William Wilson (Ingenieur)

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William Wilson (* 18. Mai 1809 in Walbottle, † 17. April 1862 in Nürnberg) war ein britischer Maschinenbauer und Lokführer der ersten deutschen Eisenbahn.[1]

William Wilson

Leben und Werk

William Wilson begleitete den Transport der bei George Stephenson gefertigten Adler-Lokomotivteile nach Nürnberg, wo sie in der Werkstatt von Johann Wilhelm Spaeth am Dutzendteich unter seiner Leitung zusammengesetzt werden sollten. Seine weiteren Aufgaben gehen aus dem Brief hervor, den der Direktor der Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft, Johannes Scharrer, mit der Bestellung an die Firma Stephenson & Co. richtete: „Sie werden zugleich die Güte haben, uns mit dem Dampfwagen einen Mann zu senden, der mit der Leitung, Beheizung und Behandlung desselben völlig vertraut ist und der so lange hierbleibt und besoldet wird, bis er einen anderen hierin unterrichtet hat, der alsdann an seine Stelle treten kann.“ Am 4. September 1835 wurde ein Vertrag geschlossen, in dem vereinbart wurde, daß Wilson acht Monate lang für das Steuern und Warten der Lokomotive und für die entsprechende Ausbildung des Personals zuständig sei.

Wilson kam in Nürnberg ohne jegliche Deutschkenntnisse und nahezu mittellos an. Dies läßt sich zwei Passagen aus Briefen entnehmen, die der Kölner Konsul Bartels, Wilsons erste Anlaufstelle in Deutschland, an die Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft schrieb: „Gleich nach dem Abgang unseres Briefes zur Post erschien Wilson, ein Stück Beefsteak. Wir mußten einen Dolmetscher nehmen, um uns mit ihm zu verständigen.“ und: „Der Engländer sitzt hier und verzehrt gutes Geld - er sagte mir schon gestern, daß ihm Herr Stephenson nur sparsam mitgegeben habe, er von mir also Geld und Beförderung erwartet.“

Wilson sollte für seine Dienste, die außer dem Fahrdienst auch die Reparatur und Wartung des rollenden Materials umfaßten, ein Jahresgehalt von 1500 Gulden bekommen. Zum Vergleich: der erste Direktor der Ludwigseisenbahn verdiente 1200 Gulden; Wilsons Assistent und Heizer Johann Georg Hieronymus, der „alles tun mußte, was Wilson ihm auftrug“, 400 Gulden; und die Tagelöhner, die im Sommer 1835 beim Gleisbau eingesetzt waren, verdienten je nach Qualifikation 1/2 bis 1 1/2 Gulden täglich. Die Jahresmiete für eine geräumige Vierzimmerwohnung betrug etwa 150 Gulden, der Kaufpreis eines Mietshauses mit vier Wohnungen um 3500 bis 4000 Gulden. Allerdings gab Wilson sein Gehalt keineswegs für einen luxuriösen Lebensstil aus, sondern bewohnte, nach anfänglichem Quartier im Gasthof „Wilder Mann“ [2], ab März 1837 ein kleines Zimmer im Ludwigsbahnhof [3] am Plärrer.

Nürnberg wurde spätestens mit der Eröffnungsfahrt der Eisenbahn am 7. Dezember 1835 zum Schauplatz seines Ruhms und materiellen Aufstiegs, was sicherlich dazu beitrug, daß er die Stadt nicht mehr verlassen wollte. Nach Ablauf der ersten acht Monate wurde sein Vertrag mit der Ludwigseisenbahn verlängert, und Wilson sorgte dafür, daß seine Dienste weiterhin benötigt wurden. So beschäftigte er anfänglich die ihm zugewiesenen Gehilfen mit Werkstattarbeiten, anstatt sie zum Dampfwagenführer auszubilden, bis man ihm den Vorwurf machte, er befürchte „Einbuße an Ansehen“ und „lästige Konkurrenz“.

Als Wilson ab Mai 1842 wegen einer schweren Erkrankung und eines anschließenden Aufenthalts in seiner Heimat etwa vier Monate lang ausfiel, wurde der Fahrbetrieb von seinen mittlerweile zu Lokführern ausgebildeten Gehilfen Ludwig Bockmüller (aus Ilsenburg bei Wernigerode) und Johann Geng (aus Hersbruck) übernommen. Als ersichtlich wurde, daß Wilson entbehrlich war, teilte Scharrer ihm mit, daß man ihn nur noch für ein Gehalt von 1000 anstelle der bisherigen 1500 Gulden beschäftigen und ihm anderenfalls kündigen werde, denn es „ist schon mehrmals von Aktionären die Frage aufgeworfen worden, ob Sie nicht zu entbehren und daher zu entlassen seien? Wir haben Sie aber wegen Ihrer Pünktlichkeit, Vorsicht und Zuverlässigkeit so liebgewonnen, daß wir Sie nur ungern entbehren würden.“ Aufgrund vieler Fürsprecher, die seine Qualifikationen - nach wie vor oblag ihm auch die Werkstattleitung - sowie seine sorgfältige und umsichtige Arbeitsweise nicht missen wollten, gelang es Wilson, der sich nicht dazu entschließen mochte, Nürnberg zu verlassen, in neuen Verhandlungen ein Gehalt von 1200 Gulden zu vereinbaren. Ein anderweitiges Angebot als Obermaschinist in Oberhausen schlug er aus.

Ab Juli 1859 verschlechterte sich Wilsons Gesundheitszustand erneut; ein Kuraufenthalt in Bad Reichenhall blieb erfolglos. Er starb „nach längerem Lungenleiden“, wie die Todesanzeige im Fränkischen Kurier vermeldete, am 17. April 1862 in Nürnberg und ruht, zusammen mit seiner 27-jährig verstorbenen Tochter Anna, die mit dem Nürnberger Sebastian Nudinger verheiratet war, in der Grabstätte der Familie Nudinger auf dem Johannisfriedhof, wo er am Ostersonntag, 20. April 1862, um „8 1/2 Uhr“ beerdigt wurde.

Ehrung

  • William-Wilson-Straße in Nürnberg am Rangierbahnhof

Literatur

  • Johannes Scharrer: Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft oder Verhandlungen der Ludwigsbahngesellschaft. Nürnberg, 1836
  • Nachruf im Fränkischen Kurier vom 23. April 1862
  • Dr. Rudolf Hagen: Die erste deutsche Eisenbahn mit Dampfbetrieb zwischen Nürnberg und Fürth. Gedenkschrift zu deren 50jährigen Jubiläum am 7. Dezember 1885. Nürnberg: Verlag von Joh. Leonhard Schrag, 1885, 250 S. – (Beiträge zur Kulturgeschichte des 19. Jh.) - im Netz [Dr. Rudolf Hagen war Rektor der städtischen Handelsschule in Nürnberg.]
  • Alfred Neumüller: William Wilson. In: Der Eisenbahnfachmann 30, 1956, UMSCHLAG Heft 18 und 20
  • Adolf Schwammberger: Wilson, William. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 394 f.
  • Peter Zitzmann: Unternehmensgeschichte der Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft von 1835-1969. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 60, 1973, S. 250-295 - MVGN
  • Carl Asmus: Die Ludwigseisenbahn. Schwäbisch Hall: Orell Füssli Verlag, 1984, ISBN 3-280-01525-1
  • Wolfgang Mück: Eine Idee und ihre Verwirklichung: Die Nürnberg-Fürther Ludwigseisenbahn von 1835. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 72, 1985, S. 232-262 - MVGN

Presse

  • Thomas Susemihl: Nürnberg gedenkt William Wilsons. Erinnerung an den ersten Lokführer. In: Nürnberger Zeitung Nr. 89 vom 19. April 2010, Nürnberg plus, S. + 1 - NZ
  • Rupert Heigl: Der ersten deutschen Lok auf der Spur. In 19 Kisten von Newcastle nach Nürnberg. In: Nürnberger Zeitung vom 29. Dezember 2011 - NZ
  • Reinhard Kalb: Vor 150 Jahren starb „Adler“-Lokführer Wilson. Kohlen schaufeln in Frack und Zylinder. In: Nürnberger Zeitung vom 10. April 2012, Nürnberg plus, S. + 1 - NZ

Querverweise

Netzverweise

  • William Wilson. In: Bahnjahr 2010, Nürnberger Bahnpioniere - im Netz
  • Rolf-Fredrik Matthaei: Der Adler, die Ludwigsbahn und William Wilson - im Netz

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Sein Geburtsort wird in den meisten Quellen als „Wallbottle bei Aberdeen“ angegeben, doch ist dieser Ort auf Karten nicht auffindbar. Hingegen existiert bei Newcastle upon Tyne, wo Wilson als junger Mann in die Dienste von George Stephenson trat, ein Ort namens „Walbottle“, der somit eher als Herkunftsort in Frage käme. Dies wird bestätigt durch den Nachruf im Fränkischen Kurier vom 23. April 1862, wo es heißt: „William Wilson war der Sohn eines Mechanikers zu New-Castle in England und wurde daselbst am 18.5.1810 (sic!) geboren.“
  2. Gasthäuser zum "Wilden Mann" gab es damals mehrere in Nürnberg. Aber man kann wohl annehmen, daß Wilson in unmittelbarer Nähe zur Ludwigsbahn logierte - das wäre der "Wilde Mann" mit der Gostenhofer Hausnummer 127, später lautete die Adresse Schulgasse 4 (die Schulgasse mündete damals direkt in den Plärrer, nicht in die Gostenhofer Hauptstraße).
  3. Hausnummer 147 in Gostenhof. In den Einwohnerverzeichnissen der Stadt Nürnberg der relevanten Jahrgänge ist unter dieser Adresse manchmal nur „Ludwigs-Eisenbahngesellschaft“, manchmal „William Wilson“ und einmal auch der „Lokomotivführer Eduard Wilson“ aufgeführt.

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