im Netz