Kaiser Karl IV. (Nürnberg)

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Kaiser Karl IV., Taufname „Wenzel“, (* 14. Mai 1316 in Prag, † 29. November 1378 in Prag) war römisch-deutscher König von 1346-78, dann ab 1355 Kaiser im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.

Karl IV., König von Böhmen, am Schönen Brunnen in Nürnberg

Herkunft und Familie

Karl IV. ist der Sohn Johanns von Luxemburg, König von Böhmen (1310-1346) und der Přemyslidenprinzessin Elisabeth, Prinzessin von Böhmen (1292-1330). Er war auf den Namen „Wenzel“ getauft worden. Sein Großvater väterlicherseits war der 1313 verstorbene Kaiser Heinrich VII., sein Großvater mütterlicherseits war Wenzel II., König von Böhmen und Polen. Wenzel erhielt seine Erziehung am Königshof in Paris. Deshalb beherrschte er fünf Sprachen (Latein, Deutsch, Tschechisch, Französisch und Italienisch). Doch seine tschechische Muttersprache liebte er ganz besonders. Der französische König Karl IV., der Schöne (1295-1328) war sein Firmpate. Als solcher verlieh er Wenzel „seinen“ Namen: Carolus/Karl, wodurch Wenzel später als Kaiser Karl IV. in die Geschichte eingehen sollte.

Karl IV. war viermal verheiratet und hatte 3 Söhne und 5 Töchter.

Kaiser Karl IV. verehrt Madonna mit Kind. Votivtafel des Prager Erzbischofs Johann Ocko von Vlasim. Kunstsammlung im Kloster der heiligen Agnes von Böhmen (Prag)
© Wolfgang Sauber / Wikimedia Commons

Geschichte

Im Zusammenhang mit dem Thronstreit zwischen Kaiser Ludwig IV. und dem Böhmenkönig Karl kam es 1348/49 in Nürnberg zum sog. Handwerkeraufstand [1], der von der Mehrheit des patrizischen (->) Rats mit Karls IV. Hilfe niedergeschlagen wurde. Dies begründete das künftig äußerst enge Verhältnis Nürnbergs zu Karl IV. In dessen politischen Zielsetzungen spielte Nürnberg eine maßgebliche Rolle. Es sollte zum Zentrum der von Karl IV. seit 1358 aufgebauten Landbrücke von Böhmen über die Oberpfalz (Neuböhmen) bis ins Rheingebiet werden und einen quasi territorialstaatsfreien Raum für Begegnungen des Kaisers mit den Reichsständen bilden. Diese Pläne machte Karl IV. auf vielfältige Weise öffentlich: durch 52 zum Teil längere Aufenthalte (Kaiserbesuche) und Abhaltung etlicher Hoftage in Nürnberg sowie verfassungsmäßige Aufwertung der Stadt in der Goldenen Bulle. Karl IV. bezeichnete Nürnberg als „vornehmste und bestgelegene Stadt des Reiches“. In Nürnberg ließ er seinen Sohn und Nachfolger Wenzel zur Welt kommen und taufen. Durch wechselseitige Verleihung von Rechten erhielt er das labile Gleichgewicht zwischen der Reichsstadt Nürnberg und den konkurrierenden Burggrafen von Nürnberg (Burggraftum Nürnberg [2]) aufrecht. Dank seiner Mithilfe konnte Nürnberg Windsheim und Weißenburg aus der Pfandschaft der Zollern lösen und eine jahrhundertelange Schutzmachtstellung über beide Städte begründen. Mit Zollfreiheiten und anderen Privilegien wurden die großen Nürnberger Handelsgesellschaften bei der Erschließung neuer Märkte, besonders in Ungarn und Polen, gegen italienische Konkurrenz (Venedig) unterstützt und dadurch der Aufschwung der Nürnberger Wirtschaft vorangetrieben. Im Gegenzug gewährte die Stadt Karl IV. mehrfach großzügige Geldgeschenke. Auch das äußere Erscheinungsbild Nürnbergs prägte Karl IV. wesentlich mit, indem er 1349 die Errichtung des Hauptmarkts anstelle des abgebrochenen Judenviertels [3] gestattete und 1355 den Stiftungsbrief für den Bau der Frauenkirche erließ. Durch sie begründete er in Nürnberg einen bis weit ins 15. Jahrhundert anhaltenden böhmischen Einfluß auf die Kunst. Die Stadt wurde nun auch zu einem kulturellen Mittelpunkt des Reichs.

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Bayerisch-Tschechische Landesausstellung

Zum 700. Geburtstag Kaiser Karls IV. am 14. Mai 2016 veranstalten der Freistaat Bayern und die Tschechische Republik erstmals eine gemeinsame Landes­ausstellung. In der Wallenstein-Reithalle in Prag (15.05. – 25.09.2016) und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (20.10.2016 – 05.03.2017) werden das Leben und Wirken des bedeutendsten Herrschers des ausge­henden Mittelalters gezeigt. Das Haus der Bayerischen Geschichte ist verantwortlich für den Nürnberger Ausstellungsteil. Es hat das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in Schönsee mit der Koordination des Begleitprogramms beauftragt. Das Centrum Bavaria Bohemia betreut die grenzüberschreitende und zweisprachige Kulturdatenbank http://www.bbkult.net/.

Karl IV. und sein Wirken in der Oberpfalz und in Franken stehen im Mittelpunkt des Nürnberger Ausstellungsteils. Einen geographischen Schwerpunkt bilden die Orte entlang der Goldenen Straße, die durch ihre Zugehörigkeit zum ehemaligen „Neuböh­men“ eine ganz besonders enge Verbindung zu Karl IV. haben.

Der 67. Sudetendeutsche Tag fand aus Anlaß des 700. Geburtstages Karls IV. in Nürnberg statt. Mit dem diesjährigen Motto „Sudetendeutsche und Tschechen - Dialog verpflichtet“ wird an die völkerverbindende Tradition des Römischen Kaisers, Deutschen und Böhmischen Königs angeknüpft.

Vom 17. bis 19. Juni 2016 findet eine Tagung in Nürnberg und Lauf an der Pegnitz unter dem Titel „Politik. Macht. Kultur. Nürnberg und Lauf unter Kaiser Karl IV. und seinen Nachfolgern“ statt. Den Festvortrag bei der Tagungseröffnung im Historischen Rathaussaal Nürnberg, hält Karl Fürst zu Schwarzenberg, Außenminister der Tschechischen Republik a.D., unter dem Titel: „Die Idee Europa. Von Kaiser Karl IV. zur Europäischen Union“. [4]

Licht- und Schattenseiten des Herrschers

Bei einem Festakt im Rittersaal der Nürnberger Kaiserburg würdigte der bayerische Heimatminister Markus Söder Kaiser Karl IV. am Tag vor dessen 700. Geburtstag: „Kaiser Karl IV. war eine der herausragendsten und spannendsten Figuren des Spätmittelalters. Mit der Verabschiedung der Goldenen Bulle 1356 wurde Nürnberg zu einem Zentrum des Reichs.“ [5]

Mit der Regentschaft Karls IV. ist nicht nur die Goldene Bulle, sondern ist auch die Goldene Straße verbunden. Warum aber fehlt Karl IV. in der bayerischen Walhalla? In Böhmen gilt und galt Karl bis heute als „Vater des Vaterlandes“. Dagegen sahen deutsche Historiker in Karl IV. lange den „Erzstiefvater des Reichs“, weil er für seine Hausmachtpolitik in großem Umfang Reichsgut verpfändete.

Die Stadt Nürnberg würdigt die hohe kulturhistorische Bedeutung Kaiser Karls IV.: Der Hauptmarkt sei neu angelegt worden, 1355 habe Karl die vom Prager Hofarchitekten Peter Parler konzipierte Frauenkirche gestiftet und auch der Bau des Schönen Brunnens sei auf seine Initiative zurückgegangen.

Aber diese städtebaulichen Projekte wurden erst durch den Abbruch des Judenviertels und der Synagoge ermöglicht, den die jüdische Gemeinde Nürnbergs mit Vertreibung, Elend und Tod bezahlen mußte. [6]

Die Stadtführer in Nürnberg bieten deshalb anläßlich des 700. Geburtstages Karls des Vierten eine Führung an: „Auf den Spuren Karls des Vierten“. Sie erinnern dabei auch an die Beraubung und Ermordung Nürnberger Juden im Jahre 1349. Dem ging ein Geschacher der Nürnberger Ratsherren mit dem Kaiser um den Besitz und das Vermögen der Nürnberger Juden voraus. Der Rat der Stadt erhielt die Erlaubnis Kaiser Karls IV., das in der Stadtmitte liegende Ghetto abbrechen zu dürfen. Zwei große Marktplätze sollten an seiner Stelle errichtet werden und an der Stelle der Synagoge sollte zu Ehren „Unserer Lieben Frau“ die Frauenkirche erbaut werden.

Viele Juden waren aus Sicherheitsgründen bereits ins Nürnberger Umland und inbesondere nach Fürth geflüchtet. Deren zurückgelassene wertvollen Pfänder wollte der Rat der Reichsstadt Nürnberg für sich behalten, um die Gelder aufzubringen, die man dem Kaiser für seine Abbruchgenehmigung zahlen mußte. Zunächst bemühte sich der Rat, Gewalttaten zu verhindern. Trotzdem zogen die noch verbliebenen Juden mit Sack und Pack aus der Stadt. Die Volkswut war nicht mehr zu bremsen. Der Pöbel plünderte die Häuser und bildete Spaliere und verhöhnte die verhaßten Juden, die im langen Zug zum Tor hinauszogen. Schließlich wurde ein Volksgericht mit Lynchjustiz daraus. Etwa 500 von ihnen wurden entwaffnet, beraubt, gefesselt und zum heutigen Maxfeld (etwa wo heute der Stadtpark liegt) hinausgeschleppt. Dort trug man Holz für einen großen Scheiterhaufen zusammen und verbrannte sie. Man nannte die Stelle Judenbühl.[7]

Literatur

  • Helmut Müller: Die Reichspolitik Nürnbergs im Zeitalter der luxemburgischen Herrscher 1346. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 58, 1971, S. 1-101 - MVGN
  • Fritz Schnelbögl: Das „Böhmische Salbüchlein“ Kaiser Karls IV. über die nördliche Oberpfalz 1366/68. München-Wien 1973 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 27)
  • Wolfgang Stromer von Reichenbach: Die Metropole im Aufstand gegen König Karl IV. Nürnberg zwischen Wittelsbach und Luxemburg Juni 1348 - September 1349. Mit einer Beilage „Das hochmittelalterliche Judenviertel Nürnbergs“, eine topographische Rekonstruktion von Karl Kohn. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 65, 1978, S. 55-90 - MVGN
Kaiser Karl IV. Prestel.jpg
  • Ferdinand Seibt (Hrsg.): Kaiser Karl IV. (1316-1378) - Staatsmann und Mäzen. Katalog zur Ausstellung in der Kaiserburg Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Nationalmuseum und dem Adalbert-Stifter-Verein, München: Prestel, 1978, 496 S., ISBN3-7913-0435-6

Presse

  • Felix Balandat: Kaiser zwischen viel Licht und viel Schatten. „Die Stadtführer“ bieten neuen Rundgang zu Karl IV. an - Auf Spurensuche eines schwierigen Herrschers. In: Nürnberger Zeitung Nr. 106 vom 9. Mai 2016, S. 38 (Nürnberger Stadtanzeiger)
  • Sebastian Linstädt: Entlang der Goldenen Straße gibt es einen wahren Veranstaltungsreigen. Kaiser Karl wird in der Region lebendig. In: Nürnberger Zeitung Nr. 110 vom 13. Mai 2016, S. 14

Querverweise

Netzverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. * Michael Diefenbacher: Handwerkeraufstand. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - im Netz
  2. * Reinhard Seyboth: Burggraftum Nürnberg; Zollern, Familie. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - im Netz
  3. * Bernhard Purin: Judenviertel. In: Michael Diefenbacher; Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999, ISBN 3-921590-69-8 - [http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/dok_start.fau?prj=biblio&dm=Stadtlexikon im Netz
  4. * Tagung: Kaiser Karl IV. (Nürnberg, Lauf, 17.-19.6.2016). In: Geschichte Bayerns vom 6. Mai 2016 - https://histbav.hypotheses.org/4672
  5. * Judith Dauwalter: Festakt für Karl IV. – In: BR.de vom 13. Mai 2016 - br.de
  6. Schwerpunktthema Kaiser Karl IV. - [1]
  7. * Petra Schuster: 1349 - Judenpogrom, erste Zerstörung der Synagoge in Nürnberg - petraschuster.de