Helmut Jochems

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Helmut Jochems (* 7. Dezember 1927 in Walsum / Niederrhein, † 9. November 2007 in Siegen) war emeritierter Professor für Didaktik der englischen Sprache an der Universität / Gesamthochschule Siegen.[1] Er lebte in Kreuztal-Littfeld (NRW).

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Leben und Wirken

Schule

1944 besuchte Jochems die Wirtschaftsoberschule Mannheim. Der Schulbesuch wurde 1944/45 ein Jahr durch Wehrdienst und Gefangenschaft unterbrochen. Von 1945 bis 1947 besuchte er das Gymnasium in Duisburg-Hamborn, wo er das Abitur bestand.

Studium

Von 1947 bis 1949 studierte Jochems an der Pädagogischen Akademie in Wuppertal. 1949 legte er die Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen ab und war 1949/50 und 1951/52 im Volksschuldienst der Stadt Wuppertal tätig. Mit einem Stipendium des amerikanischen State Department studierte er 1950/51 zwei Semester Pädagogik, amerikanische Geschichte und Englisch an der University of Arkansas, USA.

1952 begann er das Studium der neueren Philologie (romanische Sprachen, Englisch, Philosophie und Pädagogik) an der Universität Köln. 1954/55 studierte er mit einem Stipendium des portugiesischen Instituto de Alta Cultura an den Universitäten Lissabon und Coimbra. 1957 schloß er sein Studium mit der Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Höheren Schulen ab.

Beruf

Danach war er bis zum Eintritt in den Vorbereitungsdienst des Landes Schleswig-Holstein zu Ostern 1959 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem romanistischen Forschungsvorhaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft tätig.

Jochems promovierte 1959 an der Universität Köln mit einer Dissertation zu einer vergleichenden Wortbildungslehre des heutigen Bündnerromanischen. Nach seiner Promotion war Jochems von 1959 bis 1969 Gymnasiallehrer. 1969 wurde er Professor an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe. Nach Eingliederung von deren Abteilung Siegerland-Weidenau in die Universität / Gesamthochschule Siegen verblieb er dort bis zu seiner Emeritierung als ordentlicher Professor für Didaktik der englischen Sprache.

Noch als Emeritus war er dort von Juli 1997 bis Juli 2001 mit dem Projekt einer vergleichenden Syntax der europäischen (Schul-) Sprachen beschäftigt. Er untersuchte kontrastiv syntaktische Strukturen der in Deutschland an allgemeinbildenden Schulen unterrichteten Sprachen. Ziel war die Optimierung des Unterrichts und der Lehrmaterialien.

Stenographie

Widerstand gegen die Rechtschreibreform

Helmut Jochems hielt die sogenannte Rechtschreibreform oder die „Banausenschreibe“, wie er sie nannte, „für sprachwissenschaftlich mißlungen.“ [2] Er fragte:

„Ist es zu verantworten, daß mit den schlecht begründeten Veränderungen das gesamte deutsche Schrifttum von vor 1996 unbenutzbar wird? [. . .] Es ist im Grunde absurd, daß ein von einer Handvoll ideologiebesessener Germanisten und völlig inkompetenter Kultusbürokraten eingefädelter Verwaltungsakt soviel geistige Energie bindet, die in anderen Zusammenhängen sehr viel sinnvoller einzusetzen wäre.“ [3]

Helmut Jochems schloß sich im Frühjahr 1997 der bundesweiten „Initiative Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ an. Er gehörte zu den Sprachwissenschaftlern dieser Lehrer- und Hochschullehrer-Initiative und arbeitete mit Theodor Ickler zusammen. [4]

Als Projektleiter unterstützte er im Fachbereich 3: Sprach- und Literaturwissenschaften – Anglistik an der Universität/Gesamthochschule Siegen, der Wirkungsstätte der Rechtschreibreformer Gerhard Augst und Burkhard Schaeder, zur sprachwissenschaftlichen und publizistischen Abwehr des staatlichen Eingriffs in die traditionelle deutsche Rechtschreibung das Projekt von Prof. Dr. Theodor Ickler, Erlangen: die neue „Deutsche Einheitsrechtschreibung“ [5]

Jochems war 1997/98 zugleich auch Mitglied des „Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.“ (VRS) und unterstützte den Volksentscheid in Schleswig-Holstein [6] vom 27. September 1998 u.a. mit Offenen Briefen an politische Verantwortliche.

Der VRS und die bundesweite Lehrerinitiative waren als Initiativen gegen die Rechtschreibreform bei der Anhörung durch das Bundesverfassungsgericht am 12. Mai 1998 in Karlsruhe vertreten. Jochems ist einer der 525 Professoren und Professorinnen der Sprach- und Literaturwissenschaft, die dem Bundesverfassungsgericht April/Mai 1998 eine Gemeinsame Erklärung zur Rechtschreibreform überreichten. Er war der Koordinator dieser Hochschullehrer-Initiative. [7]

Seit 1999 unterstützte er als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Redaktion von www.rechtschreibreform.com die Initiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“ (Matthias Dräger) mit zahlreichen Beiträgen. [8]

Nach der Gründung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V. (FDS) im Frühjahr 2002 wurde er auch Mitglied des Beirats der FDS. [9]

Fortan schrieb Helmut Jochems bis einige Monate vor seinem Tod Beiträge in Theodor Icklers Rechtschreibtagebuch. Dort offenbarte er im Juni 2007: „Um nicht als Vielschreiber in Verruf zu geraten, habe ich mich einer ganzen Anzahl von Pseudonymen bedient.“ [10] Das habe viel Kritik ausgelöst.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Dissertation

  • Beiträge zu einer vergleichenden Wortbildungslehre des heutigen Bündnerromanischen. Dissertation vom 16. Oktober 1959, Philosophische Fakultät der Universität Köln. Köln, 1959, 286 S.

Buchbeiträge

  • Die Katenativa "begin" und "start": ein Revisionsversuch (The Catenative Verbs "Begin" and "Start": An Attempt at Revision). In: Praxis des Neusprachlichen Unterrichts, 23, 3, 1976, S. 261-266,
  • Gesprächskompetenz durch Lerngespräche im Fremdsprachenunterricht (Conversational Competence through Memorized Conversations in Foreign Language Teaching). In: Praxis des Neusprachlichen Unterrichts, Volume 25, Nr. 2, 1978, S.140-147
  • Schreiben in Gedankenschnelle - Wegleite durch eine terra incognita der Graphematik. In: Augst, Gerhard (ed): New trends in graphemics and orthography. Berlin; New York: de Gruyter (1986) - pp. 105-123
  • Abschied von der Fachdidaktik, 1993
  • Stenographie [Stenography]. In Hartmut Gunther & Otto Ludwig (Eds.): Schrift und Schriftlichkeit: Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung [Writing and its use: An interdisciplinary handbook of international research], Volume 2,(pp. 1604-1608). Berlin, New York: De Gruyter, 1996
  • Deutsche Rechtschreib-Loreley, Schlussszene. In: Manfred Riebe; Norbert Schäbler; Tobias Loew (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, Oktober 1997, ISBN 3-931155-10-2 , S. 296 - VRS-Forum
  • Der Herr segne den Anfang und die Vollendung. Aus Heinrich R. Voths Darlingtoner Tagebuch. In: Indirekte Kommunikation. Verkürzte Geschichte(n) und Metapher(n), fragmentarische Rezeption und die Unabschließbarkeit des Dialogs. Armin Staats zum 60. Geburtstag. Ed. Brigitte Pichon, Siegen, 1998, S. 52 - 63
  • Aus berufenem Munde, 26. Juli 1998. In: Gabriele Ruta, Carsten Ahrens (Hrsg.): Der nackte Kaiser. Zur „Rechtschreibreform“ sagte oder schrieb ..., 300 Zitate. St. Goar: Leibniz Verlag, 1998, S. 20
  • Reimer Jehmlich, Helmut Jochems (Hrsg.): Sweet William und der Siegener Geist. Festschrift für Ruth Freifrau von Ledebur zum 60. Geburtstag. Fachbereich 3: Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität-Gesamthochschule - Siegen, 1989 - www.uni-greifswald.de/~anglam/ staff/klein/publications.pdf

Artikel (Auswahl)

  • Der Blick aus dem Fenster: Sprach- und Literaturdidaktisches zu einem Erzählmotiv. In: Jaeger, Dietrich (Hrsg.); Kruse, Horst (Hrsg.); Nicolaisen, Peter (Hrsg.); Groene, Horst (Red.): Themenheft: Arbeiten zur englischen und amerikanischen Literatur und Landeskunde.In: Literatur in Wissenschaft und Unterricht, 20 (1987) 1, 315 S., S. 141 – 154
  • Wege und Irrwege der deutschen Fremdsprachendidaktik im Spiegel ihrer Fachsprache. In: Siegener Studien, Heft 42, 1987
  • Englische Sprachgeschichte an der Gesamthochschule. In: Fremdsprachen lehren und lernen. Heft 18, 1989
  • Zu den Unterschieden der Fachmethodik Ost und Fachdidaktik West. In: Fremdsprachenunterricht, Heft 45, 1992
  • Die Rechtschreibreform ist seit dem 1.8.1998 amtlich. Was heißt das? Was ist jetzt zu tun? In: Schule in Frankfurt (SchiFF), Nr. 40, November 1998, S. 6-10

Offene Briefe (Auswahl)

  • Brief vom 12.03.1998 an Tobias Funk (KMK)
  • Brief vom 2. September 1998 an Andreas Baer, Verband der Schulbuchverlage e.V., Frankfurt - per Telefax, betr. Initiative „Für die Reform, für die Kinder“ - http://www.cornelsen.de.rechtschreibreform -.
Schleswig-Holsteinischer Elternverein, Kiel
http://www.elternverein.de/jochems02.html
http://www.elternverein.de/
  • Treten Sie zurück! Offener Brief v. 3. 4 2000 von Helmut Jochems, Prof. em. an der Gesamthochschule Siegen, an Dr. Klaus Heller, Mitglied der 'Zwischenstaatlichen Kommission'.
Quelle: http://www.rechtschreibreform.com, Nachrichten-Archiv, Stand 5. 4. 2000. Der Verfasser ist Prof. em. für das Fachgebiet 'Didaktik der englischen Sprache' an der Universität- Gesamthochschule Siegen und ein langjähriger Kollege des Angesprochenen - http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/SOzuC1/SOVsRSR/ArchivSO/HJochems.htm

Leserbriefe (Auswahl)

  • Bei „Spinnefeind“ gibt es ein kleines Problem. In: Süddeutsche Zeitung vom 28./29.06.97, S. 13
  • Gedrucktes in Banausenschreibe sollte man meiden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.07.1997, S. 10
  • Kein Nulltarif. In: DIE WELT vom 10.01.1998, S. 9
  • Brief vom 14.01.1998 an Karl-Heinz Requard, Reinsbüttel, den späteren ersten Träger des Sprachpreises der DSW des Jahres 2000
  • Reformruine vor dem Einsturz. In: General-Anzeiger, Bonn, vom 21./22.02.1998, S. 18
  • [Leserbrief zu:] Rechtschreibreform: „Neuer Großer Duden vermehrt das Chaos“ (07.03.2000). In: Die Presse, Online-Leserforum vom 19. 3. 2000
Natürlich trifft es zu, daß Sprachen sich ständig verändern, was aber nichts mit dem Verfahren der Rechtschreibreformer zu tun hat, am grünen Linguistentisch eine in Jahrhunderten gewachsene Orthographie willkürlich zurechtzustutzen. http://www.sprache.org/bvr/bil2000b.htm
  • Den Kultusministern zuliebe. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Juli 2000, S. 49 - Leserbrief - Cricetus

Forenbeiträge

  • Chirurgisch genau. Wie Dieter E. Zimmer den Murks und das Chaos der Reformtollpatsche erläutert, kritisiert und vorsichtig repariert ... und daraus eine mißraten-akzeptable ZEITSchreibung bastelt. In: rechtschreibung.com vom 14.06.1999 - Rechtschreibung.com

Medienecho

Literatur

  • R. Freifrau v. Ledebur, R. Jehmlich, eds.: Schreibfest. Modisches und Methodisches aus englischen Gefilden für Helmut Jochems. Siegen: FB Sprach- und Literaturwissenschaften Univ. GH Siegen 1987
  • Helmut Jochems: Lebensbeichte eines Laienstenografen. Zum Gabelsberger-Jubiläum von 1989 (150. Todestag). In: Hauszeitschrift des Winklers Verlags - Gebrüder Grimm [für Diplom-Handelslehrer bestimmt], Darmstadt, 1989 (E-Mail vom 18. Februar 2007 mit autobiographischer Aufzeichnung)
  • Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2005, Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart, 20. Ausgabe, Band II, I-Sche, München: K G Saur, 2005, S. 1561

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

  • Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ - Wikipedia
  • Jochems, Helmut. In: Who is who. Wer ist wer in der reformdiskussion? Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR), Rolf Landolt - im Netz
  • Helmut Jochems, Wikipedia-Löschdiskussion vom 13. März 2005 - Wikipedia
  • Gemeinsame Erklärung zur Rechtschreibreform, April/Mai 1998 - VRS
  • Gemeinsame Erklärung von Professoren und Professorinnen der Sprach- und Literaturwissenschaft zur Rechtschreibreform, Universität Münster, Medienpädagogik, April/Mai 1998 - im Netz

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Die Universität / Gesamthochschule Siegen ist die Hochburg der „Reformer“ Gerhard Augst und Burkhard Schaeder, „Schilda“ gewissermaßen. Dort entstanden deren dilettantische Rechtschreibreform-Beiträge, milliardenteure Schildbürgerstreiche, über die sich seitdem gebildete Deutsche lustigmachen, aber auch ärgern.
  2. Helmut Jochems, Westfälische Rundschau, 31. 5. 2000
  3. Helmut Jochems, www.rechtschreibreform.com, 2. 9. 2001 - http://www.sprache.org/bvr/bil2000b.htm
  4. http://www.raytec.de/rechtschreibreform/initiativen/ini_litgeli.htm
    http://www.raytec.de/rechtschreibreform/initiativen/ini_auparl.htm
  5. http://www.uni-siegen.de/research/ berichte/1999/fb03/angl/pr002.html
  6. http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2822#2822
  7. http://www.vrs-ev.de/resolutionen.php#professoren - http://www.uni-muenster.de/Medienpaedagogik/kontra.htm
  8. http://www.sprache.org/bvr/bil2000b.htm
  9. http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=196
  10. Helmut Jochems, verfaßt am 16.06.2007 um 14.39 Uhr. In: in Theodor Icklers Rechtschreibtagebuch - sprachforschung.org

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