Rauschgoldengel

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Ein Rauschgoldengel ist ein Weihnachtsschmuck, der an der Spitze des Christbaums befestigt wird. Er wird in Nürnberg hergestellt.

Datei:Museum Rauschgoldengel.jpg
Aufwendig hergestellte Rauschgoldengel von 1930
Datei:Rauschgoldriese.jpg
Der größte Rauschgoldengel schwebt über dem Eingang des Christkindlesmarkts.
© Helldörfer/NZ
Datei:Moderner Rauschgoldengel.jpg
Ein moderner Rauschgoldengel, 2007 von Ottmar Hörl geschaffen.
© Hagen Gerullis/NZ

Zur Geschichte

Zum Material

Das Rauschgold oder Flittergold wurde im Jahre 1733 aus Messing gefertigt und zu dünnen Blättern wie Papier geschlagen. Die Franzosen nennen das Rauschgold „or d'Allemagne“ oder „Teutschgold“. Dieses Rauschgold wurde in Nürnberg und Augsburg hergestellt. Zur Herstellung wurde Messing zu dünnem Blech ausgewalzt, blankgebeizt und dann - 20 und mehr Tafeln aufeinander - zwischen Leder noch dünner geschlagen und geschnitten. Durch diese Bearbeitung erhält das Blech die knitternde Steifigkeit und den Glanz. Heute wird kein Rauschgold mehr hergestellt. Die heutigen Rauschgoldengel werden aus Aluminiumfolie hergestellt

Herstellung und Verkauf

Rauschgoldengel werden seit dem 18. Jahrhundert zum Weihnachtsfest hergestellt. In Nürnberg hatte sich ein eigenes Gewerbe, die Flinterleinsschlager, auf die Herstellung spezialisiert. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Nürnberger Rauschgoldengel in Spielzeugmusterbüchern dargestellt. In Nürnberg werden bis heute Rauschgoldengel hergestellt und auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt verkauft. Allerdings ist der Nürnberger Rauschgoldengel in seiner ursprünglichen Form nur noch an einzelnen Ständen anzutreffen.

Sagen und Legenden

Nach Franz Bauers Sagensammlung „Alt-Nürnberg“ soll der Erfinder des Rauschgoldengels ein trauernder Vater gewesen sein. Im besonders harten Winter des Jahres 1570 soll der Ratsherr und Messingschmied Erasmus Ebner einen aus Frankreich vertriebenen Hugenotten und dessen Tochter aufgenommen haben.

Dieser Hugenotte, dessen Name nicht überliefert ist, stammte aus der Gegend um Lyon und beherrschte das Holzschnitzer-Handwerk so vortrefflich, dass er von allen als „Meister“ angeredet wurde. Um seiner Tochter eine Freude zu machen, stattete die Ehefrau Ebners sie zum Kirchgang mit einem schön bestickten und mit bunten Bändern verzierten Kleid aus, das auch reich gefältelt war und zu dem eine Nürnberger „Gockelhaube“ gehörte.

Leider erkrankte die Tochter des Holzschnitzers eines Tages schwer und starb kurz darauf. Sie wurde in ihrem schönen Sonntagskleid in der Familiengruft der Ebners beigesetzt. Ihr Vater aber versank in tiefe Trauer und schloss sich in seine Kammer ein. Um ihn ein wenig abzulenken, legte man ihm ein Schnitzmesser ins Zimmer. Zu dieser Zeit soll es dem Messingschmied gelungen sein, besonders schönes Rauschgold herzustellen oder einzukaufen. Den „Meister“ soll dieses Material tief beeindruckt haben.

Kurz darauf war er urplötzlich verschwunden. Er hatte aber als Abschiedsgeschenk eine wunderbare Figur mit einem Kleid aus Rauschgold und einem geschnitzten Kopf aus Lindenholz geschaffen, dessen Gesichtszüge an die verstorbene Tochter erinnerten. Statt Arme hatte die Figur zwei große Flügel, und aus der Gockelhaube war eine prächtige Krone geworden.

In einer anderen Legende ist der Schöpfer des Engels ein Handwerksmeister namens Hauser, der nach dem Tod seiner geliebten Tochter in Schwermut verfällt, bis ihm die Verstorbene im Traum und in der Gewandung eines Rauschgoldengels erscheint. Daraufhin fasst er den Entschluss, nach dieser Vision eine prächtige Puppe anzufertigen, um eine Erinnerung an die Verstorbene wachzuhalten.

Literatur

  • Georg Herbolzheimer: Rauschgoldengala. In: Eugen Kusch (Hrsg.): Auf gut Nürnbergisch. Unsere schönsten Mundartgedichte. Federzeichnungen von Jules Stauber, Umschlag und Einband von Toni Burghart. Nürnberg: Verlag Nürnberger Presse, 1951, 174 S. (140 Gedichte von 43 verschiedenen Autoren mit biographischen Anmerkungen über die Verfasser, u.a. Konrad Grübel, Georg Herbolzheimer, Paul Rieß, Theodor Schmidt, Hermann Strebel); hier: S. 63
  • Robert Geiling: Der Engel von Nürnberg. Textillustrationen von Rosemarie Richter. Rothenburg ob der Tauber: J.P. Peter, Gebrüder Holstein, 1950, 34 S. [Sagenhafte Erzählung über den Ursprung der Nürnberger Rauschgoldengel als Weihnachtsschmuck]
  • Bernward Deneke: Der Nürnberger Rauschgoldengel. In: Weltkunst 24/197, München: Kunst und Technik, 1975, 55 S.
  • Franz Bauer: Der Nürnberger Rauschgoldengel. In: Franz Bauer: Sagenhaftes Nürnberg. Ein bunter Reigen von Geschichten aus der alten Noris. Hrsg.: Stadtsparkasse Nürnberg, ohne Jahr ca. 1980, 63 S.
  • Herbert Maas: Bäiderla af alli Subbm. Die Sprichwörtersammlung des Benedict Wilhelm Zahn. Hrsg. von Michael Diefenbacher und Wiltrud Fischer-Pache. Bearbeitet von Herbert Maas. Stadtrat zu Nürnberg. Nürnberg: Edelmann, 1997, XXV, 237 S., ISBN 3-87191-240-9, hier: S. 125 f. (Edelmann) ISBN 3-925002-27-8 (Stadtarchiv Nürnberg) (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg; Band 27)
  • Wolfgang Heilig-Achneck: Woher kommt das Rauschgold? In: Christkindlesmarkt-Online - im Netz
  • Susanne von Goessel-Steinmann: Himmlische Boten. Nürnberg und seine Rauschgoldengel. Hrsg.: Museen der Stadt Nürnberg, Spielzeugmuseum. Konzeption: Susanne von Goessel-Steinmann und Helmut Schwarz. Fotogr.: Christiane Richter. Nürnberg: Tümmels, 2004, 98 S., ISBN 3-921590-33-7 (Schriften des Spielzeugmuseums Nürnberg; Band 6)
    • Rezension von Gerhard Handschuh: Goessel-Steinmann, Susanne von: Himmlische Boten. Nürnberg und seine Rauschgoldengel. Hrsg. Museen der Stadt Nürnberg/Spielzeugmuseum. Nürnberg 2004. In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, München 2007, S. 380-382
  • Annamaria Böckel: Voller Terminkalender für himmlisches Wesen. Die Faszination des Christkinds ist ungebrochen. In: Nürnberg Heute, Zeitschrift für alle, die Nürnberg mögen, Hrsg.: Stadt Nürnberg, Heft 77, 2004, S. 38-43 - PDF-Datei

Artikel in der NZ

  • fis [= André Fischer]: Kunsthandwerkausstellung im Fembo-Haus. Alte Rauschgoldengel mit Dekolleté. In: Nürnberger Zeitung Nr. 281 vom 4. Dezember 2009, S. 9 - NZ

Querverweise

Netzverweise

  • Rauschgold - Wikipedia
  • Altfränkische Weihnacht. Rauschgoldengel im Höhenflug. In: Bayerischer Rundfunk, Land & Leute vom 23. November 2004 - BR-Online