Willibald Pirckheimer

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Willibald Pirckheimer (* 4. Dezember 1470 in Eichstätt; † 22. Dezember 1530 in Nürnberg) war ein Nürnberger Patrizier, Jurist, Ratsherr, Kriegshauptmann und humanistischer Universalgelehrter, der mit Albrecht Dürer befreundet war und Kaiser Maximilian I. als Berater diente.

Willibald Pirckheimer, 1524
Kupferstich: Albrecht Dürer (1471–1528)
Wikimedia Commons

Leben und Wirken

Willibald Pirckheimer, Bilibaldus Pirchaimerus Patr. Noricus Historicus, Kupferstich von Theodor de Bry

Herkunft und Familie

Willibald Pirckheimer entstammte einer seit dem 14. Jahrhundert durch Handel wohlhabend gewordenen Nürnberger Patrizierfamilie. Sein Vater war Dr. Johannes Pirckheimer (* um 1440, † 3. Mai 1501), ein Humanist, der als Jurist und Rat in bischöflichem und herzoglichem Dienst stand. Er heiratete 1466 Barbara Löffelholz († 1488). Willibalds Schwester war Caritas Pirckheimer, die spätere Äbtissin von St. Klara in Nürnberg.

Willibald Pirckheimer heiratete 1495 Crescentia Rieter († 1505). Aus der Ehe gingen vier Töchter hervor Felicitas (1497-1530), Katharina (1498-1563), Crescentia (1499-1529), Barbara (1501-1560), Caritas (1503- nach 1554). Ein Sohn starb ohne Namen nach der Geburt (1504).

Deshalb war Willibald Pirckheimer der letzte männliche Nachkomme der Familie Pirckheimer. In den Nachkommen der Familien Geuder und Imhoff leben die Pirckheimers bis heute fort. [1]

Schule und Studium

Die Elementarbildung erhielt Willibald durch seinen Vater. Die Lehrgespräche fanden auf Gesandtschaftsreisen statt, bei denen er den Vater begleiten durfte, teilweise während des Ritts von Pferd zu Pferd. Mit sechzehn Jahren kam er zur Ausbildung als Höfling in den Dienst des Bischofs von Eichstätt. Anschließend studierte er von 1488 bis 1495 Jurisprudenz und Artes an den Universitäten Padua und Pavia. Er erwarb eine ungewöhnliche Kompetenz im klassischen Griechisch sowie die Grundlagen für seine enzyklopädischen Interessen. Auf Wunsch des Vaters kehrte er im Herbst 1495 ohne Promotion nach Nürnberg zurück.

Ratsherr, Gesandter, Kriegshauptmann

In Nürnberg konnten damals nämlich nur unpromovierte Juristen Mitglieder des regierenden Rates werden. Mit Unterbrechung von Ostern 1502 bis Ostern 1505 gehörte Willibald Pirckheimer von 1496 bis 1523 dem regierenden Nürnberger Rat an. Er diente ihm als juristischer Berater, Förderer des humanistisch orientierten Schulwesens, und von 1499 bis 1502 im sog. Schweizerkrieg auch als Kriegshauptmann. Mit dem Nürnberger Rat überwarf er sich mehrere Male.

1511 und 1512 leitete er Gesandtschaften zu den Reichstagen nach Trier und Köln. Ab 1500 nahm König Maximilian I. Willibald unter seine Berater und Freunde auf und ernannte ihn, wie auch später Karl V., zum kaiserlichen Rat. Viele Jahre hindurch litt Willibald Pirckheimer unter schwerer Gicht.

Schriftsteller und Übersetzer

Literarisch trat der Kenner des Griechischen als Prosaschriftsteller und Versdichter sowie als Übersetzer und Bearbeiter von klassischen Werken (vor allem Satiren) und Kirchenväterschriften hervor. Zwischen 1512 und 1519 arbeitete er zusammen mit Dürer an der 'Ehrenpforte' und am 'Triumphwagen' für Maximilian I. mit. In dem zwischen 1517 und 1526 verfaßten 'Bellum helveticum' (1610 erstmals gedruckt) schilderte Pirckheimer seine Erlebnisse als Feldhauptmann Maximilians I. im Jahr 1499. Seit 1500 diente er Maximilian I. als Rat.

Freundschaften

Pirckheimer war mit Albrecht Dürer und führenden Humanisten wie Konrad Peutinger, Beatus Rhenanus, Erasmus, Thomas Morus und anderen persönlich bzw. brieflich in Freundschaft verbunden.

Politiker

In der im Rahmen des Reuchlinstreits von ihm verfaßten Apologie für Johannes Reuchlin ('Epistola apologetica', 1517) zeichnete Pirckheimer ein Idealbild des wahren Theologen. An die Stelle seiner zunächst eindeutig positiven Haltung zur Reformation trat im Lauf der Auseinandersetzungen - offenbar auch unter dem Eindruck persönlicher Erfahrungen, vor allem wegen der Ereignisse bei St. Klara, das seine Schwester Caritas Pirckheimer als Äbtissin leitete, eine zunehmend distanzierte Einstellung. 1526/27 griff Pirckheimer gegen seinen ehemaligen Freund Johannes Oekolampad in den Abendmahlsstreit ein; 1527/28 beteiligte er sich am Streit über die Wiederverheiratung evangelischer Geistlicher.

Tod

Er starb am 22. Dezember 1530, gerade 60 Jahre alt, als letzter Pirckheimer. Er wurde auf dem Johannisfriedhof nahe der Holzschuherkapelle beigesetzt.[2]

Gedenken

Kontakt

Werke

  • Epistola apologetica, 1517
  • Germaniae ex variis scriptoribus perbrevis explicatio. Augsburg: Heinrich Stainer, 1530
  • Bellum helveticum. (1610 erstmals gedruckt)
    • Billibald Pirkheimer: Schweizerkrieg und Ehrenhandel mit seinen Feinden zu Nürnberg. Nebst Biographie und kritischem Schriftenverzeichnis durch Ernst Münch. Basel: Schweighauer'sche Buchhandlung, 1826, 288 S. (Bibliothek auserlesener Schriften berühmter Männer des sechzehnten Jahrhunderts, die auf Staat, Kirche und Litteratur bedeutend eingewirkt)
    • Der Schweizerkrieg. Mit einer histor.-biographischen Studie hrsg. von Dr. Dr. Wolfgang Schiel. Übersetzung aus dem Lateinischen von Ernst Münch. Berlin: Militärverlag, 1988, 280 S., ISBN 3327006334 (Themen: Freiheitsschlachten der Eidgenossen; Der Schwabenkrieg; W. Pirckheimer als Humanist, Militärhistoriker und Memoirenautor)
  • Opera politica, historica, philologica et epistolica. Cum Alberti Dureri, civis Norimbergensis, vulgo Apelis Germanici dicti, figuris aeneis. Adiectis opuscullis Pirckheimeri. Ed. Melchior Goldast. Reprint nach der Ausgabe Frankfurt, 1610. Hildesheim: Olms, 1969, 406/18 S. mit 2 Kupfern u. 1 Falttafel
  • Apologia seu Podagrae Laus
    • Willibald Pirckheimer: Apologia seu podagrae laus. Ein Kommentar von Ulrich Winter. Heidelberg: Winter, 2002, 118 S., ISBN 3-8253-1420-0 [Euphorion Heidelberg, Beihefte zum Euphorion; Heft 43), Deutsch, Latein

Literatur

  • Ulrich von Hutten: Ad Bilibaldu(m) Pirckheymer Patriciu(m) Norimbergensem Epistola vitae su(a)e rationem exponens Cum privilegio Imperiali. Augsburg: Sigmund Grimm & Marx Wirsung, 30. April 1519, 18 Bll. nicht numeriert
  • Johann Gottfried Biedermann, Christoph Friedrich Wilhelm von Volckamer: Geschlechtsregister des Patriciats der vormaligen Reichsstadt Nürnberg. Selbstverlag, 1854, 146 S., Original von Bayerische Staatsbibliothek, Digitalisiert: 17. Juni 2010
  • Ernst Borkowsky: Gestalten aus der deutschen Vergangenheit. Erste Reihe: Aus der Zeit des Humanismus. Mit elf Porträts: Dürer, Sachs, Pirckheimer, Holbein d. Ä., Erasmus, Riemenschneider, Celtis u.a. Jena: Verlag Eugen Diederichs, 1905, 241 S.
  • Emil Reicke: Willibald Pirckheimer. Leben, Familie und Persönlichkeit. Jena: E. Diederichs, 1930, 80 S. (Deutsche Volkheit; 75)
  • Leo Beyer: Willibald Pirckheimer, die Pegnitzschäfer und Neunhof bei Lauf. In: Die Fundgrube 12 (1936) Nr. 1
  • Niklas Holzberg: Der Humanist Willibald Pirckheimer (1470 - 1530); zum 450. Todestag am 22. Dezember 1980. Ausstellung der Stadtbibliothek Nürnberg von November 1980 bis Januar 1981. Katalog: Niklas Holzberg. Nürnberg: Stadtbibliothek Nürnberg, 1980, 28 S.
  • Niklas Holzberg: Willibald Pirckheimer. Griechischer Humanismus in Deutschland. München: Wilhelm Fink, 1981, 496 S. (Humanistische Bibliothek. Hrsg. von Ernesto Grassi, I/41)
  • Willehad Paul Eckert, Christoph von Imhoff: Willibald Pirckheimer. Dürers Freund im Spiegel seines Lebens, seiner Werke und seiner Umwelt. Mit neuen Forschungen und Kontrovers-Dialog über Willibald Pirckheimer. 2., erweiterte Auflage. Köln: Wienand, 1982, X, 413 S., ISBN 3-87909-109-9 (= Zeugnisse der Buchkunst, Band 5)
  • Christoph von Imhoff: Willibald Pirckheimer - Universalgelehrter 1470-1530. In: Christoph von Imhoff (Hrsg.): Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten. Nürnberg: Hofmann, 1984, 425 S., ISBN 3-87191-088-0; 2., erg. u. erw. Auflage, 1989, 459 S.; Neuauflage: Edelmann GmbH Buchhandlung, Oktober 2000: hier: Ausgabe 1984, S. 82-84
  • Dieter Wuttke: Der Humanist Willibald Pirckheimer. Namengeber für ein mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches Gymnasium? Ein Beitrag zur Überwindung der „zwei Kulturen“. Festschrift zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Pirckheimer-Gymnasiums, Nürnberg, 1968 - 1993. Hrsg.: Freundeskreis des Pirckheimer-Gymnasiums e.V., Nürnberg. Nürnberg: Pirckheimer-Gymnasium, 1994, 83 S.
  • Christa Schaper: Lorenz und Georg Beheim, Freunde Willibald Pirckheimers. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 50, 1960, S. 120 - MVGN
  • Joachim Telle: Medizinische und handwerkliche Aufzeichnungen von Willibald Pirckheimer und Nürnberger Zeitgenossen. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 57, 1970, S. 189 - MVGN
  • Peter Fleischmann: Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Zugleich: Universität Augsburg, Habil.-Schrift, 2007. Band 2: Ratsherren und Ratsgeschlechter. Nürnberg: Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg, ISBN 978-3-87191-333-4, S. 317-1181 (Nürnberger Forschungen; Band 31/2)
  • Helge Weingärtner: Hans Kleeberger - Porträtiert von Dürer - von Pirckheimer gezeichnet. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN), Band 97, 2010, S. 125-194

Presse

  • Gustav Roeder: Willibald Pirckheimer, ein fremder Paradiesvogel? Vor 450 Jahren starb der berühmte Nürnberger. In: Nürnberg Heute. Eine Zeitschrift für Bürger und Freunde der Stadt, Hrsg.: Stadt Nürnberg, Heft 29, Dezember 1980, S. 33-37
  • Astrid Dähn: Das BESSY und die Kunst. Mit Röntgenlicht des Berliner Elektronensynchrotrons ermitteln Forscher die chemische Beschaffenheit alter Gemälde, Münzen oder Manuskripte. So können sie den Kulturschätzen schmerzlos viel über ihre Geschichte entlocken. In: Technology Review Magazin vom 6. Oktober 2010 – heise.de

Querverweise

Sachartikel

Personenartikel

Netzverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Dieter Wuttke, Bamberg: Willibald Pirckheimer - pirckheimer-gesellschaft.de
  2. * Franz Machilek: Pirckheimer, Willibald. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. Nürnberg: W. Tümmels Verlag, 1999 – im Netz

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