Gisa Berger

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Gisa Berger (* 1940 in Berlin) war Gesamtschulrektorin der Carl-Zeiss-Oberschule Berlin-Lichtenrade und Leiterin der Berliner Lehrerinitiative gegen die Rechtschreibreform.

Gisa Berger

Leben und Wirken

Ihre Kindheit verbrachte Gisa Berger auf einem Bauernhof in Biberbach bei Augsburg.

Studium

Gisa Berger studierte an der Universität München Germanistik, Englisch und Französisch.

Beruf

Gisa Berger unterrichtete in Passau und in Frankreich. 1971 zog sie nach Berlin, behielt aber ihren Zweitwohnsitz nördlich von Passau. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit war sie auch Fachbereichsleiterin für Französisch.

Ehrenämter

Sie war im Landesvorstand des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und nahm u.a. am 12./13. Mai 1997 am Delegiertentag teil.

Am 10. Juni 1997 berichtet sie, daß auf höchster Ebene eine Verständigung mit den Lehrerverbänden über die Rechtschreibreform stattgefunden habe, deren Ergebnis ein Stillhalteabkommen gewesen sei.

Da die Lehrerverbände schon vorher durch ihre Passivität den Eindruck erweckten, als seien sie von höchster Stelle zum Stillweigen verpflichtet worden, gründete man Initiativen und Vereine gegen die Rechtschreibreform.

Rechtschreibreform

Gisa Berger gründete 1997 die Berliner Lehrerinitiative gegen die Rechtschreibreform. Sie wies darauf hin, daß jedes europäische Land besondere nationale Schreibweisen habe, z.B. Spanien die Tilde, Frankreich die Akzente, Deutschland das Eszett. Zusammen mit einer GEW-Kollegin gab sie im September 1997 „Globe & Mail“, der größten kanadischen Tageszeitung, ein Interview zur Rechtschreibreform.

Es ist selten, daß Rechtschreibreformkritiker öffentliche Anerkennung erfahren. Dieses kleine Wunder erlebte die Gesamtschulrektorin Gisa Berger, die Leiterin der Berliner Lehrerinitiative gegen die Rechtschreibreform. Sie erhielt am 12. Februar 1998 im Rahmen einer großen Gala im Fürstbischöflichen Opernhaus in Passau von der „Passauer Neuen Presse“ den BÜRGER-OSCAR 1998 für Zivilcourage für ihren unerschrockenen Kampf gegen die Rechtschreibreform. Die Nachrichtenagenturen und die Presse schwiegen sich darüber aus.

Laudator war der Schriftsteller und ehemalige PEN-Präsident Gert Heidenreich. Heidenreich sagte in seiner Laudatio:

„Kompliziert, mühsam und nicht ungefährlich ist es, Tradition als Fortschritt zu verteidigen. ... Die Preisträgerin hat Kindern Vertrauen zur Sprache beigebracht, zur eigenen und zu den Sprachen unserer Nachbarn. Sie hat sich auf eine erstaunlich zähe und erfreulich unverzagte Weise gegen jene Kommission gewehrt, deren Mitglieder mit dem großen Lauschangriff auf die Schreibgewohnheiten ihre eigenen Arbeitsplätze gesichert haben. Als Staatsbürgerin gegen den Regulationswahn unseres Landes zu Felde zu ziehen, trägt keine Vorteile ein. Aber heute abend einen Preis, den man jedermann besten Gewissens vorzeigen kann.“ [1]

Der Preis bestand aus einer Glasskulptur und einem Geldpreis von 3.000,- DM. Es war das erste Mal, daß jemand für seinen Kampf mit persönlichem Einsatz gegen die Rechtschreibreform geehrt wurde. Das Interessante ist aber, daß es diesen Preis von einer Zeitung gab.

Dazu äußerte sich Gisa Berger: Bei der Rechtschreibreform sei nicht die erste Garnitur der Germanisten am Werk gewesen. Als sie hörte, daß Bertelsmann die Reform vorantreibe, sei sie aus dem Club ausgetreten. Verleger hätten bei solchen Entscheidungen nichts zu suchen. Es sei kriminell, mit Sechsjährigen zu werben, die behaupten, um wieviel leichter nun alles sei. Sie habe Texte nach alter und neuer Rechtschreibung korrigiert und festgestellt, daß sich die Fehler tendenziell ausgleichen. Es gebe also keine Erleichterung. Die Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hätten andere Ursachen: Die Elternhäuser seien kaputt und die Zerstreuungen zu groß.

„Der Beamteneid darf doch nicht bedeuten, daß ich meinen Verstand an der Gepäckaufbewahrung abgebe.“ - „Ich tue, was ich nicht darf.“

Die Schulleitung habe ihr gesagt, sie müsse die Konsequenzen im Prinzip selbst tragen. [2]

Ehrungen

  • 1998 BÜRGER-OSCAR für Zivilcourage der „Passauer Neuen Presse“ für ihren unerschrockenen Kampf gegen die Rechtschreibreform
  • 2010 Goldene Ehrenmedaille der Stadt Veszprém für ihre ehrenamtliche Tätigkeit an der Pannonia-Universität Veszprém

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Leserbrief vom 28.05.1997 zu René Sagor: Reform, Recht, Rechtschreibung. In: Riebe, Manfred; Schäbler, Norbert; Loew, Tobias (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, 1997, S. 131
  • Leserbrief vom 07.06.1997 zu Dankwart Guratzsch: Verpfuschte Reform. In: Riebe, Manfred; Schäbler, Norbert; Loew, Tobias (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, 1997, S. 134
  • Brief vom 15.06.1997 an den Präsidenten des Rechnungshofes von Berlin, Grysczyk. In: Riebe, Manfred; Schäbler, Norbert; Loew, Tobias (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, 1997, S. 105
  • Brief vom 16.06.1997 an Bundestagsabgeordnete. In: Riebe, Manfred; Schäbler, Norbert; Loew, Tobias (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, 1997, S. 89
  • Anmerkungen zur Rechtschreibreform. In: Zeissianer, Schülerzeitung der Carl-Zeiss-Oberschule Berlin-Lichtenrade, Nr. 3, August 1997, S. 14
  • Gesamtschulrektorin Gisa Berger, Berlin (V.i.S.d.P.): Benachrichtigung und Informationen zum Volksbegehren - Das Volksbegehren „Schluß mit der Rechtschreibreform!“. Bearbeiter: Wolfgang Wrase. Postwurfsendung an Haushalte mit Tagespost, Berlin, Sommer 1999 - http://www.rechtschreibvolk.de/postwurf.htm
  • Die Rechtschreibreform und der Widerstand gegen die Unvernunft. In: Passauer Neue Presse vom 14./15. Februar 1998, S. 34

Literatur

  • Ausländerkinder. Wir machen die Hölle durch. In: Der Spiegel Nr. 15 vom 8. April 1996 - SPIEGEL online
  • Manfred Riebe, Norbert Schäbler, Tobias Loew (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, Oktober 1997, S. 298 S., ISBN 3-931155-10-2 (Dokumentation von 21 Initiativen gegen die Rechtschreibreform)
  • Gert Heidenreich: Eine Rechtzeitige. Laudatio zur Verleihung des Bürger-Oscar 1998 für besondere Leistungen an Frau Gisa Berger. In: Passauer Neue Presse 14./15. Februar 1998, S. 34 (Moderiert von Sabine Sauer. Wurde von Bayern 1 aufgenommen und am 13. Februar 1998, 6.30 Uhr, ausgestrahlt. Fernsehsendung Tele-Regional am 14. Februar 1998, 19.05 Uhr-20.00 Uhr)

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • BÜRGER-OSCAR für Zivilcourage für Gisa Berger - VRS-Forum
  • Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform – Wikipedia

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Gert Heidenreich: Eine Rechtzeitige. Laudatio zur Verleihung des Bürger-Oscar 1998 für besondere Leistungen an Frau Gisa Berger. In: Passauer Neue Presse 14./15. Februar 1998, S. 34
  2. Gisa Berger: Die Rechtschreibreform und der Widerstand gegen die Unvernunft. In: Passauer Neue Presse vom 14./15. Februar 1998, S. 34