Historischer Rathaussaal Nürnberg

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Der Nürnberger Historische Rathaussaal galt zur Zeit seiner Entstehung (1332-1340) als der größte profane Saal nördlich der Alpen. Unter der Leitung Albrecht Dürers entstand ab 1521 im Rathaussaal ein Gesamtkunstwerk der Renaissance mit Wandgemälden, Glasmalereien und anderen Kunstwerken.

Historischer Rathaussaal

Geschichte

Altes Rathaus

Als „Altes Rathaus“ werden alle Bauten bezeichnet, die vom 14. bis zum 17. Jahrhundert zwischen Rathausplatz, Rathausgäßchen und Theresienstraße entstanden sind. Der sogenannte Wolffsche Bau wurde von 1617 bis 1622 anstelle gotischer Bauten nach den Plänen von Jakob Wolff d. J. nach dem Vorbild italienischer Palastarchitektur errichtet. Die klassisch gegliederte, dreigeschossige prächtigen Westfassade wirkt fast wie ein italienischer Palazzo und prägt bis heute das Stadtbild. Der älteste Teil des Rathauses birgt den prunkvollen Rathaussaal.

Historischer Rathaussaal

Der große Rathaussaal wurde zwischen 1332 und 1340 mit einer Länge von 40 und einer Scheitelhöhe von 12 m errichtet. Er galt zur Zeit seiner Entstehung als der größte profane Saal nördlich der Alpen.

Der Historische Rathausaal stand bis zum 17. Jh. mehrmals im Zentrum der Reichsgeschichte. Er diente zum einen als Sitzungssaal für den Rat der Stadt und das Stadtgericht, zum anderen als Ort für Huldigungen des Kaisers, wenn dieser sich in der Freien Reichsstadt Nürnberg aufhielt. Vermögende Nürnberger Familien konnten den Saal außerdem mieten und für gesellschaftliche Veranstaltungen wie zum Beispiel Hochzeiten nutzen.

Das Friedensmahl im Nürnberger großen Rathaussaal am 25. September 1649
Wolfgang Kilian (1581-1663) nach Joachim Sandrart (1606-1688) / © Wikimedia Commons

Das letzte große Ereignis in der Geschichte des Saals war das Friedensmahl im Jahr 1649, das Joachim v. Sandrart in einem Gemälde festhielt. Nürnberg war Ort der Friedensverhandlungen nach dem Dreißigjährigen Krieg. Zur Feier der ersten Ergebnisse der Verhandlungen veranstaltete der schwedische Thronfolger Karl Gustav von Zweibrücken ein Friedensmahl im großen Rathaussaal.

Um nach dem Tod Kaiser Maximilians I. Albrecht Dürer Flächen für Wandmalereien zur Verfügung stellen zu können, ließ der Rat 1520 die Skulpturen des 14. Jahrhunderts abschlagen. Von der reichen plastischen Ausstattung blieben lediglich zwei Reliefs an der Ostseite erhalten.

Unter Dürers Leitung entstand ab 1521 im Rathaussaal mit Wandgemälden, Glasmalereien, Vertäfelungen, einer Holztonne und Wandleuchtern ein Gesamtkunstwerk der Renaissance. Ähnlich einmalig wird seine plastische Ausstattung gewesen sein, von der sich auf der Ostseite zwei ehemals farbig gefaßte Reliefs erhalten haben. Sie zeigen Kaiser Ludwig IV. auf dem Thron und eine Privilegienverleihung (sog. Norimberga und Brabantia). Zugleich entwarf Dürer auch Außenmalereien, von denen Reste bis zur Mitte des 19. Jh. erkennbar blieben.

Albrecht Dürers Wandgemälde im Rathaussaal zeigten auf der Nordwand eine Gerichtsszene (Verleumdung des Apelles), ein Abbild der Ratsmusik (Pfeiferstuhl) und Kaiser Maximilian I. auf dem Triumphwagen.

1613 und 1621 erneuerten und ergänzten Gabriel Weyer, Jobst Harrich, Paul Juvenel d.Ä. und Georg Gärtner d.J. die Wandgemälde der Dürerzeit.

1904/05 wurde das Saalinnere umfassend restauriert, was einer Neuausmalung gleichkam. Von der beweglichen Ausstattung blieb wenig erhalten: der Kaiserthron, rin Leuchter von Hans Wilhelm Beheim und ein Schwedischer Löwe.

Das nach Dürers Tod im Westteil des Rathaussaales aufgestellte Bronzegitter aus der Werkstatt der Erzgießerfamilie Vischer wurde schon 1806 verkauft.

Der Rathaussaal brannte 1945 bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die gesamte Innenausstattung mit Wand- und Glasmalereien, Holztonne und Wandleuchtern nach Entwürfen von Albrecht Dürer (ab 1521) ging dabei verloren. Auch unter jüngeren Schichten erhaltene Teile der Dürerschen Ausmalung wurden zerstört.

1956/58 erfolgte der äußere Wiederaufbau, dem sich ab 1980 die Wiederherstellung des Innern (vorerst unter Verzicht auf Wandgemälde) anschloß. Beim Wiederaufbau wurden die kassettierte Holztonne, die Vertäfelung und der Steinfußboden rekonstruiert. [1]

In heutiger Zeit wird der Historische Rathaussaal für repräsentative Empfänge, Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Dort werden Prominente aus Kultur, Sport, Wirtschaft und Politik bei Besuchen in Nürnberg empfangen, zum Beispiel der Dalai Lama oder Königin Silvia von Schweden. Seit 2003 finden beispielsweise im Advent auch die „Rathauskonzerte“ der Nürnberger Symphoniker statt.

Dürers Triumphzug im Nürnberger Rathaus

„Dürers Triumphzug – eine multimediale Zeitreise durch die Wandmalereien im Rathaussaal“ präsentiert die Stadt Nürnberg als ihren diesjährigen Dürer-Schwerpunkt. Die Veranstaltung im Historischen Rathaussaal nimmt von Freitag, 3. August, bis Sonntag, 12. August 2012, Albrecht Dürers (1471-1528) wohl größten Auftrag in den Blick. Das Kulturreferat thematisiert damit ein in der Dürerforschung kaum beleuchtetes Thema und zugleich auch den heute etwas in Vergessenheit geratenen „Kunst- und Kulturort“ Nürnberger Rathaus.

Mit diesem späten Werk – der Auftrag zur Rathausgestaltung kam sieben Jahre vor Dürers Tod – schließt das Kulturreferat den Bogen zum „Frühen Dürer“, der großen Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum, die noch bis 2. September 2012 das Frühwerk des Künstlers in den Mittelpunkt stellt.

Im Nürnberger Rathaussaal wird Dürers vergessener großer Wandmalereizyklus, mit dem er 1521 beauftragt wurde, in einer Projektion wieder erlebbar. Sieben Panoramaprojektoren mit 6-facher Full HD Auflösung und Kino-Sound zaubern die Rathausbemalungen auf die 40 Meter lange Nordwand. Die etwa zehnminütige multimediale Präsentation erzählt die Geschichte der Wandmalereien – eine Geschichte über Albrecht Dürer, über Restaurierung, Renovierung, Übermalung und über die unwiederbringliche Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Zu sehen sind die Vorarbeiten und Entwürfe Dürers, die Ergebnisse der ersten Renovierung 1621, der Versuch, einige Wandfresken zu bewahren und kaum bekannte Farbaufnahmen von 1943/45, die im Auftrag der NS-Regierung entstanden.

Drei Fresken aus der Nordwand des Saals sind ausgestellt. 1904/05 nahmen Restauratoren Teile der bemalten Putzschicht der Wände ab und fertigten Kopien mancher Wandmalereien an, die als Farbmuster dienten. Einige der Fresken haben sich erhalten. Diese ältesten authentischen Zeugnisse zeigen die Bemalung im Zustand von 1621, unmittelbar nach der ersten Renovierung des Saals.

Erstmals präsentiert die Stadt Nürnberg auch die Entwürfe von Michael Mathias Prechtl (1926-2003) für eine neue Ausmalung. Der berühmte Nürnberger Künstler hatte einen zeitgenössischen Wandmalereizyklus für den Rathaussaal entwickelt. Seine Entwürfe lösten eine intensive Diskussion aus, die 1989 zu dem Beschluß führte, die Wände weiß zu lassen. Prechtl hatte zudem seine Entwürfe zurückgezogen.

„Dürers Triumphzug – eine multimediale Zeitreise durch die Wandmalereien im Rathaussaal“
Historischer Rathaussaal, Rathausplatz 2, 90403 Nürnberg
Freitag, 3. August 2012, 18 bis 21 Uhr
Samstag, 4. August, 11 bis 21 Uhr
Sonntag, 5. August, 11 bis 18 Uhr
Montag, 6. August, bis Sonntag, 12. August, 10.30 bis 16.30 Uhr

Kontakt

Historischer Rathaussaal
Rathausplatz 2
90403 Nürnberg
Telefon 0911 / 2 31-22 69
Telefax 0911 / 2 31-41 44
historischerrathaussaal@stadt.nuernberg.de

Literatur

Wissenschaftliche Publikationen

  • Matthias Mende: Das alte Nürnberger Rathaus. Baugeschichte und Ausstattung des großen Saales und der Ratsstube. Band 1 [Ausstellung vom 16. Juni - 20. August 1978 im großen Saal des Nürnberger Rathauses]. Hrsg. von der Stadt Nürnberg, bearbeitet von Matthias Mende. Nürnberg: Stadtgeschichtliche Museen, 1979, 444 S., 192 Ill. (Ausstellungskataloge der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg; Nr. 15)
  • Matthias Mende: Ein Juwel krönt den Wiederaufbau. Der Alte Rathaussaal [in Nürnberg] wird nach der totalen Zerstörung jetzt innen wiederhergestellt. M. Mende schildert Geschichte und Probleme dieses traditionsreichen Bauwerks, das jahrhundertelang Albrecht Dürers Handschrift trug. In: Nürnberg Heute. Eine Halbjahreszeitschrift. Hrsg.: Stadt Nürnberg, Heft 27, Dezember 1979, S. 2-11
  • Christian Baur: Zur Rekonstruktion des großen Nürnberger Rathaussaales 1985. In: Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege, 37 (1983), S. 73-93

Presse

  • erl: Serie „Feste feiern“: Historischer Glanz im Rathaussaal. Prachtvoller Rahmen für Feiern. In: Nürnberger Nachrichten vom 13. November 2008 - NN
  • André Fischer: Dürers Triumphzug bald wieder im Rathaussaal zu sehen. Eine Zeitreise durch die Geschichte. In: Nürnberger Zeitung vom 10. Juli 2012 - NZ
  • André Fischer: Altstadtfreunde fordern: Rathaussaal soll ausgemalt werden. „Dürers Triumphzug“ entfacht die Debatte neu. In: Nürnberger Zeitung vom 12. Juli 2012 - NZ
  • Dürer erobert das Rathaus. Das Kunstgenie bringt eine Multimedia-Zeitreise, Kunst-Aktionen und die 1. Nürnberger RathausART in die Stadt. In: Abendzeitung vom 16. Juli 2012 - AZ
  • Dürer-Gemälde als Show. Dürer hat einst riesige Wandgemälde für das Nürnberger Rathaus geschaffen. Sie sind zwar längst verschwunden, werden aber für einige Tage sichtbar. In: Mittelbayerische Zeitung vom 2. August 2012 - MBZ
  • dpa: Installation zeigt zerstörte Dürer-Bilder in Nürnberg. In: Schwäbische Zeitung vom 3. August 2012 - schwaebische.de
  • dpa/pm: „Dürers Triumphzug“ wird durch Projektion lebendig. Ausstellung vom 3. bis 12. August im Historischen Rathaussaal. In: nordbayern.de vom 3. August 2012 - nordbayern.de
  • Michael Matejka (Fotos): Dürerprojektion im Rathaus. In: nordbayern.de vom 3. August 2012 - nordbayern.de

Querverweise

Netzverweise

  • Stadt Nürnberg / LP: Dürers Triumphzug. Die Veranstaltung im Historischen Rathaussaal nimmt von 3. bis 12. August 2012 Albrecht Dürers wohl größten Auftrag in den Blick... 31. Juli 2012 - nuernberg.bayern-online.de
  • Bombenangriffe auf Nürnberg - im Netz

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Matthias Mende: Rathaussaal. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999 - im Netz